Die Göttin der Morgenröte
Lylit im Interview
Dass man es im Musikbusiness nicht immer leicht hat, davon kann Eva Klampfer aka LYLIT ein Lied singen. Und das macht sie auch endlich wieder. Im Frühjahr präsentierte sie ihre neue EP „Aurora“, rechtlich bedingt ihr erster Release seit Jahren. Über gerade diesen Neubeginn, Frauen im Musikbusiness und ihre Zusammenarbeit mit Conchita Wurst haben wir mit der sympathisch direkten Sängerin gesprochen.
Mit „Aurora“ definierst du dich neu. Wie würdest du die neue LYLIT beschreiben?
Aurora ist die römische Göttin der Morgenröte. Wie darf man den EP-Titel im Kontext der letzten Jahre und der Schwierigkeiten mit deinem damaligen Label verstehen?
Du fühlst dich ja mit der mythologischen LYLIT mehr verbunden als mit Eva. Wie oft müssen Frauen im Musikbusiness (oder auch im Alltag) ganz aktiv ein Art Alter Ego wählen, um anders wahrgenommen werden?
Wie sehr denkst du, spielt auch das Aussehen dabei eine Rolle?
Leider spielt unser Aussehen noch immer eine viel zu große Rolle. Diesbezüglich haben wir noch eine weite Reise vor uns.
„Cover me (in) WITH all your skin“ – wie oft hat man bei all dieser Präsentation nach außen dann auch mal das Bedürfnis, sich hinter etwas/jemandem zu verstecken?
Ich gebe sehr viel preis – viele meiner Gedanken und Erlebnisse finden sich in meinen Texten wieder. Ein wirkliches Bedürfnis, mich hinter jemandem zu verstecken, habe ich nicht. Ich war schon immer extrovertiert und liebe den Austausch mit anderen Menschen. Ob das jetzt als Sängerin mit dem Publikum oder im Gespräch mit meinen Freundinnen passiert, fühlt sich sehr ähnlich an.
Apropos LYLIT und Eva … angeblich hatte Eva Angst vor der „gefährlichen“ LYLIT , die wiederum der „braven“ Eva misstraute. Wie steht es deiner Meinung nach um die weibliche Solidarität in der heimischen Branche?
Ich bin fest davon überzeugt, dass wir Frauen uns verbünden sollen. Für mich ist nichts nährender als die Treffen mit meinen Kolleginnen. Wir sind eine Gruppe verschiedener Sängerinnen, die sich ohne Konkurrenzdenken gegenseitig unterstützt und füreinander da ist. Ich empfinde also sehr viel weibliche Solidarität in der heimischen Szene. Wir haben auch echt unglaublich gute Künstlerinnen in diesem Land.
„We got the key in our hands now“ – Was ist für dich der Schlüssel zum tatsächlichen Empowerment im Musikbusiness und im Alltag?
Verbünden und Weitermachen. Je mehr Frauen in der Öffentlichkeit präsent sind, desto stärker wird sich das auf die nächste Generation auswirken. Ich glaube fest an Vorbildwirkung.
„Giving away my space for free. Caring for your needs rather than for mine.“ – Als Frau tendiert man tatsächlich oft dazu, die eigenen Bedürfnisse zurückzustellen. Das kenne ich von mir selbst nur zu gut. Wie hast du persönlich dieses Muster durchbrochen? Gab es vielleicht Schlüsselmomente?
Ich habe einfach gemerkt, dass ich durch meinen Wunsch, alle glücklich machen zu wollen, gar nicht mehr gespürt habe, was ich denn selber will. Plötzlich ist mir regelrecht meine gesamte Energie abhandengekommen und ich war immerzu müde. Manchmal ist es wirklich schwer, sich den eigenen Themen und Fragen ehrlich zu stellen. Wie soll sich mein Leben tatsächlich gestalten? Will ich wirklich glücklich sein oder definiere ich mich bereits durch meine Opferrolle? Mir haben Meditation, Gespräche und meine Freundinnen sehr geholfen. Ein soziales Netz ist meiner Meinung nach unabdingbar im Leben.
2018 hat dich Conchita als alleinige Komponistin ihres nächsten Albums engagiert. Wie schwierig oder leicht ist es, für und mit anderen zu schreiben und eventuell deren persönliche Geschichten zu verarbeiten?
Die Arbeit mit Conchita und dem Produzenten Albin Janoska war wunderschön. Man könnte fast sagen, dass wir uns im Entstehungsprozess dieses Albums regelrecht gefunden haben. Ich habe Conchita oft interviewt und viele Fragen gestellt, damit ich ein Gefühl für ihren momentanen Zustand und die dazugehörigen Themen bekomme. Wir wissen jetzt wirklich viel voneinander. Da sie so offen war, war es nicht schwer, mich in sie hineinzuversetzen. Ich habe in diesem Prozess viel gelernt – was für eine schöne Reise!