Zwischen den Zeilen ist die Musik zuhause
Interview mit Russell Brower zu Tarisland
Als nächster MMO-Hit steht Level Infinites TARISLAND in den Startlöchern, das schon bald auf PC und Mobile erscheinen wird. Wir durften uns vorab mit der Musik-Legende und Komponisten Russell Brower zusammensetzen, um über Inspirationen, seine Erfahrungen und das Arbeiten in der Branche zu unterhalten.
Hi Russell, es ist wirklich toll so eine Legende im Business zu treffen. Sag uns, spielst du selbst viel Videospiele in deiner Frezeit?
Hi, ja ich bin ein echter Gamer seit meinen alten Atari 2600 Zeiten – ich habe natürlich mit meinen Eltern gespielt als ich ein Kind war – ich bin nicht sooo alt, haha. Aber MMORPGs haben mich zu einem Social-Gamer gemacht. Gerade bei MMOs haben die Social-Koop Aspekte, die ich so gern mag. Einmal die Woche treffe ich über die Plattform meine Familienmitglieder und wir zocken gemeinsam. Wir sind wie ein Uhrwerk, das nie stoppen wird und das ist das Lustige an dem Hobby!
Deine Werke reichen von der Animationsserie Animaniacs über Theme-Park Soundtracks. Was ist für dich die beste Erfahrung im Job?
Ehrlich gesagt finde ich Arbeiten mit Videospielen am Besten. Ein gutes Beispiel aus der Film/Fernseh-Industrie ist: Hier wird die Musik Richtung Ende zu einem Höhepunkt gebracht. Einer meiner Helden, John Williams, bildet hier die Ausnahme – er versucht immer Spannung mit dem Orchester aufzubauen, aber die meisten der Industrie arbeiten so. Man wünscht sich so früh wie möglich in den Entwicklungsprozess eingebunden zu werden und genau kommen die Videospiele und Theme-Parks zu tragen. Zum Einen wird man sehr früh ins Boot geholt, zum anderen wächst das Projekt mit der Musik gemeinsam weiter. Und dieser Aspekt ist wichtig für mich – früh eingebunden zu werden, um mehr Zeit und Gefühl für die Sache zu bekommen als in Hollywood in 4 Tagen einen gesamten Score aufs Blatt zu bringen.
Und für so ein Mammut-Projekt wie dein nächstes, Tarisland, woher kommt hier die Inspiration für einen kompletten Soundtrack?
Ich würde sagen am liebsten ist es Concept Art. Denn wenn es Concept Art gibt, so gibt es auch Concept Music. Wie eben erwähnt – je früher ich im Projekt einbezogen bin, desto besser kann ich mich reinfühlen. Die zweite Form von Inspiration für mich ist die Lore. So gut wie jedes gute MMORPG besitzt Lore und im Falle von Tarisland gibt es zu Hauf, in das ich mich hineinversetzen kann. Wenn ich mir die Artworks ansehe, bemerke ich beispielsweise dunkle Areale, freundliche Gegenden mit spannenden Details – gleich wie bei Architektur. Damit kreiere ich eine Farbpalette an Musik, mit der ich dann dieses Kunstwerk-Relief mit Musik und Noten befüllen darf. Damit geht auch einher zu reflektieren, darüber nachzudenken und natürlich auch das Spiel zu spielen. Ich habe mittlerweile Stunden in Tarisland investiert, bevor ich überhaupt eine Note geschrieben habe, haha.
Wie man so schön sagt: „Lies zwischen den Zeilen“ – genau dort ist die Musik zu Hause. Zwischen den Zeilen!
Wie sind die Entwickler und Tencent an dich herangetreten im ersten Schritt?
Eigentlich stellten sie genau die gleichen Fragen wie du. Woher kommt die Inspiration – ich hab ihnen gesagt, schickt mal Artworks durch und sie sandten mir eine ZIP-File mit Concept Arts und so viel Stuff rund um Tarisland – das Team hat sich wirklich viel Mühe gegeben dem Spieler eine immersive Story zu bieten. Die Welt, die Konflikte in dieser sowie die Sub-Konflikte, welche teilweise nur auf einer Zone passieren. Hier musste ich die Fäden spinnen zwischen Basic-Story und dem Setting der einzelnen Zonen in der Welt. Man muss einfach das Gleichgewicht in diesen Harmonien finden, wie viel Gewicht gibt man dem Areal, der Story und dem Konflikt der dort herrscht. Ich habe ein riesiges Puzzle in meinem Gehirn und versuche es damit zusammenzusetzen, bevor ich den Stift nehme und Musik schreibe.
Das heißt, es wird auch bestimmte Instrumente für spezielle Areale geben?
Ja, da ich bin für ein bestimmtes MMO bekannt bin, werde ich für Tarisland eine andere Sound-Palette, also „Farbpalette“ verwenden – das habe ich dem Team auch so gesagt. Du willst nicht genau gleich klingen wie ein bereits bestehendes Game, genauso wenig will ich das für meine Arbeiten. Ich versuche mich nicht zu wiederholen oder zu kopieren – man wird dennoch heraushören, dass ich hier der Komponist bin – in einer guten Hinsicht.
Tarisland wird für PC und Mobile releast werden. Gibt es da irgendwelche Challenges hinsichtlich des musikalischen Storytellings?
Also ich hoffe, dass Spieler so in der Welt gefangen sind, dass sie die Musik aufgedreht lassen. Nicht weil ich an Bord bin, sondern weil ich den Leuten zeigen möchte, dass Musik das Spiel-Erlebnis noch weiter verbessert. Ich hatte diese Diskussion bereits in der Vergangenheit bei Mobile-Titel und MMOs im Allgemeinen. Spieler verbringen so viel Zeit mit den Games, dass sie irgendwann ihre eigene Playlist aktivieren oder komplett abschalten – warum sollte ich das bekämpfen oder verhindern können? Ich gehe den anderen Weg und versuche solch Stücke zu schreiben, dass sie die Musik laufen lassen und noch tiefer in der Welt versinken können.
Den einzigen Punkt, den ich für Mobile anders gemacht habe ist, ich habe meine Arbeit mit Kopfhörern nochmal gecheckt – normalerweise mache ich das über Surroundboxen, aber hier dachte ich „es werden viele über Earbuds hören, also lieber so checken“. Mal sehen, was es wird, haha!
Als Urgestein und Legende im Business, was kannst du Neulingen und Interessierten mitgeben?
Egal, wie groß oder klein das Projekt sein mag: gib immer 100%! Sei bereit in jedem Genre arbeiten zu können, wer weiß was als Nächstes auf dich zukommt. Ich hätte mir nie gedacht, dass ich mal im Videogames-Biz landen werde. Mein größter Traum war es immer Musik für Theme-Parks zu machen und zum Glück durfte ich das einmal machen.
Hier trifft das oben gesagte ebenfalls zu: Man will dem Besucher den ersten Eintritt so pompös wie möglich machen, aber auf Dauer nicht auf die Nerven gehen. Ich fand Games und Theme-Parks immer viel schwieriger als Fernseh-Musik zu schreiben, weil es viel komplexer ist eine Geschichte zu erzählen. Und genau diese Komplexität liebe ich und deshalb bin ich gerne bei solchen Projekten dabei.
Mein Vorschlag an alle da draußen ist: Sei bereit dein Talent überall zu testen und zu üben, egal in welchen Medium, du wirst überrascht sein, wo du landest. Nutze jede Chance zu arbeiten solange man noch neu im Business ist und werde Teil eines Teams um einmal etwas Großes zu kreieren!
Vielen Dank an Russell Brower, Tencent und das Team von Tarisland für das Interview und wir sind gespannt was die Zukunft – nicht nur musikalisch – für das MMORPG noch birgt.
Tarisland erscheint 2024 für PC und Mobile.