Di, 25. Mrz 2014

Eiskalter Affenspaß

Game Rezension: Donkey Kong Country: Tropical Freeze

Der mit viel Vorfreude erwartete Nachfolger von Donkey Kong Country Returns ist da. Core Gamer dürfen sich darüber besonders freuen.

   
  
  
   
Gerade als die Kongs ein Fest feiern wollen, stürmt plötzlich ein arktischer Wind zum Fenster herein. Dafür verantwortlich ist eine Horde tierischer Vikinger, die mit Hilfe eines magischen Blashorns die gesamte Kong-Insel in Eis und Schnee hüllen und dabei die Affenbande in hohem Bogen gen Horizont befördern.
Das lassen sich unsere Protagonisten natürlich nicht gefallen und bannen sich nun von Insel zu Insel ihren Weg Richtung Heimat.
Gameplay

Jede der Inseln stellt dabei eine thematische Welt dar und ist wieder in mehrere Levels unterteilt die mittels Weltkarte angesteuert werden. Um dieses Abenteuer zu bewältigen, stehen Donkey Kong die gewohnten Moves zur Verfügung: Laufen, Springen, Rollen und Stampfen. Auch der Signatur-Move der Serie, der ‚Roll-Sprung‘ ist natürlich wieder mit dabei und bringt wieder einiges an Speedrun Potenzial mit. Auf das im Vorgänger eingeführte ‚Pusten‘ wurde dagegen dankenswerter Weise  verzichtet – dieses war spielflussstörend und schlichtweg unpassend.
Nicht verzichtet wurde natürlich auf Diddy Kong, der sich wieder, sobald man ihn aus seinem Fass befreit, an euch hängt und mit seinem Jetpack, wie gehabt, eine kurze Schwebephase im Sprung ermöglicht.
Doch Diddy ist diesmal nicht der einzige Mitstreiter aus der Kong-Familie. Steht ein ‚DX‘ auf dem Fass, springt Dixie Kong heraus – mein persöhnlicher Favourite der Kong Historie (die ihren ersten Auftritt damals an der Seite von Diddy in Donkey Kong Country 2 hatte, nebenbei mein Favourite Game der Reihe :-)). Dixies Power gewährt euch ebenfalls eine Schwebephase allerdings mit einem kleinen Push nach oben am Ende wodurch man höher gelegene Plattformen erreichen kann.
Die letzte Ergänzung der Affenbande ist mit Cranky Kong wohl auch die überraschendste und coolste über die sich Fans im Vorfeld am meisten freuten. Der Ur-Kong (Cranky stellt ja bekanntlich den ersten Donkey Kong aus dem gleichnamigen Spiel von 1981 dar) bringt nämlich seinen Gehstock mit. Doch anstatt Donkey wie üblich damit zu schlagen, kann man diesen wie einen Pogostick benutzen um damit vom Boden abzufedern. Das erinnert ganz stark an Dagobert Duck in Duck Tales und bringt eine Reihe von Vorteilen. So kann man einerseits höher damit springen und andererseits auch unbeschadet auf stacheligen Untergrund und Gegner mit Hörnern springen.
Meistens findet ihr in den Levels Multifässer, deren Beschriftung laufend wechselt, so dass ihr euch quasi aussuchen könnt welcher Charakter herauskommt. Und das sollte man sich durachaus überlegen, denn das Leveldesign wurde an die Fähigkeiten der neuen Kongs angepasst und so sind manche Geheimnisse nur mit bestimmten Partnern erreichbar. Mit Geheimnissen sind natürlich in erster Linie die Puzzleteile gemeint, die es wieder in jedem Level in unterschiedlicher Anzahl zu sammeln gibt. Wie beim Vorgänger sind diese teils wieder sehr gut versteckt, so dass man sich am Ende oft mal wundert wie man soviele „übersehen“ konnte. Neu ist, dass es jetzt auch Levels mit geheimen Ausgängen gibt, zu vergleichen mit den New Super Mario Bros. Games, die zu Extralevels auf der Weltkarte führen – eine nette Ergänzung. In welchen Levels es Geheimausgänge gibt, lässt sich teilweise durch einen angedeuteten Weg auf der Worldmap erkennen. In jeder Welt gelangt man so zu 2 Extralevels. Sammelt man die K-O-N-G Buchstaben in allen Levels einer Welt, erreicht man das Tempellevel. Diese gab es erstmals im Vorgäner und wurden schnell berühmt weil sie die mit Abstand schwersten Levels des Spiels darstellten – und so ist es auch diesmal wieder. Bereits im Tempel von Welt 1 verbringt man 90% des Levels ohne Plattform unter den Füssen, nur von Gegner zu Gegner über den Abgrund springend.
Dabei zeigt sich einmal mehr das absolut großartige Leveldesign von Retro Studios, welches im gesamten Spiel hervorragend umgesetzt ist. Wiedermal sind Timing und Positionierung von Plattformen, Gegnern und Fässern so perfekt aufeinander abgestimmt, dass alles im Idealfall in einem Fluß abläuft. Das für mich wahrlich Faszinierendste dabei ist aber dass das alles auch im Speedrun noch funktioniert – selbst wenn man nun manche Gegner und Plattformen komplett auslässt und sich hauptsächlich mit Rollsprüngen vorwärts bewegt, ergeben sich immer noch ständig Passagen mit sensationellen Kombinationen, so dass ich mir wirklich die Frage stelle wie die Entwickler das zustande bringen.
Damit möglichst viele Spieler in den Genuss dieses Phänomens kommen, motiviert das Spiel wieder damit, dass man jedes Level nochmal auf Zeit spielen kann für Bronze-, Silber-, und Goldmedailien. Wie beim Vorgänger, kommt man für Silber und Gold mit Laufen ohne Stehenbleiben nicht mehr aus – da müssen dann schon gewagtere Einlagen her. Videos der eigenen Bestleistungen können reibungslos in die Online Leaderboards hochgeladen werden wo man sich auch die Videos anderer Spieler ansehen kann um sich deren Tricks abzuschauen – ein super Feature, dass mir beim Vorgänger fehlte und zeigt, dass Nintendo sich definitiv auch um Online Kompetenz bemüht. Für Hardcore Jump’n’Run Spieler sind die Time-Attacks damit ein absolutes Fest.
Wer auf eine gute Herausforderung steht, wird sich auch über das Comeback von Levels mit dem „beliebten“ oder eher berüchtigten Raketenfass freuen. Hat das beim Vorgänger noch einige Spieler zur Verzweiflung getrieben, wird es diesmal aber nicht so schlimm sein denke ich, denn haben wir doch schließlich alle fleißig mit Flappy Bird dafür geübt, nicht wahr?!
Neben den vielen bekannten Elementen haben sich die Entwickler aber auch wieder einiges Neues einfallen lassen. Die Vielfalt und der Abwechslungsreichtum der Levels sind enorm und lassen wirklich keinen Platz für Langeweile.
The big ones

Viele Gedanken haben sich die Game-Designer offensichtlich auch wieder über die Endbosse gemacht. Sie sind allesamt sehr kreativ, mehrstufig, lang, intensiv und ziemlich herausfordernd. Was mir so ausgesprochen gut daran gefällt ist, dass es sich dabei um Endgegner im klassischsten Sinn handelt – wie es sie schon zu 8-bit Zeiten gab. Es geht immer zuerst darum die Angriffe des Gegners – die in fixen Mustern wiederholt ausgeführt werden – zu lernen und rauszufinden wie man ausweicht, dann die Schwachstelle rauszufinden und wann man sie wie treffen kann. Diese Muster muss man sich einprägen und dann konzentriert nacheinander abspulen. Hat man Erfolg, kommt die nächste Stufe, in der es wieder völlig neue Angriffsmuster und Treffermöglichkeiten gibt. Man scheitert oft, bis man alles intus hat und es einem gelingt das Gelernte (fast) fehlerfrei abzuspielen. Doch gewinnt man dann so einen minutenlangen hochkonzentrierten Kampf, ist das Gefühl einfach nur grandios. Es erinnert daran wie man als Kind die ersten großen Bosse – damals noch nach tagelangem Versuchen – endlich bewältigt hat und es ist immer wieder toll für mich zu erleben wie Entwickler es schaffen, diese Quintessenz in technisch modernen Szenarien einzufangen.
Multiplayer

Trotz all der Herausforderung die Tropical Freeze bietet, bleiben auch Casual Player nicht komplett außen vor. Dank dem simultanen Multiplayermodus kann man sich jederzeit auch zu zweit durchkämpfen, was das Ganze etwas leichter macht und vor allem wieder viel Spaß und bekannt lustiges Chaos bringt.

Going Bananas in 3D

Besonders viel Spaß macht auch die technische Umsetzung des 2,5D Games. Statt Parallax scrollender Hintergrund Ebenen erstreckt sich einfach die 3D-Spielwelt in die Tiefe des Raumes. Die Designer hatten sichtlich Spaß mit damit und schicken den Spieler immer wieder mal mit Fasskanonen in die Tiefen des Raumes oder auf eine Rundfahrt um einen riesigen Baum herum. Außerdem nutzen sie die Gelegenheit um mit neuen Perspektiven zu experimentieren. So gibt es Loren Fahrten – die natürlich in einem Donkey Kong Country nicht fehlen dürfen – bei denen man das Geschehen schräg von hinten oder aus der Vogelperspektive betrachtet. Das braucht zwar eine kurze Umgewöhnung, lässt das Geschehen aber noch größer wirken und den Spieler richtig eintauchen. Diese Passagen zeigen für mich nebenbei wie ein modernes 3D Donkey Kong aussehen könnte und haben mir riesen Lust auf so ein Game gemacht – bitte Nintendo, lasst Retro Studios das machen!
The good, the bad and the ugly

Bei all dem Lob, gibt es aber auch etwas Tadel zu verteilen – zunächst bei einem weiteren neuen Element, den Unterwasser Passagen. Diese waren bereits in der ersten Donkey Kong Country Reihe berüchtigt und kehren nun erstmals zurück – allerdings mit einer veränderten Steuerung, die zwar hübsch anzusehen und realistischer ist aber gleichzeitig auch schwieriger zu handhaben. Ein Vorteil ist, dass man nun Gegner unter Wasser attackieren kann, ein Nachteil, dass man nur begrenzt Luft hat und immer wieder Luftblasen finden muss um zu überleben. Das macht vor allem die Puzzleteilsuche sehr mühsam. Insgesamt sind die Unterwasserlevels dadurch sehr anstrengend und teilweise frustrierend für mich geworden, was wirklich schade ist, da sie mir optisch und auch von der Steuerung her sehr gefallen haben.
Das größte Problem das ich mit Tropical Freeze aber habe, ist wieder – wie beim Vorgänger auch schon – die Suche nach den Puzzleteilen. Einerseits sind diese oft wirklich gut versteckt, was in Ordnung wäre wenn es nicht anderseits manchmal einfach zu viele davon gäbe. Viele Levels haben 7 oder gar 9 Teile. Wer sie alle finden will, muss sich quasi im Schritttempo bewegen um ja nichts zu übersehen – was das ganze, oben erwähnte, großartige Leveldesign obsolet macht und damit dem Spiel das nimmt was es ausmacht. Besonders schlimm ist, dass es nun auch vermehrt Puzzleteile gibt die erst erscheinen wenn man eine Sequenz von Bananen aufsammelt. Leider weiß man aber nicht bei welchen Bananen das passiert, also muss man fast versuchen sie alle zu sammeln. Und dann gibt es da plötzlich wieder eine Bananenreihe die extrem gefährlich zu erreichen ist, so dass man wahrscheinlich dabei draufgeht. Dann denkt man sich: da muss doch ein Puzzleteil erscheinen, denn nur für Bananen würden einen die Level-Designer wohl nicht in den wahrscheinlichen Tod schicken…… Doch sie würden. -.- Und das ist schlichtweg frustrierend. Da ich Donkey Kong Games gerne mit 100% durchspiele, kann ich an dieser Stelle getrost zugeben, dass ich einen guten Teil meines Schimpfwortvokabulars im Laufe des Spiels bemüht habe.
Insgesamt haderte ich immer wieder mit diesen Designentscheidungen der Entwickler und musste unweigerlich die Vergleiche mit den früheren Donkey Kong Countrys der SNES-Ära ziehen, nach denen ich mich öfter zurücksehnte. Nur um kurz darauf in einem neuen Level wieder völlig begeistert zu werden von der Kreativität und der großartigen Ausführung die in Tropical Freeze stecken. Unter dem Strich ist es wohl Meckern auf hohem Niveau und ich sollte wohl einfach die Puzzleteile mehr ignorieren und sie erst bei einem zweiten Durchlauf sammeln…… aaaaber das kann ich nicht. 🙂
Etwas Abhilfe von diesen Problemen kann man sich in auch Funky Kongs Shop verschaffen. Dort kann man mit den gesammelten Bananenmünzen Items kaufen die einem mehr Lebensenergie geben, mehr Luft Unterwasser bringen, vor einem Sturz in den Abgrund retten oder sogar bei der Puzzleteilsuche helfen. Puristen wie mir wird das kein Trost sein, denn wer will schon Hilfsmittel verwenden!? Aber für Einsteiger und weniger hart gesottene Spieler ist dies eine willkommene Unterstützung.
Etwas störend empfand ich auch die Ladezeiten bei den einzelnen Levels, diese sind zwar nicht lange aber auch nicht so kurz wie bei Rayman Legends (oder lag das nur daran, dass man sich dort am Loading Screen gegenseitig verprügeln konnte?). Jedenfalls kam es schon öfters vor, dass ich ein Level von vorne beginnen wollte, was bedeutete, dass zunächst die Worldmap geladen wurde und dann das Level noch einmal. Da sprang ich dann lieber in einen Abgrund was zum selben Ergebnis aber ohne Wartezeit führt. Hier wäre eine Restart Funktion wünschenswert gewesen.
Grafik

Wie oben bereits erwähnt, wurde die Spielwelt großartig in 3D umgesetzt. Sie sieht wirklich prächtig aus und steckt außerdem voller Leben und liebevoller Details – da lohnt es sich hin und wieder stehen zu bleiben und einen genaueren Blick zu machen. Wunderbar wurde auch das Charakterdesign umgesetzt. Die neuen Gegner sind abwechslungsreich und sehen sehr witzig aus. Auch technisch gibt es nichts zu beanstanden. Die HD-Grafik sorgt für mehr Übersicht und realistischere Details. Eine besondere Augenweide sind die Kongs selbst, deren Fell nun aus einzelnen Haaren besteht die hin und her schwingen und auch vom Wind verweht werden. Dass das ganze Spielgeschehen ohne Ruckler absolut flüssig läuft, versteht sich bei so einem Qualitätswerk fast von selbst.
Sound

Das Entwickler Studio hat hier wunderbare neue Melodien komponiert, die perfekt zur Reihe passen. Kein Wunder, denn hierfür wurde David Wise der Komponist des allerersten Donkey Kong Countrys zurückgeholt. Dieser setzt hier auch immer wieder auf clevere Art und Weise die bekanntesten Themes seines früheren Werkes ein – leicht remixed und immer genau passend zur Atmosphäre. Als dann bei einem mystisch anmutenden Unterwasser-Level, plötzlich die zugehörige Originalmelodie zu spielen begann, machte sich tatsächlich Nostalgie-Gänsehaut bei mir breit.
Fazit

Retro Studios zeigen einmal mehr, dass sie ihr Handwerk mehr als beherrschen. Das sensationelle Leveldesign ihres Vorgängers ist auch hier wieder voll intakt, genauso wie die einfallsreichen Boss-Gegner, die herausragenden Tempel und der anspruchsvolle Schwierigkeitsgrad über den ich mich persönlich sehr freue. Jedoch übertrumpfen die Entwickler ihr eigenes Werk durch die zusätzlichen Haupt-Charaktere, die viel Abwechslung bringen und wohl zu einem Fixpunkt in der Zukunft werden. Diese steigern das Erlebnis ebenso wie die großartige Spielwelt, die neuen Unterwasserabschnitte und das Spiel mit der 3D-Perspektive. Dazu kommt noch die Vielzahl neuer Ideen und der daraus resultierende Abwechslungsreichtum. Auch wenn ich über das Design mit den Puzzleteilen immer noch nicht ganz hinweg komme und einige Spielabschnitte wirklich frustrierend für mich waren, überwiegt ein grandioser Gesamteindruck und in Summe ergibt sich ein absolut würdiger Vertreter der Donkey Kong Country Reihe, der schon wieder Lust auf noch mehr macht – und auf ein 3D-Donkey Kong, pleeaaase!!

  


ENTWICKLER: Retro Studios, Monster Games, Nintendo SPD
PUBLISHER: Nintendo
GENRE: Jump’n’Run
PLATTFORM: Wii U