Immer positiv bleiben
Sum 41 im Interview
Das härteste Album bisher – Worte, die in der Musikindustrie oft einfach so dahingesagt werden. Nicht so bei Sum 41, denn ihr neuer Langspieler „Order In Decline“ überrascht mit ungewohnter Härte und stellt damit angeblich das kritischste und persönlichste Werk des kanadischen Punk-exports dar. Neben der neuen Platte waren deshalb auch Gesellschaftskritik, Vergangenheitsorientierung, (Nicht-)Aufgeben und das Vintage-Revival der Kassette Thema im Gespräch mit Mastermind Deryck Whibley.
Auf eurem aktuellen Album setzt ihr euch vor allem mit den negativen Geschehnissen und Umständen unserer Zeit auseinander. Steht es wirklich schlechter um unsere Welt als beispielsweise vor 20 Jahren? Vor 20 Jahren?
Ja, es wirkt tatsächlich so, als wäre jetzt alles schlechter. (lacht) Es ist für mich aber schwer zu sagen, ob die Dinge wirklich schlechter sind oder ob es nur so wirkt. Egal, welches der beiden Szenarien der Fall ist, allgemein ist die Gesamtsituation hoffentlich nicht so schlecht, wie sie momentan scheint. Doch die Spannungen in der Welt und die Dringlichkeit der Probleme sind definitiv schlimmer als noch vor einigen Jahren.
Wie gesund oder ungesund ist es in diesem Zusammenhang, sich an der Vergangenheit zu orientieren?
Die Geschichte wiederholt sich definitiv immer wieder, aber ich denke, dass wir nicht bewusst versuchen sollten, uns nur an dem Vergangenen zu messen – das ist auch nicht gut. Das Geschehene ist so, wie es ist. Ich persönlich versuche aber, das Beste aus dem Hier und Jetzt zu machen.
„Order In Decline“ wird als euer persönlichs-tes und kritischstes Album bisher gehandelt, doch meiner Meinung nach wart ihr immer schon persönlich wie kritisch in euren Lyrics. Was hat die neue Platte für euch aber auf das nächste Level gehoben?
Um ehrlich zu sein, weiß ich das gar nicht. Für uns ist jede Veröffentlichung auf ihre eigene Art und Weise persönlich. Kritisch zu sein ist für uns außerdem einfach selbstverständlich – besonders wenn man sich anschaut, was in der Welt so passiert. Daher denke ich, dass es sehr darauf ankommt, was einfach in dem Moment bei uns oder bei mir als Privatperson so geschieht, und ob das die Leute überhaupt interessiert oder nicht. Es liegt also bei den Hörern, wie sie unsere Musik interpretieren.
In „Turning Away“ singst du vom Aufgeben und „Nicht mal mehr Versuchen Wollen“. Hast du Tipps, wie man vermeiden kann, sich so zu fühlen? Oder zumindest, wie man wieder hochkommt?
Ich denke nicht, dass ich jetzt schon bereit zum Aufgeben bin. Doch es gibt einfach Momente, in denen es scheint, als könnte man nicht mehr weiter, als könnte man gar nichts mehr machen – und diese spiegeln sich in diesem Song wider. Wie man das vermeidet, weiß ich leider auch nicht. Manchmal muss man diese Situationen einfach akzeptieren, trotzdem weitermachen und versuchen, so positiv wie möglich zu bleiben. Ich glaube fest daran, dass es immer positive Energie in der Welt gibt und man manchmal einfach mit einer „Auch das wird vorbeigehen“-Einstellung weiterkämpfen muss.
Stichwort „Out For Blood“ … Was bringt dein Blut so richtig zum Kochen?
Um mich so wirklich wütend zu machen, braucht es schon eine ganze Menge. Ich weiß nicht einmal, was es genau sein müsste. Ich denke, am ehesten sind es Personen, denen du voll und ganz vertraust, und die dich dann hintergehen oder ausnutzen.
„If you’d read my mind, you‘d know just how far I’d go …“ – Wie denkst du, würde sich die Welt verändern, wenn wir die Fähigkeit besäßen, die Gedanken anderer zu lesen?
Ich denke, dass die Welt sich ziemlich sicher nicht verbessern würde. Aller Wahrscheinlichkeit nach wäre alles viel, viel schlimmer. (lacht)
Und was wäre, wenn die Menschen nicht lügen könnten?
Dieselbe Geschichte! Die Dinge würden sich meiner Meinung nach sehr schlecht entwickeln. Einfach nur, weil es so viele böse oder niederträchtige Menschen gibt, deren Gedanken ich sowieso nicht kennen möchte.
Hast du eigentlich noch einen Kassettenspieler zuhause?
Ich habe noch einen, ja.
Ist das auch der Grund, wieso ihr „Order In Decline“ auch als Kassette veröffentlicht habt?
Zum Teil, ja. Ich denke, dass es möglich ist, dass Kassetten als Vintage-Objekte ein Revival feiern – so wie es bei Vinyl war. Doch darüber hinaus ist es einfach nur ein kleines Extra. Ich bin mir nicht sicher, ob sich die Leute das Album wirklich auf Kassette anhören werden, aber ich fand die Idee einfach cool.
Wir auch! Welche Bands wären auf deinem idealen Vintage-Kassetten-Mixtape?
Ich höre gerne Tom Petty, Aerosmith, Rolling Stones, Elvis Costello, Frank Sinatra, AC/DC – die würden da raufkommen.
Ihr spielt diesen Sommer noch auf einigen Festivals. Hast du zum Abschluss noch ein paar Festivaltipps für eure Fans?
Ich würde nicht zu bald zu viel trinken. (lacht) Das geht meistens schlecht aus, aber passiert, glaube ich, sehr oft. Die Leute wollen einfach Party machen – was auch total in Ordnung ist – aber wenn man dann am frühen Nachmittag schon halb bewusstlos rumliegt, verpasst man eben die ganzen Bands. Sollte euch das allerdings bei Sum 41 passieren, so seid beruhigt, wir kommen garantiert bald wieder! Nach kleinen, intimen Gigs und Festivalshows folgt nämlich garantiert bald eine große Tour zu „Order In Decline“. We’ll be back!