Zwischen Menschlichkeit und künstlicher Intelligenz – Detroit: Become Human
Es war einer der großen Titel auf die man schon lange gewartet hat – Detroit: Become Human. Nach „Heavy Rain“ und „Beyond: Two Souls“ der dritte fast schon interaktive Film aus dem Studio von Quantic Dreams. Diesmal dreht sich alles um Androiden und künstliche Intelligenz und wir waren natürlich mega gespannt auf den Output. Gerade mit so einem höchst brisanten und doch aktuellen Thema!
Das Leben von Androids
Die Story von Detroid: Become Human dreht sich um drei Androiden. Im Jahr 2038 folgen wir Kara – einer Haushaltshilfe, Markus – dem Prototypen eines Pflegers und Connor – einem Ermittlungshelfer der Polizei.
Mit Kara beginnt man komplett von vorne – ihr Gedächtnis wurde auf Grund einer Beschädigung gelöscht und sie kommt wieder zurück in ihre zerrüttete Familie rund um die kleine Alice und ihren Vater Todd. Doch das Familienleben der beiden ist nicht so rosig wie es sein sollte und in Kara erwachen Beschützerinstinkte von denen sie zuvor noch nicht wusste. Sie muss sich entscheiden ob sie weiterhin den Anschaffungen von Todd unterliegt oder mit der kleinen Alice auf die Flucht geht. Mit der Hoffnung auf ein besseres Leben.
Markus hingegen hat es mit seinem Besitzer besser getroffen. Als Pfleger eines wohlhabenden reichen Malers begleitet er dessen letzten Lebensabschnitt und hilft dem im Rollstuhl sitzenden alten Mann. Der gut gesittete Maler unterstützt und fördert Markus sogar in dessen Entwicklung, denn für ihn sind Androiden nicht einfache Maschinen sondern beinahe die besseren Menschen. Durch ein Missverständnis/oder einen Angriff wird Markus allerdings von der Polizei festgenommen und entsorgt weshalb er beinahe funktionsunfähig auf einem Schrottplatz wieder zu sich kommt und sich in sein eigenes Leben zurück kämpfen muss.
An der Seite von Connor verfolgt man die Polizeiarbeiten rund um einige brisante Fälle die allesamt mit Androiden zu tun haben. Denn die Fälle von Androiden die außerhalb ihrer Programmierung aus dem Ruder laufen häufen sich und so wird der eigens produzierte Ermittlungshelfer Connor dem (menschlichen) Ermittler Hank an die Seite gestellt um die Fälle so schnell als möglich zu klären und einen Skandal ausgelöst durch Androiden-Abweichler zu verhindern. Doch wer stellt sich als der bessere Ermittler heraus? Mensch oder Maschine? Oder können beide Seiten vielleicht sogar voneinander profitieren?
Zuerst verlaufen die drei Handlungsstränge separat um dann natürlich im Laufe der Geschichte irgendwann aufeinander zu treffen. Zumindest wenn der Spieler bis dahin die „richtigen“ Entscheidungen getroffen hat und noch alle spielbaren Charaktere am Leben sind. Denn wie auch bereits bei den alten ähnlichen Quantic Dreams Titeln was das Spielprinzip betrifft können die Charaktere jederzeit aus dem Spiel scheiden – natürlich mit erheblichen storytechnischen Folgen.
Die Interaktion mit dem Spiel
Das Spielprinzip von „Heavy Rain“ und auch „Beyond: Two Souls“ kennt man jetzt bereits und somit ist dieses auch bei „Detroid: Become Human“ keine Überraschung mehr. Mittels Quicktime-Events und Entscheidungen nimmt man direkten Einfluss auf die Geschichte der Charaktere und schreibt sich somit seinen eigenen Film. Man kann die Charakterzüge der Spieler selbst definieren, mitentscheiden wie sich die Entwicklung der Charaktere gestalten und damit Einfluss auf so viel mehr nehmen. Wie bildet sich das Gesamtbild der Gesellschaft in Hinblick auf Androids weiter? Möchte man seine Proteste friedlich oder aggressiv führen? Wählt man die schiefe Bahn oder bleibt man auf dem rechten Weg? Mit welchen Charakteren versucht man Freundschaften und Beziehungen aufzubauen oder bleibt man lieber alleine und vertraut niemanden.
So klein die Entscheidung wirken mag die man gerade (manchmal unter Zeitdruck) treffen muss, so große Auswirkungen können sie teilweise haben. Vielleicht nicht erkennbar im selben Moment aber im Fortlauf des Spieles und in der Summe der Gesamtheit der Entscheidungen sollte man sich sehr bewusst für einen Weg entscheiden. Um nicht am Ende des Spieles seine Entscheidungen vielleicht zu bereuen.
Eingabetechnische kennt man die Vorgehensweisen ebenfalls schon. Quicktime Events mit den Aktionstasten, richtige Richtungsausführungen mit dem Joystick oder gar Richtungsbewegungen mit dem gesamten Controller. Die Aktionen sind dem Spiel angepasst und versetzen den Spieler beinahe direkt in das Spiel. Denn für einen heftigen Stoß gegen den Gegner nutzt halt eben nicht nur eine Bewegung des Joysticks, da muss schon der gesamte Controller nach oben gerissen werden. Allzu bequem sollte man es sich beim Spielen also nicht machen.
Die Technik ist damit nicht neu aber immer noch sehr passend auf das Game und vor allem auch auf die zu Grunde legende Story zugeschnitten. Denn es geht definitiv nicht darum wild herumzuballern, sondern die Extremsituationen mitzuerleben. Keine aufregenden Innovationen was das Gameplay betrifft also, aber die solide Steuerung die man eben von Quantic Dreams interaktiven Filmen kennt.
Inszenierung unserer Zukunft
Wenn man über „Detroid: Become Human“ – oder eigentlich alle aktuelleren Games von Quantic Dreams – spricht, dann bleibt einem eigentlich nichts anderes übrig als über die perfekte Inszenierung der Games zu sprechen.
Die Charaktere sind wundervoll in Szene gesetzt und haben wirklich eine eigene Seele – auch wenn diese natürlich vom Spieler mitbestimmt wird. Aber genau das merkt man, die Veränderungen im Wesen der Charaktere sind spürbar und wirklich greifbar. Man bekommt als Spieler wirklich das Gefühl die Story zu beeinflussen und mitzuschreiben und nicht nur winzige Abweichungen hervorzurufen, die im Fortlauf sowieso keinen Einfluss haben.
Ebenfalls kann man das Motion Capturing nur bis ins letzte Detail loben! Die Charaktere sehen ihren Vorbildern wie aus dem Gesicht geschnitten aus und bringen ein wunderschönes Game auf den Screen! Grafik Liebhaber werden sich nicht satt sehen können an den Details und den Finessen der Charaktere.
Nicht zu unterschätzen ist auch das gesamte Setting des Spieles. Ganz egal welches Wetter, welcher Stadtteil welche Gegend. Das Feeling passt wie die Faust aufs Auge und wird mit jeder Sekunde transportiert! Natürlich auch hier zu unterstreichen die wunderschöne Umsetzung – sicherlich mit eines der optisch besten Games auf dem momentanen Markt!
Gerade diese wunderschöne optische Umsetzung holt den Spieler emotional extrem vor der Konsole ab! Denn die bespielte Welt ist der unsrigen wirklich nicht sehr stark differenziert, was eine gewisse Nähe und Betroffenheit der Problematik hervorruft. Wir befinden uns hier nicht einer Welt hunderte oder tausende Jahre entfernt die uns alle mit ziemlicher Sicherheit nicht mehr betrifft, sondern eventuell in einer Zukunft, die uns näher ist als uns bewusst scheint.
Action oder Gesellschaftskritik?
Auffällig gerade im Vergleich mit den zwei ähnlichen Vorgängergames ist, dass „Detroid: Become Human“ eher eine sehr ruhige und unaufgeregte Variante des interaktiven Film Genres ist. Die wirklich hektischen Aktionszenen bleiben aus beziehungsweise beschränken sich auf das geringste Maß. Das mag gerade für Liebhaber von schnellen Games ein Manko sein, weil das Spiel dadurch langsam und sehr unaufgeregt wirken kann.
Doch was „Detroid: Become Human“ viel mehr ausmacht ist die Story hinter dem Ganzen. Das ganze Game dreht sich um Androiden und künstliche Intelligenz, die Unterschiede und Gemeinsamkeiten zum Menschen wenn uns Maschinen immer ähnlicher werden. Wann und wo kann vielleicht kein Unterschied mehr erkannt werden und wer legt fest welche Lebensart mehr oder weniger Wert ist? Alles Fragen, die in einer Zeit des extremen Fortschrittes der künstlichen Intelligenz natürlich extrem aktuell sind.
Gerade die Kombination aus Zukunftsvision und einer Spielewelt die der unseren dann doch nicht so weit entfernt ist bringt die ganze Thematik dem Spieler noch einmal wesentlich näher. Spielen wir hier vielleicht schon unsere eigene Zukunft? Wenn ja ist es dann nicht schon vorzeitig an der Zeit sich darüber Gedanken zu machen wie mit dem Thema einer sich weiter entwickelnden und insbesondere sich selbst bewussten künstlichen Intelligenz umgehen sollten?
Aber nicht nur, dass „Detroid: Become Human“ sich dem Thema der künstlichen Revolution natürlich extrem annimmt. Auch sehr viele andere kritische Themen werden thematisiert und angeschnitten. Stellenweise nichts für schwache Nerven wenn man mit Kindesmissbrauch und häuslicher Gewalt genauso wie mit Rassismus, Rebellion, Politik und Polizeitgewalt konfrontiert wird. Und das nur um einige wenige zu nennen.
Natürlich – und damit ist auf gewisse Weise bei gesellschaftkritischen Themen in Spielen eigentlich immer zu rechnen – begegnet man im Verlauf des Spieles auch immer wieder Klischees oder eventuellen kleinen Storyparts die vielleicht ein bisschen unkommentiert einfach dargestellt sind. Doch es geht im großen Ganzen darum das große Thema anzuschneiden und das gelingt einfach extrem gut. Klischees haben irgendwo ihren Ursprung und zumeist ihre Berechtigung machen dem (vielleicht [noch] nicht so vertieft interessierten) Spieler dem Umgang mit der Thematik leichter. Das sollte aber niemanden in seinem Spielerlebnis einschränken oder gar davon abhalten.
Das Game holt den Spieler einfach wirklich von der Couch ab wenn man sich darauf einlässt und nimmt ihn mit auf eine emotionale Reise. Zwischen Menschlichkeit und künstlicher Intelligenz, zwischen Maschine und Homo Sapiens.
Es werden geradezu ethische Fragen an den Spieler herangetragen, man muss in kürzester Zeit Entscheidungen treffen, über die man selbst vielleicht erst im Nachhinein zum Reflektieren kommt. „Detroid: Become Human“ überzeugt auf voller Linie als Drama, welches auf jeden Fall zum Nachdenken anregt.
Fazit
„Detroid: Become Human“ bietet ein Gameplay wie wir es bereits aus den Vorgängern kennen -welches gut ist aber nicht der Aufreger auf dem Gamingmarkt. Umso mehr überzeugt aber die Story, die Charaktere und das gesamte Setting im Game. Wer sich wirklich auch selbst ein bisschen mehr (insbesondere auch kritisch) mit dem Thema der künstlichen Intelligenz und vielen anderen ethischen Thematiken auseinandersetzen will, der sollte unbedingt zugreifen und sich in eine phantastische Story abholen lassen!
— NinaDas Gute
+ extrem gut gezeichnete Charaktere und Story
+ geniales Setting
+ kritische Themenauseinandersetzung
Das Schlechte
- langsames Gameplay