Stimmen aus der Branche – KonzertveranstalterInnen & VenuebetreiberInnen #1
Wie geht's der heimischen Kulturszene?
Seit 10. März befindet sich die heimische Kultur- und Veranstaltungsbranche im Ausnahmezustand. Konzerte, Vorstellungen, Partys und Ähnliches dürfen bis auf Weiteres nicht mehr stattfinden. Zunächst ging es nur um Veranstaltungen über 100 Menschen, doch seit Montag, dem 16. März 2020, bleiben alle Venues und Clubs ausnahmslos geschlossen. Dass diese wichtige Sicherheitsmaßnahme tief greifende Auswirkungen auf die gesamte Branche hat und im schlimmsten Fall existenzbedrohend werden könnte, sei hier nur der Form halber noch einmal erwähnt. Doch wie geht es den Kulturschaffenden Österreichs seit dem Cultural Shutdown?
Wir haben bei Konzert- und Party-VeranstalterInnen, PromotorInnen, LabelbetreiberInnen, Venue- und ClubbetreiberInnen, ManagerInnen und KünstlerInnen nachgefragt und bereits einige Antworten bekommen, die dem Ernst der Lage mit Realismus, Hoffnung, Durchhaltevermögen und Optimismus begegnen. Weitere Updates und Stellungnahmen folgen.
Filip Potocki – Arcadia Live
Wie geht‘s euch?
Uns geht’s den Umständen entsprechend. Danke der Nachfrage. Wir befinden uns – wie alle – gerade in einer Situation, die wir so noch nicht hatten. Aber wir sind zuversichtlich, diese Herausforderungen gemeinsam zu meistern.
Wie wirkt sich die derzeitige Situation auf euren Alltag aus?
Wir von Arcadia Live arbeiten seit letztem Donnerstag alle von zuhause aus. Wir haben unsere Festnetztelefone umgeleitet, es werden also alle Anrufe und Mails wie gehabt bearbeitet. Und wir sind erreichbar. Natürlich kann es momentan zu Verzögerungen kommen, da aufgrund von Covid-19 viel zusätzliche Arbeit auf uns zugekommen ist. Aber es werden in den nächsten Tagen sukzessive alle Anfragen beantwortet werden.
Welche Maßnahmen musstet ihr bereits ergreifen?
Glücklicherweise sind wir Teil eines internationalen Unternehmens und in stetem Kontakt mit unseren KollegInnen außerhalb Österreichs. Dieses Konzertveranstalternetzwerk ermöglicht es uns, über Landesgrenzen hinweg den bestmöglichen Umgang mit der Situation zu evaluieren. Wie wir via Social Media & Co seit letzter Woche immer wieder betonen: Besondere Zeiten erfordern besondere Maßnahmen! Um die Ausbreitung des Corona-Virus Covid-19 einzudämmen, wurden von der österreichischen Bundesregierung drastische, aber wichtige Maßnahmen gesetzt. Der Erlass betrifft aktuell alle Events bis Anfang April. Generell gilt, dass wir gemeinsam mit den KünstlerInnen mit Hochdruck an Nachholterminen arbeiten. Falls sich das nicht ausgeht, müssen wir leider auch Konzerte absagen. Information und Kommunikation sind für uns momentan wichtiger denn je. Die Konzertgeherinnen und Konzertgeher haben aktuell viele Fragen, wie es um ihre Lieblingskonzerte steht. Wir versuchen hier, ein offenes Ohr zu haben und bestmöglich weiterzuhelfen. Doch nicht nur im Hinblick auf unsere KundInnen, sondern auch intern nimmt der Informationsaustausch eine tragende Rolle ein. Wir bringen unsere MitarbeiterInnen immer auf den letzten Stand der Dinge und liefern in unseren regelmäßigen Online-Meetings Updates zum aktuellen Status Quo. Und auch die verschiedenen Teams stehen in engem Kontakt. Das Teamwork funktioniert wunderbar.
Angenommen die Situation bleibt so, wie lang könntet ihr das finanziell durchhalten?
Wir arbeiten gerade an verschiedenen Konzepten, den finanziellen Schaden so gering wie möglich zu halten. Niemand weiß, wie lange die aktuelle Situation, die von der Regierung auferlegten Maßnahmen, tatsächlich erfordert. Deswegen wollen wir uns erst mal nicht auf Spekulationen einlassen. Bitte um Verständnis, dass wir hier erst mal keine weiterführenden Aussagen treffen können.
Wie blickt ihr in die Zukunft?
Hoffend und optimistisch.
22.08.2019 Rammstein, Ernst-Happel-Stadion
(c) Nadine Papst
Muff Sopper – Planet Music
(c) Sabine Hauswirth
Wie geht’s euch?
Relativ beschissen. Wir haben im März 35 Veranstaltungen verloren, und wie es weitergeht – auch in Hinblick auf Maifest und Donauinselfest – weiß keiner.
Wie wirkt sich die derzeitige Situation auf euren beruflichen Alltag aus?
Es gibt keine Veranstaltungen und es ist auch kein Ende der Sperre abzusehen. Wir haben daher nur einen Rumpfbetrieb, Planung, Verschiebungen und Buchhaltung. Es gibt daher keinen beruflichen Alltag mehr.
Welche Maßnahmen musstet ihr bereits ergreifen?
Die mit o.a. nicht befassten MitarbeiterInnen werden rückwirkend ab dem 10. März zur Kurzarbeit angemeldet.
Angenommen die Situation bleibt so, wie lang könntet ihr das finanziell durchhalten?
Da wir unseren Betrieb bzw. unsere Betriebe Planet, ((szene)) und Verein VÖM stabil aufgebaut haben, sollte ein Durchhalten bis maximal Ende des Sommers auch bei Ausfall von Maifest und Donauinselfest möglich sein bzw. unsere Existenz nicht gefährdet sein, wenn die öffentlich zugesagten Kurzarbeits- und wirtschaftlichen Unterstützungsmodi halten. Darüber hinaus denken wir derzeit noch nicht.
Wie blickt ihr in die Zukunft?
Es gibt ein Leben nach Corona.
25.02.2020 Papa Roach, Gasometer
(c) Thomas Ranner
Peter Hanzl – Arena Wien
Wie geht’s euch?
Uns geht es genau so wie den meisten Betrieben: sehr schlecht. Zusätzlich zur beruflichen Sorge kommen auch noch andere dazu: Man sorgt sich um Kollegen, die ja größtenteils auch Freunde sind, man hat Angst vor möglichen Kündigungen oder sogar einer möglichen Schließung, und man sorgt sich auch um die Kollegen: Musikerinnen und Musiker, Bands, Veranstalter, Kulturbetriebe usw., denen es gerade genau so geht wie uns.
Wie wirkt sich die derzeitige Situation auf euren beruflichen Alltag aus?
Wir haben sehr schnell auf Homeoffice umgestellt und das Büro geschlossen, weil wir der Meinung sind, dass jetzt die Zeit gekommen ist, um solidarisch und verantwortungsvoll zu handeln. Je ernster wir die Situation jetzt nehmen und dagegen ankämpfen, desto schneller können wir sie lösen und wieder zu unserem gewohnten Alltag zurückkehren. Ich hoffe, die Menschen da draußen begreifen den Ernst der Lage und ziehen mit! Sonst wird noch komplizierter, als es ohnehin schon ist.
Welche Maßnahmen musstet ihr bereits ergreifen?
Neben dem schon erwähnten Homeoffice-Betrieb haben wir alle Konzerte der nächsten Wochen abgesagt bzw. wenn möglich verschoben – auch über den 3. April hinaus, denn wir denken, es ist unrealistisch, dass dann schon wieder gespielt werden darf. Ich fürchte, das wird sich noch monatelang ziehen. Das ist meine persönliche Meinung. Für die größeren Konzerte reserviert man sogar mehrere mögliche Termine, damit die Spielpause so kurz wie nur möglich gehalten werden kann. Parallel dazu versucht man Strategien zu entwickeln, wie man irgendwie durch diese Krise tauchen kann. Man erstellt Konzepte, erarbeitet Maßnahmenkataloge und versucht, so gut es geht, für die Zukunft zu planen. Dazu gehört auch das Buchen von neuen Konzerten, was sich gerade sehr seltsam anfühlt.
Angenommen die Situation bleibt so, wie lang könntet ihr das finanziell durchhalten?
Wir haben hohe laufende Kosten wie Löhne, Steuern, Gas/Strom usw. und bis auf Weiteres keine Einnahmen. Lange hält man das nicht durch ohne fremde Hilfe.
Wie blickt ihr in die Zukunft?
Die kurze Antwort lautet: ungewiss. Aber man versucht, positiv zu bleiben, und hofft, dass ein Ruck durch die Bevölkerung geht und dass so etwas wie ein neues Zusammengehörigkeitsgefühl entsteht. So was kann unglaublich viel Kraft geben und Energie erzeugen. Wenn alle mitziehen, schaffen wir das und alles wird gut. Das wird auch notwendig sein, damit so viele Menschen (und Betriebe) wie möglich unbeschadet da wieder rauskommen.
06.11.2019 Airbourne, Arena Wien
(c) Thomas Ranner