Di, 18. Apr 2023
Totgesagte leben länger!

Weltuntergang, aber Hauptsache gut drauf

Dead Island 2

Wir haben schon nicht mehr daran geglaubt, aber jetzt ist es so weit: Dead Island 2 erscheint. Ganze neun Jahre, nachdem der Zombie-Schnetzler mit einem inzwischen legendären Trailer auf der E3 (rest in peace!) für Aufsehen gesorgt hat. NEUN Jahre Zeit also, um Hype aufzubauen. Kann ein Spiel überhaupt mit so viel Erwartung mithalten? Unsere Antwort: Ja, aber.

(Ein Hinweis zu Beginn: Wir haben Dead Island 2 rein solo gespielt. Im Co-Op-Modus könnt ihr im Team auf Zombiejagd gehen, was die Spielerfahrung natürlich verändert.)

Die örtliche Polizei hilft bei Fragen gerne weiter.

Es darf geklopft werden! Greift zu Vorschlaghammer, Machete oder Fleischermesser, die Apokalypse ist über Kalifornien gekommen. Die aus Dead Island und Dead Island: Riptide bekannte Insel-Zombieplage hat es über den Ozean geschafft, ungefähr zehn Jahre, nachdem ihr euch durch die ersten Teile geschnetzelt habt. Und gerade, als ihr euch mit einem Flugzeug aus dem Staub machen wollt, passiert, was passieren muss: Ihr kracht zombieverursacht direkt zurück auf den kalifornischen Boden und habt von da an eine große Aufgabe, nämlich Überleben.

Sechs Freunde müsst ihr sein

Ihr übernehmt die Rolle von einem von sechs möglichen Zombiemeuchlern. Die Charaktere unterscheiden sich dabei in Merkmalen wie Ausdauer oder Lebenspunkte, außerdem bringt jede/r von ihnen kleinere Sonderfähigkeiten mit. Sportlerin Amy etwa bekommt Ausdauer zurück, wenn sie Zombies Waffen an die Birne wirft; Bad Boy Jacob verursacht mehr Schaden, wenn er schnell hintereinander zuschlägt. In der Praxis fallen die Unterschiede aber eher gering aus, wichtiger sind da die neuen Fähigkeitskarten. Levelaufstiege verursachen nicht die klassischen Verbesserungen der Statuswerte, wie wir es aus anderen Rollenspielen kennen, sondern schalten Karten frei, mit denen ihr euren Spielstil verstärken könnt. Ihr hüpft den Zombies gern mit beiden Beinen ins Gesicht? Rüstet die Karte aus, mit denen ihr genau das machen könnt. Ihr würdet gerne Schaden austeilen, wenn ihr ein Medikit benutzt? Auch das kein Problem mit der passenden Karte. Das System hat uns sehr gut gefallen und erlaubt euch wirklich, euren Slayer ganz nach euren Vorlieben und Fähigkeiten auszurüsten.

Keine Hose, kein Problem: ein klassischer Auftraggeber in Dead Island 2.

Hauen of the Dead

Neben den Fähigkeiten brauchts natürlich auch die richtigen Waffen. Und hier wird wie im ersten Teil gelootet und gecraftet, was das Zeug hält. Jedes Küchenwerkzeug, jedes Teil von der Baustelle, jeder bessere Laternenpfahl muss als Waffe herhalten. Auf eurem Weg durch Los Angeles (oder Hell-A, wie es im Spiel genannt wird) findet ihr an jeder Ecke Komponenten, aus denen ihr an der Werkbank tödliche Prügel zusammenschraubt. Am Anfang läuft das noch etwas schleppend ab, später schnetzelt ihr dann mit Katanas mit Elektroschaden oder brennenden Klauen durch die Zombies. Spaß! Auf Schusswaffen hätten wir zwar verzichten können, andererseits wäre es schwierig zu erklären gewesen, warum gerade in großen US-amerikanischen Häusern und Geschäften KEINE Schusswaffen zu finden sein sollen.

Das Prügeln selbst geht an sich flüssig vonstatten, wird allerdings nach einigen Spielstunden leicht eintönig. Hier versucht das Spiel mit fieseren Zombievarianten und mehr Kampfmoves entgegenzuwirken, was ganz gut funktioniert. Allerdings hat sich das Kämpfen immer etwas schwammig angefühlt – aufwändige Prügelmoves gehen oft einfach daneben, weil sich euer Slayer partout nicht bequemen will, jetzt den Zombie zwei Meter vor ihm anzuvisieren, und kleinere Waffen wie Messer fühlen sich oft an, als würdet ihr mit einer Papierrolle auf die Gegner einschlagen. Wir haben im Test nach ein bisschen Ausprobieren auf alle Fälle immer zu den größten Prügeln gegriffen, um die Zombies nachhaltig von den Füßen zu hauen. Der Gameplay-Loop funktioniert dann auch gut. Ihr prügelt Zombies um, durchsucht mit vielen Details gestaltete Häuser, trefft Questgeber in den verschiedenen Zonen wie Beverly Hills oder Bel Air und arbeitet euch so Stück für Stück weiter vor in der Geschichte. Und wenn der Test an dieser Stelle zu Ende wäre, hätten wir es mit einer glatten 9 oder 10 von 10 zu tun. Aber…

Tod durch Cringe

Dead Island war ein düsteres Spiel. An jeder Ecke lauerten Tod und Verzweiflung, und alle Menschen, die ihr im Spiel traft, strahlten dies auch aus. Dead Island 2 ist kein düsteres Spiel. Tod und Verzweiflung gibt’s zwar immer noch an jeder Ecke, allerdings hat euer Charakter dazu immer einen kessen Spruch auf den Lippen. Das soll menschlich und sympathisch wirken, hat für uns aber oft genug direkt in die Cringe-Falle geführt – vor allem in Kombination mit manchen der unerträglicheren NPCs, denen ihr begegnet. Die Qualität der Dialoge geht nämlich manchmal schon gefährlich Richtung Borderlands 3.Ein Beispiel: In einer Nebenmission müssen wir für eine filmende Influencerin Zombies vom Dach schubsen. Wir wissen bis heute nicht, ob die Kommentare der Auftraggeberin und der Slayer während der Mission von den Entwicklern als Satire auf die heutige Online-Kultur gedacht oder eine fehlgeleitete Anbiederung an junges Publikum sein sollen. Auf alle Fälle waren wir froh, wie dann endlich Ruhe war, sowohl von den Zombies wie auch von der Influencerin. Am Ende wird der Stil des Spiels Geschmackssache sein, denn wenn euch der Humor gefällt, werdet ihr in diesem Punkt keinerlei Beschwerden haben. Wir haben allerdings oft genug mit den Augen gerollt, während wir zur nächsten Schnetzelei unterwegs waren.

Einfach mal im Sand entspannen.

Ein Punkt dagegen, der für uns nicht wegzudiskutieren ist, ist die seltsame Platzierung der Gegner. Klar, wenn ihr ein Haus entzombifiziert habt, ist es nur logisch, dass sich dort trotzdem über kurz oder lang wieder Untote einnisten. Wenn uns das Spiel die allerdings regelmäßig in den Rücken beamt oder Räume wieder mit frischen Gegnern anfüllt, die wir gerade geleert haben, dann sind das nicht extraflotte Zombies, sondern extrablödes Respawn-Verhalten. Außerdem kommt uns das Balancing in Sachen Crafting noch nicht ganz ausgereift vor. Neue Waffen kosten Komponenten und Geld. Während wir zum Beispiel nicht ein einziges Mal beim Bauen einer neuen Waffe zu wenige Komponenten wie Chemikalien oder Stoff hatten, waren wir dafür regelmäßig pleite und mussten deswegen erst recht auf den neuen Prügel verzichten. Ihr findet zwar überall Waffen, die ihr beim Händler eures Vertrauens zu Geld machen könnt, allerdings sind die Händler extrem rar gesät.

Zu guter Letzt…

Fazit also nach neun Jahren Warten: Dead Island 2 ist ein sehr gutes Spiel, wenn ihr euer Hirn für die Spielzeit ein bisschen runterfahrt. Kenner der Vorgänger werden sich außerdem sofort zurechtfinden und schnell profimäßig alles wegfaschieren. Dass der Spielezombie an manchen Stellen wirklich nicht ganz frisch riecht – darüber helfen unter anderem die spannende Welt und das tiefgehende Skillsystem hinweg. Denn einen Molotov-Cocktail mitten in eine Zombiehorde zu werfen, mit einem Dropkick nachzusetzen und die Gegnerreste mit einem elektrischen Vorschlaghammer aufzuräumen macht einfach einen Riesenspaß. Für alle weniger guten Momente sind die guten Momente in Dead Island 2 dafür richtig gut.

Ein Hinweis noch zur Technik: Gröbere Bugs sind uns nicht aufgefallen, Entwickler Dambuster Studios hat trotzdem schon einen Day 1-Patch angekündigt. Wir hatten auf unserer Xbox Series X beim Testen keine Probleme, das Spiel ist butterweich mit 60 fps gelaufen.

— Martin Hammerl

8

Das Gute

Spannendes Skillsystem

ZOMBIES PRÜGELN

Waffenvielfalt

MEHR ZOMBIES PRÜGELN

Lebendige Welt mit vielen Details

Das Schlechte

Manchmal schwammige Steuerung

Humor Geschmackssache

Gegnerspawning

Shortcut Dead Island 2
Release 21. Apr 2023
Studio Dambuster Studios
Publisher Deep Silver