Lovecraft is in the game
Call of Cthulhu
Cthulhu und H.P. Lovecraft sind ein Mythos der sich bis heute immer wieder in unsere Popkultur schleicht. Jetzt ist die klassische Inspiration für Horrorlektüre auch in das Gaminggenre eingedrungen und liefert uns „Call of Cthulhu“ – mal sehen wie wir diesem Ruf folgen werden.
Horror und Lovecraft gehen oftmals Hand in Hand und werden eigentlich immer in einem Atemzug miteinander genannt. Wenn man „Call of Cthulhu“ in seine Konsole der Wahl einlegt sollte man sich dessen bewusst sein um nicht ganz die falschen Erwartungen zu haben. Lovecraft verschafft uns in den meisten Fällen keinen direkten Horrorschocker sondern lebt von seinen sehr unterschwellige, gruseligen Atmosphären.
Normales Familiendrama oder doch ein Cthulhu Kult
Edward Pierce – unser Hauptcharakter – ist Detektiv und steckt in einer Krise. Es ist 1924 in Boston und die Fälle für ihn sind momentan eher dünn gestreut. Sein Ausweg: Alkohol und Pillen um sich davon abzuhalten wahnsinnig zu werden.
Doch dann kommt ein kleiner Strohhalm an den er sich klammern kann. Die gesamte Hawkins Familie ist während eines tragischen Feuers in ihrer Mansion ums Leben gekommen. Doch was wie ein Unfall aussieht wird von manchen Seiten als Mord bezeichnet. Einziges Indiz dazu ist allerdings ein seltsames Bild, welches die Mutter kurz vor dem Feuer gezeichnet haben soll. Zu wenig Beweis für die Polizei aber ausreichend für Pierce um sich an den Fall zu heften, da auf seinem Schreibtisch sonst keine anderen Fälle warten.
Es geht ab nach Darkwater Island wo sich Pierce an seine Aufgabe macht. Durch Gespräche mit den Bewohnern und den ersten Hinweisen auf die Familie wird schnell klar – Darkwater Island und die Hawkins Familie sind nicht so sauber wie alles noch zu Beginn scheint. Denn bereits nachdem man sich Zutritt zu der Unglücksstelle gemacht hat, verdichten sich die Hinweise. Hier liegt irgendetwas Ungewöhnliches vor…
Investigatives Gameplay
Wer sich ein schnelles Spiel erwartet, der ist wahrscheinlich auch ziemlich schnell enttäuscht. „Call of Cthulhu“ lebt von seinem investigativen Gameplay, welches einen immer wieder mit unerwartet mysteriösen Details zu überraschen versucht. Es gilt sämtliche Informationen aus den Bewohnern und Umgebungen zu sammeln die man nur so finden kann. Lange Gespräche mit unzähligen Inselbewohnern bilden den Anfang um sich erst mal einen geeigneten Weg zur Mansion zu verschaffen.
Doch nicht alle Wege sind gleich – dringt man heimlich still und leise ein ohne bemerkt zu werden, lenkt man die Wachen mit dem betrunkenen Volk ab oder holt man sich Hilfe von der scheinbar obersten und gefürchtetsten Hand in Darkwater Island? All diese Wege und noch ein paar mehr liegen einem offen, wenn man sich ganz genau umsieht. Für welchen man sich dann entscheidet, liegt im eigenen Ermessen und kann in späterer Folge vielleicht nochmals relevant werden, wenn man hie und da einen Gefallen schuldig bleibt.
So geht das ganze Spiel dann eigentlich auch weiter. Es heißt investigieren, jede Ecke untersuchen und so viele Hinweise und Indizien für einen Mord finden wie nur möglich. Dabei werden die Gegebenheiten und Schauplätze immer abartiger und ziehen Pierce immer mehr in eine Sache hinein, der er nicht ganz gewachsen ist.
Wer hierbei nach Kämpfen oder gar Action sucht, der sucht vergeblich. Es geht hier wirklich primär, sekundär und tertiär um Investigation, Stealth und Gruselfaktor. Alles andere bleibt außen vor und ist wenn – dann eher unnötig auffallend.
Weird – Weirder – Lovecraft
Denn das ist es, was Lovecraft und den Mythos um Cthulhu ausmachen. Skurrile und düstere Machenschaften in Umgebungen, die ebenfalls immer abgefahrener und dunkler werden. Ebenso in „Call of Cthulhu“. Es ist der Sog des Unerwarteten und Okkulten, der das Flair bestimmt.
Besonders dadurch, dass je nachdem wie gut ihr als Edward Pierce untersucht und auf Dinge und Gelegenheiten stoßt, bei denen eure geistige Gesundheit in Frage gestellt wird – was dazu führt, dass ihr dauerhaft mit eurer eigenen Vernunft konfrontiert werdet. Je mehr Okkultem und Unverständlichem ihr begegnet, umso mehr leidet euer Menschenverstand, was die Handlungen irgendwann durchwegs beeinträchtigen kann. So liegt es an euch wie wahnsinnig Pierce wird – oder eben nicht. Denn seine Zurechnungsfähigkeit schwindet mit so mancher Entdeckung.
Doch seinen eigenen Verstand zu bewahren und die Locations einfach nur oberflächig zu durchsuchen hindert euch wiederum daran wichtige Hinweise zu finden und eure Charakterskills aufzuleveln. Denn ihr entscheidet selbst, wie ihr eure Skilpoints auf Pierce verteilt. Vertraut ihr lieber auf die körperliche Kraft oder die Gewitztheit seiner Zunge? Sprachgewandtheit über Psychologie oder doch lieber eure investigativen Fähigkeiten aufbessern? All das beeinflusst welche Informationen, die ihr in Gespräch herausfinden könnt oder welche Hinweise euch einfach unentdeckt verborgen bleiben.
Es ist ein Hin und Her dazwischen, ob ihr jede Ecke erkunden wollt oder doch lieber euren Verstand wahrt. Alle Wege haben ihre Vorteile, doch wo liegt das richtige Mittelmaß?
Düster oder Pixel vor der Optik
Auch wenn das Setting wirklich gut passt – und immer wieder einen gewissen Schauer über dem Rücken erzeugen kann, so muss man leider doch sagen, dass die allgemeine Optik eher ein bisschen zu wünschen übrig lässt. Der Flair passt und das oftmals sehr farblose und graue Farbschema spielt dem Mythos gut zu. Doch leider ist die allgemeine Grafik eher mau.
Graphics sind keine Gamechanger wenn das Game gut ist aber gerade in der heutigen Zeit wir der Markt überschüttet mit perfekt gepolishten Games wo „Call of Cthulhu“ leider unter dem Raster durchfällt. Es beeinträchtigt nicht das Spielerlebnis, allerdings hätte man hier doch noch einen Ticken drauf setzten können um nicht schlechter aufzufallen als man ist.
Fanservice über Massenpublikum
„Call of Cthulhu“ ist definitiv kein Game für Jedermann. Einerseits das langsame, investigative Gameplay und andererseits die düsteren Horrorelemente und stellenweise grausigen Szenen mit denen man immer wieder eingestreut konfrontiert wird, sind sicherlich nichts für Spieler mit allzu schwachen Nerven.
Cthulhu lebt von seinem Mythos und dem Versteckten, das erst durch genaues Hinsehen erkennbar wird oder vielleicht doch ewig im Unentdeckten lauert. Doch ob man sich traut genau hinzusehen oder ob man für diesen Blick zu viel riskiert. Lovecraft ist ein Meister des Horrors mit seiner ganz eigenen Art den Leser/Spieler/Fan in seinen Bann zu ziehen und damit in den Wahnsinn zu treiben.
Dessen muss man sich bewusst sein, bevor man sich überhaupt „Call of Cthulhu“ zulegt. Denn dieses Lovecraft Flair bestimmt das Spiel und mag für Unwissende eher in Langeweile umschlagen. Für Fans des Mythos und des mysteriösen Horrors aber auf jeden Fall einen Blick wert.
Fazit
Für Fans von Cthulu, Pen&Paper und storybasierten, investigativen Games auf jeden Fall ein Spiel, dass Spaß macht. Wer sich auf ein anderes Game als die actiongeladene Massenware einlassen will ist hier richtig.
Es ist zwar kein Optikhighlight aber mit der richtigen Stimmung und dem richtigen Verlust an Menschenverstand auf jeden Fall Lovecraft würdig.
Das Gute
+ Lovecraft Mythos
+ Wahnsinnig und Okkult
+ Investigation im Vordergrund
Das Schlechte
- langsames Gameplay
- Stealth oftmals schelcht ausgeführt
- Grafik