So, 1. Feb 2015

Parkour um zu Überleben

Game Rezension: Dying Light

Wenn ihr glaubt, dass man in einem total überreizten Genre keinen Fuß mehr fassen kann, liegt ihr falsch. Denn im Zombie-Survival-Game Dying Light lernen wir die Nacht zu fürchten und das Sonnenlicht zu lieben. Die Dead Island Entwickler Techland waren alles andere als untätig und bringen uns neben einer postapokalyptischen Storyline auch erstmalig die totale Bewegungsfreiheit in ihrer Open World.

Flugzeugrattern. Ein Fallschirmsprung. Und schon sind wir inmitten der Zombie-Apokalypse. Als Willkommensgeschenk gibt’s gleich einen Biss und wir sind infiziert. Na toll.  Mit Hilfe von anderen Überlebenden können wir gerettet werden und ab jetzt gilt es unseren Auftrag zu erfüllen. Denn als Elitesoldat Kyle Crane sollen wir eine Datei für unseren Auftraggeber suchen und müssen dabei häufig über unsere moralischen Grenzen hinausgehen. Von nun gilt es nicht nur die benötigten Informationen zu beschaffen, sondern auch bei der Suche nach einem Heilmittel zu helfen. Schließlich wollen wir auch das Gebiet wieder lebend verlassen. Wir erkunden also die Stadt, erleben Tag- und Nachtwechsel und stellen uns Zombies und feindlich gesinnten Menschen entgegen.
Not a job for anyone
Im Spielverlauf müssen wir sowohl für unsere Helfer als auch für den Gegenspieler viele Laufburschen-Tätigkeiten erledigen: Stromkasten reparieren, Schutzgeld eintreiben und das heiß geliebte Gegenmittel auftreiben. Dabei rennen wir durch die Straßen der fiktiven Stadt Harran. Hierbei ist stets Vorsicht geboten, denn die Zombies lauern überall und werden nicht weniger. Auch wenn man einen Bereich gesäubert hat, kommen sie in Scharen wieder. Und Achtung: Lärm lockt sie an! Daher ist in diesem Spiel auch die Flucht keine Schande, sondern oft der einzige Ausweg.
Doch wie bestreitet man seinen Alltag im zombie-verseuchten Harran? Hierbei sind dem Spieler allerhand Freiheiten gegönnt. Eines der neuesten Spielelemente ist die totale Bewegungsfreiheit. Im Parkour und Freerunning können wir uns komplett frei durch die Spielewelt bewegen. Dabei klettern wir auf Dächer, Hinterlassen unsere Fußabdrücke im Gesicht der Zombies und wenn es einmal schnell gehen  muss, rutschen wir durch niedrige Öffnungen in Sicherheit. Zusammengefasst gilt: Geht nicht – gibt’s nicht! Jede noch so kleine Hürde kann übersprungen werden und auch höher gelegene Punkte können meistens durch eine Kombination aus Erreichen von Vorsprüngen und weiterhangeln gemeistert werden. Sollte es einem trotzdem nicht gelingen den gewünschten Punkt erklimmen, so hilft im späteren Spielverlauf der Kletterhacken. Mit diesem ist keine Klippe mehr vor uns sicher.
Hunter by Day
Bei unseren Erkundungen stoßen wir neben Sammelobjekten natürlich auch auf den einen oder anderen Zombie. Dann gibt es zwei Möglichkeiten: Jagen oder gejagt werden. Steht man nämlich einer hohen Anzahl an Gegnern gegenüber und findet dann statt dem gewünschten Langschwert nur ein popeliges Rohr, sollte man schleunigst das Weite suchen. Hier helfen einem die zuvor erwähnten Fortbewegungsmöglichkeiten.
Aber nicht immer ist Flucht die richtige Lösung und so stellen wir uns den etwas muffelnden Untoten in den Weg. Dabei gilt es die richtige Taktik zu finden, die jedoch meistens auf Schema F herausläuft – Die Zombies mittels Tritten auf Abstand halten, um somit unserer Ausdauer Zeit zum Aufladen zu geben. Dann wird auf die Angriffstaste eingehämmert und gehofft, dass der gewünschte Schwung stattfindet. Einfluss hat man auf diesen nämlich nicht. Die möglichen Spezialangriffe können nur  durch Erfahrung freigeschalten werden.
Will man sich den Untoten nicht Angesicht zu Angesicht gegenüberstellen, so helfen einem Wurfwaffen, wie explodierende Morgensterne, Molotow-Cocktails und Böller, die die Untoten auf falsche Fährten locken. Schusswaffen findet man erst im späteren Spielverlauf. Diese bewähren sich vor allem im Kampf gegen menschliche Gegner. Doch jeder Schuss sollte gut überlegt sein, denn laute Geräusche locken die stärkeren Zombies in der Umgebung an und man tut gut daran, rasch das Weite zu suchen. Später können wir, wenn wir gestärkt zurückkommen, uns auch diesen Gegnern stellen und diese mit unserer Schnetzeltechnik in Einzelteile zerlegen.
Prey by Night
Doch auf jeden langen Tag erfolgt die finstere Nacht. Die Szenerie geht nahtlos vom hellen Tageslicht in die dunklen Schatten über und die untertags bereits erkundeten sicheren Wege sind optisch schwerer zu erkennen. Abhilfe schafft uns die Taschenlampe, die aber nicht nur zeitlich begrenzt und somit immer wieder kurz geladen werden muss, sondern auch die Aufmerksamkeit der Zombies erregt. Diese sind zur finsteren Tageszeit nicht nur zahlenmäßig höher vertreten, sondern werden zusätzlich von Spezialuntoten, den „Schattenjägern“, unterstützt. Diese erkennen uns auch so in der Dunkelheit und verfolgen uns bei Entdeckung. Bereits nach den ersten paar Metern ist uns klar, dass diese speziellen Feinde äußerst hartnäckig sind, denn sie können uns, anders als die normalen Zombies, auch beim Klettern verfolgen und höhere Punkte erreichen. Kurzzeitig gelingt es uns mittels UV-Licht die Gegner zu blenden und rasch in eines der untertags freigehaltenen Safehouses zu gelangen. Nur hier sind wir wirklich sicher. Auch können sogenannte „Lichtfallen“ dazu verwendet werden, die Untoten in eine gewünschte Richtung zu dirigieren oder ins Zeitliche zu befördern.
Warum sollte man sich also noch nachts fortbewegen und nicht im Safehouse allein mit den Zehen Domino spielen? Ganz einfach. Einige Missionen verlangen von uns, dass wir uns zur späten Stunde noch auf die Suche nach etwaigen Ressourcen oder Personen machen. Zusätzlich bekommen wir während der Nacht auch doppelt so viele Erfahrungspunkte, steigen also schneller im Level auf.
Befindet man sich gerade in einem Safehouse und muss somit nicht mit einem Zombieangriff rechnen, empfiehlt es sich, sein Inventar zu checken. Denn leider werden unsere Waffen beim Benutzen viel zu schnell kaputt. Zwar können sie jederzeit, auch außerhalb des Safehouses, repariert werden, es werden dafür jedoch bestimmte Materialien benötigt. Ein Zähler gibt an, wie oft eine Waffe wieder repariert werden kann bevor sie endgültig unbrauchbar wird und nur mehr verkauft oder in ihre Bestandteile zerlegt werden kann. Materialien finden wir verstreut über die ganze Welt in Kisten, Truhen oder Ähnlichem. Einige müssen hierbei durch ein kurzes Schlösserknack-Minispiel geöffnet werden. Zusätzliche Entwürfe für die Herstellung von Waffenupgrades oder Gegenständen bekommen wir meistens durch den Abschluss von Aufgaben. Dadurch können wir z.B. unser altes Stahlrohr mit einem Elektronikdraht umwickeln umso zusätzlich für den gewissen Schlag zu sorgen.

Is there a skill for that?
All die zuvor beschriebenen Elemente können durch Fertigkeiten verbessert werden. Der Fähigkeitenbaum ist in drei Untergruppen unterteilt: Überlebender, Kraft und Akrobatik. Erste Kategorie wird durch das Abschließen von Missionen, Freischalten von Safehouses und Unterstützung der Überlebenden, die ab und zu auf unserer Minimap auftauchen gelevelt. Hier finden wir dann alle nötigen Skills, die uns ein längeres Überleben in Harran ermöglichen. Zum Beispiel können Waffen länger haltbar gemacht werden. Für Kraft und Akrobatik gilt: Wer besser werden will, muss auch etwas dafür tun. Wer also fleißig klettert, springt und unter Hindernissen hindurchschlittert, wird schnell den ein oder anderen Erfahrungspunkt in Akrobatik freischalten. Für das Vermöbeln von allgegenwärtigen Zombies schreiten wir in Sachen Kraft voran. Für nahezu jede Situation gibt es also quasi einen Skill, der uns das Leben erleichtert.
Nobody dies alone
Geübte Spieler werden für die Hauptstory in etwa an die 20h Spielstunden in Dying Light verbringen. Wer dann auch noch Lust auf die eine oder andere Nebenmissionen inkl. schrägen Charakteren hat, kommt auf eine Gesamtspielzeit von etwa 40h. Zusätzlich können wir uns in Herausforderungen mit Zeitlimit unsere Kampf- und Kletterfähigkeiten beweisen.
Neben dem Einzelspieler gibt’s es auch noch einige Mehrspielermodi. So kann im Koop mit bis zu vier Spielern die Story erlebt werden. Im Modus „Rollentausch“ können DLC Besitzer in die Haut eines Schattenjägers fahren. Hier suchen wir durch Schreien nach unserer Beute und lassen uns, ähnlich wie Spiderman, mittels Netze durch die Spielewelt ziehen lassen. Dazu dringen wir in die Spiele anderer Spieler ein. Leider haben momentan nicht viele Spieler diese Option aktiviert. Ist dies jedoch einmal gelungen, startet die Invasion. Hier müssen wir als Zombie unsere Nester beschützen und gleichzeitig unsere Beute ins Jenseits befördern. Klingt lustig, verliert aber mit der Zeit an Spielspaß. Wir hoffen auf jeden Fall auf noch mehr Modi!
Leider verlangt Dying Light viel von seitens PC-Hardware und so kommt es nicht selten vor, dass die meisten Prozessoren auf Hochtouren laufen. Ein erstes Update hat jedoch bereits einige Performanceprobleme gelöst.

Fazit
Dying Light ist seit langem wieder ein Ego-Action-RPG im Zombiversum. Die Open World kann durchaus mit anderen Spielen mithalten und bietet in den ersten Spielstunden ein motivierendes und unterhaltsames Spielerlebnis. Die Bewegungsfreiheiten sind enorm und bieten somit eine enorme Möglichkeit an Bewegungsrouten. Nicht selten erwischt man sich bei dem einen oder anderen Grinsen, wenn man über Häuserdächer segelt und die Horden an Zombies mit einem verwirrten Blick zurück lässt. Die ständigen Verbesserungen der einzelnen Fähigkeitsbäume und die Möglichkeit der Waffenupgrades reizen uns bis zur letzten Sekunde. Einzig die 0815-Apokalypsen Storyline befriedigt uns nicht komplett, aber bei der drücken wir noch ein Auge zu. Wir stürzen uns weiter ins Gemetzel, schließlich fehlen uns noch einige Nebenaufgaben und wünschen euch jetzt schon mal: Good Night Good Luck!


ENTWICKLER: Techland
PUBLISHER: Warner Bros. Interactive
GENRE: RPG-Shooter
PLATTFORM: PS4, Xbox One, PC