Das ist Dungeons and Dragons!
Baldur's Gate 3
Es das Game, auf das wahrscheinlich schon so viele so lange gewartet haben. Dungeons & Dragons ist bereits seit einiger Zeit wieder auf den Vormarsch in all unsere Wohnzimmer und Spielekeller – Videospielableger die sich daran versucht haben gab es ja ebenso schon einige doch die sich zumeist eher nur so mittelmäßig schlagen. Doch jetzt ist es endlich da – die lang erwartete Fortsetzung: Baldur’s Gate 3! Kann es den hohen Erwartungen standhalten? Wir schmeißen uns gleich mal ins Abenteuer und würfeln gleich mal unsere Initiative aus!
Bestens Vorbereitet
Doch HALT! Nicht so voreilig mit dem abenteurern! Bevor man sich auf die Reise macht sollte man sich zuerst sehr genau damit beschäftigten wer man den überhaupt sein möchte in „Baldur’s Gate 3“. Denn so wie es sich für ein Rollenspiel gehört gibt es vorne weg mal einen fetten Charaktereditior.
Und wenn ich fett sage – dann meine ich das auch! 11 verschieden Völker, 12 verschiedene Klassen inklusiver der passenden Spezialisierungen, die klassischen 6 Attributswerte, Unmengen an Fähigkeiten und Zaube, dazu noch eigene Charakterhintergründe und Wächter. Der eigene Vorstellung sind damit so gut wie keine Grenzen gesetzt wer man in „Baldur’s Gate 3“ sein will. Egal ob Drachenblütiger-Barbar, Halblings-Zauberer Elfen-Barde oder jede andere vorstellbare (und unvorstellbare) Kombination – es ist möglich!
Dazu kommt noch ein umfangreicher Editor für euer Aussehen der sich auch sehen lassen kann. Diversester Optionen der Klassenmerkmale, Gesichtszüge, Hautfarben und Merkmale, Haarfarben und Schmuckstücke. Hier findet sich auf jeden Fall für alle der perfekte Charakter – genau nach dem eigenen Geschmack!
Aber Achtung – alleine hier verbringt man gut und gerne mal die erste Stunde (oder auch mehr) nur im Charakter-Erstellungs-Modus.
Auf ins Abenteuer
Dann geht es endlich ab ins Abenteuer – und WIE! Man wird sofort ins Geschehen geworfen – gefangen auf einem Mindflayer-Schiff (und auch wenn wir hier deutschsprachig sind, ich weigere mich sie als Gedankenschindern zu bezeichnen) wird uns ein wurmähnlicher Parasit ins Auge eingesetzt. Sieht genauso eklig aus wie es ist, doch es bleibt kaum die Zeit darüber nachzudenken. Denn die akutere Situation ist jene, dass das Schiff gerade dabei ist abzustürzen.
Alleine oder mit gesammelten Kräften – je nachdem welchen Weg ihr wählt – muss der Absturz überlebt werden um sich danach Gedanken über den eigenen Parasiten im Kopf zu machen. Denn dieser soll uns scheinbar irgendwann in einen Mindflayer verwandeln und so die Weiterverbreitung der Spezies sicherstellen. Und so beginnt unsere Reise nach Baldur’s Gate auf der Suche nach Heilung.
Kämpfen, Reden, Lauschen – eure Wahl
Wie ihr euch auf die Reise begebt – tja das liegt in eurer Hand. Denn wie es sich für ein Rollenspiel auf Basis von Dungeons & Dragons gehört gibt es keine Vorgaben was und vor allem wie ihr Dinge zu tun habt. Ihr werdet in die Welt geworfen und begebt euch auf eine Reise – diese wird euch an die unterschiedlichsten Orte führen, ihr werden die skurrilsten Charaktere treffen. Manche werden sich euch anschließen, manche werden euch wohlgesonnen sein, andere wohl eher nicht. Drum solltet ihr euch stets bewusst sein – eure Taten haben Auswirkungen, nämlich wirklich alle! Eine falsche unfreundliche Antwort und schnell habt ihr einen Kampf am Hals den ihr vielleicht verhindern wolltet. Oder war es doch euer Verlangen gezielt zu provozieren und damit abzulenken? Das werdet schlussendlich nur ihr alleine wissen.
Das Spiel gibt euch dafür aber wirklich alle Möglichkeiten in die Hand die ihr euch vorstellen könnt. Die Dialoge sind so breit gefächert wie man es sich nur denken kann, kleinste Entscheidungen können Auswirkungen haben, Orte können auf die unterschiedlichsten Arten und Weisen betreten werden, eure Fähigkeiten könnt ihr einsetzen wie es euch beliebt, ein Fehltritt und euer lange geschmiedeter Plan geht den Bach runter und ihr müsst umdenken.
Der Würfel entscheidet
Und ob ihr mit euren Plänen und Herangehensweisen Erfolg habt, dass entscheidet nicht das Spiel alleine. Denn – ebenso dem Original D&D perfekt nachempfunden – müsst ihr in den unterschiedlichsten Situationen den Würfel werfen um zu entscheiden, ob ihr einen Erfolg oder Misserfolg habt.
Würfelentscheidungen gibt es durchgängig im Spiel. Ob bei Gesprächen, natürlich im Kampf oder auch im Hintergrund beim Erkennen von Gegebenheiten in eurem Umfeld. Der Würfel entscheidet immer über euer Schicksal. Darum ist besonders Wert auf eure Attribute zu legen, denn diese können eure Würfe positiv als auch negativ beeinflussen. Seid euch also bewusst wo eure Stärken und Schwächen liegen und setzt diese gekonnt ein!
Auch der dümmste Schwätzer kann die holde Maid mit ganz viel Würfelglück bezirzen – doch seid euch sicher, der kritische Fehlschlag kommt genau dann, wenn ihr am wenigsten darauf vorbereitet seid!
Angriff ist (manchmal) die beste Verteidigung
Doch egal wie vorsichtig ihr euch bewegt – es ist unvermeidlich, dass in „Baldur’s Gate 3“ gekämpft wird. Eure Initiative – euren Platz in der Kampfreihenfolge – würfelt ihr immer wieder mal aus, manchmal völlig unerwartet wegen einer falschen Reaktion.
Runden-basiert führt ihr dann eure Aktionen, Bonusaktionen und Reaktionen (basierend auf eurer Klasse) aus und werft nur so mit Angriffen, Zaubern und Tricks um euch. Durch die runden-basierte Ausführung der Kämpfe habt ihr jede Menge Zeit zu taktieren, euch zu überlegen wie eure Truppe das Geschehen handhaben will und wo sie sich positionier und bewegt. Das gibt zwar ausreichend Zeit sich auf das Geschehen einzulassen, nimmt aber auch sehr viel Bewegung, Spontanität und Schnelligkeit aus dem Kampf.
Kämpfe in Dungeons & Dragons selbst sind zwar grundsätzlich auch nicht schnell, doch was hier etwas überwältigend sen kann (wenn auch schwierig anders umzusetzen) – ihr müsst in „Baldur’s Gate 3“ alle Teilnehmer eurer Party selbst steuern. Jeder Angriff euerer Truppenmitglieder wird von euch gesteuert, sich wirklich auf seinen eigens erstellten Charakter zu fokussieren und konzentrieren geht also nicht. Stattdessen muss man sich mit allen Klassen und Fähigkeiten vertraut machen, kann sich nicht auf die „Kreativität“ seiner Mitspieler verlassen sondern alle Schritte selbst in die Hand nehmen. Dadurch muss man sich – relativ schnell – ein breites Wissen über alle Fähigkeiten und Möglichkeiten aller Charaktere und verfügbaren Klassen aneignen um diese auch in der Situation sinnvoll einsetzen zu können. Damit machen euch die anderen Partymitglieder den Plan zwar nicht kaputt, aber dafür braucht man schon einiges an Eingewöhnungszeit.
Freund oder Feind
Und wo wir schon bei Partymitgliedern sind – die Truppe an Charakteren die man im Laufe des Spieles so aufsammelt ist, nun ja gewöhnungsbedürftig. Ob man die Charaktere wirklich ins Herz schließt mag an persönlichen Präferenzen liegen, aber gut wer mag schon jeden Fremden den man einfach so auf der Straße trifft. Insbesondere wenn zu Beginn die einzige Gemeinsamkeit ein ekelhafter Parasit im Auge ist. Doch man muss sich eben zusammenraufen, die Truppe akzeptieren wie sie ist um sich vielleicht bis zum Schluss doch noch mit dem ein oder anderen unsympathischen Teilnehmer anzufreunden.
Eine riesige Welt – mit schmalen Wegen
Die Story rund um „Baldur’s Gate 3“ und die Möglichkeiten in welche Richtung diese sich entwickelt sind scheinbar schier unendlich groß! Spürt man bei manchen Entscheidungen schon, dass man hier etwas verändern könnte, so weiß man bei vielen andern wohl noch gar nicht welch gravierende Entscheidungen man gerade getroffen hat.
Was dabei aber auffällt – egal wie groß die Welt und die Weltkarte von „Baldur’s Gate 3“ sind, so begrenzt ist sie dann doch irgendwie. Denn die Wege und Karten fühlen sich dann doch sehr vorgegeben und vorbestimmt an. Da kennt man durchaus schon offenere Welten, zumindest was die Begehbarkeit der Umgebungen angeht.
Looten bis man nichts mehr tragen kann
Gegenstände – ob brauchbar oder nicht – findet man in der Welt von „Baldur’s Gate 3“ zu Hauf. Manche davon wertvoll bis sinnvoll, andere nichts anderes als Müll. Doch auch das herauszufinden bedarf seiner Zeit – und jede Menge Mikromanagement eures Loots.
Da wird im Inventar herumgeschoben was das Zeug hält um ja alle Kapazitäten auszunutzen, wer weiß wofür man auch den unnötigsten Gegenstand irgendwann noch nutzen könnte. Das kann, auf Grund der eher umständlichen Organisation eures Inventars, durchaus mühsam und nervig werden. Gerade wenn man dazu neigt einfach mal alles mitzunehmen – irgendwo leidet man ja doch darunter genau die wichtigen Items sonst zu vergessen.
Technische Kinkerlitzchen
Was „Baldur’s Gate 3“ an Gameplay brilliert, schleichen sich auf der technischen Seite leider ein paar Mankos ein. Wer zuerst einmal keinen wirklichen High End PC daheim hat, bei dem ist es schnell mal vorbei mit dem Spaß. Das Game beansprucht nämlich von den Specs schon ordentlich. Doch nicht nur das, auch InGame hat man ein paar fragwürdige Entscheidungen getroffen.
Das Kamera Handling (am PC) ist so mühsam, dass man oftmals einfach relativ planlos durch die Gegend läuft ohne einen einzigen Schritt voraus zu sehen. Nicht gerade von Vorteil, wenn jeder Schritt eine Falle sein könnte. Hier muss man Herumdrehen, Zoomen, Lenken, Blickwinkel umstellen was das Zeug hält um wirklich den Überblick zu halten. Nicht gerade förderlich für einen angenehmen Spielfluss.
Wirklich fragwürdig sind allerdings die gesetzten Auto-Save Punkte. Diese sind oftmals extrem weit auseinander, wer also zwischendurch vergisst zu Speichern oder einem vielleicht das Game abstürzt, der muss hoffen, dass man nicht einen Großteil des Spieles wiederholen muss. Denn es kann gut und gerne sein, dass der letzte Auto-Save eine Stunde oder mehr zuvor liegt.
Das wäre an sich vielleicht nicht die Tragik, doch in einer Stunde hat man schon ordentlich oft den Würfel entscheiden lassen – hier wieder exakt das gleiche Ergebnis zu erzielen ist also schwieriger als man sich denkt.
Da hilft nichts, außer immer wieder mal einen Quick-Save dazwischen zu spammen – einzig und alleine so kann sichergehen, dass man auch beim nächsten Mal wirklich an seinem Punkt der Geschichte weiter machen kann und nicht bereits den Werdegang verändert.
D&D Original oder fehlt etwas
„Baldur’s Gate 3“ hält sich extrem an die Regeln der 5ten Edition von Dungeons & Dragons! Wer hier ein bisschen forciert ist kommt also super schnell zurecht, auch wenn man das Spielprinzip an sich sowieso schnell gelernt hat.
Doch was zu einer echten und realen Partie von D&D halt dann doch ein bisschen fehlt – ist die echte freie Kreativität. „Baldur’s Gate 3“ tut alles was für ein Videospiel möglich ist um jegliche Möglichkeiten und Varianten abzudecken, da bleibt also kaum ein Wunsch offen. Aber trotzdem sind es manchmal gerade die dümmsten und abstrusesten Sachen in einer realen Partie von Dungeons & Dragons die den Witz und den Spielspaß in der Gruppe ausmachen.
Man kann zwar auch „Baldur’s Gate 3“ noch gemeinsam mit seinen Freunden in einer größeren Gruppe spielen, dann bekommt man zumindest hier ein bisschen mehr „Ungewissheit“ ins Spiel, aber der unendlichen Kreativität mehrerer Köpfe an einem realen Tisch wird ein Videospiel wahrscheinlich nie gerecht werden. Aber wie soll es auch, denn die Möglichkeiten (der Dummheiten) sind unendlich und können schlichtweg nicht alle abgedeckt werden.
Fazit
„Baldur’s Gate 3“ macht alles richtig was ein Rollenspiel richtig machen kann. Die Charaktere, die Welt, die Story sind so bunt, so vielfältig, so individuell und unvorhersehbar wie man es sich nur wünschen kann.
Ob man die rundenbasierte Spielweise mag ist ordentlich Geschmackssache – doch man gewöhnt sich daran wenn man erst einmal die Vorteile davon erkannt hat und sich die erste Überwältigung der Möglichkeiten aller Charaktere verflogen ist. Dann beginnt der Spaß erst, wenn man sich ausprobiert, kreativ wird und andere Lösungsansätze sucht.
— NinaDas Gute
+ geniale Optik, wunderschöne Welt
+ massiver Charaktereditor
+ riesige Story
+ jede Menge Dicerolls
+ Branching Szenarien
+ Wiederspielwert
Das Schlechte
- langsame rundenbasierte Kämpfe
- Kamera Handling (PC)
- Autosave Zeiten
- Mikromanagement von Loot
- wenig Fokus für den eigenen Charakter weil man die gesamte Gruppe leiten und kennen muss