Kopf-Los

Überschallspeibdüse

Science Busters #74

Warme Frühlingsnächte wecken das Verlangen nach kollektiven Alkoholexzessen unterm Sternenhimmel. Dabei demonstriert die Speiseröhre gerne, dass sie hervorragend in beide Richtungen funktioniert. Leider übergeben sich die meisten wie totale Amateure. Für einen Weltrekord im Weitspeiben braucht man die Physik.

In der Wissenschaft ist oftmals unklar, welchem Zweck die gewonnenen Erkenntnisse eines Tages dienen könnten. Als der Mathematiker Daniel Bernoulli im 18. Jahrhundert seine Gleichungen zur Berechnung von Strömungen aufstellte, hatte er dabei vermutlich nicht die Herleitung der idealen Speibdüse vor Augen.

„WIR HINGEGEN SCHICKEN DEN MAGENINHALT EINFACH DORTHIN ZURÜCK, WO ER HERGEKOMMEN IST UND DIE WISSENSCHAFT KANN UNS VERRATEN, WIE UNS DAS BESONDERS SPEKTAKULÄR GELINGT.“

Erbrechen genießt keinen guten Ruf, dabei kann es etwas Wunderschönes sein. Immerhin schützt es uns vor Vergiftungen und wir können uns glücklich schätzen, dass wir diese Gabe besitzen. Andere Tiere wie beispielsweise Pferde haben da weniger Glück. Essen die etwas Falsches, fallen sie einfach tot um. Wir hingegen schicken den Mageninhalt dorthin zurück, wo er hergekommen ist und die Wissenschaft kann uns verraten, wie uns das besonders spektakulär gelingt. Klar, die Bernoulli-Gleichung erklärt, warum Flugzeuge fliegen und Häuser bei Sturm ihre Dächer verlieren, aber zur Festivalsaison ist das von sekundärer Relevanz. Grob gesagt beschreibt die Gleichung, dass sich die Fließgeschwindigkeit einer Flüssigkeit erhöht, wenn sich der Durchmesser der Austrittsöffnung verkleinert. Um mit einem scharfen, präzisen Strahl beim Erbrechen beeindruckende Weiten zu erzielen, müsste man die Lippen zu einer engen Düse formen.

Intuitiv machen das die meisten Menschen jedoch falsch und übergeben sich mit weit geöffnetem Mund. Bestenfalls versuchen sie, mit der Zunge eine kleine Schanze zu formen, doch für Medaillenchancen reicht das bei Weitem nicht. Spitzt jemand vor einem die Lippen, hat man deshalb eine 50/50 Chance, einen Kuss zu bekommen oder Zeuge eines vorbildhaften Weitspeibereignisses zu werden.

„SPITZT JEMAND VOR EINEM DIE LIPPEN, HAT MAN EINE 50/50 CHANCE, EINEN KUSS ZU BEKOMMEN ODER ZEUGE EINES VORBILDHAFTEN WEITSPEIBEREIGNISSES ZU WERDEN.“

Nimmt man die Sache jedoch wirklich ernst und möchte sich beim Erbrechen an die Grenzen der Physik herantasten, muss man etwas Entscheidendes berücksichtigen. Dieses Verhältnis – dass die Fließgeschwindigkeit steigt, wenn der Durchmesser der Austrittsöffnung sinkt – kehrt sich um, wenn sich die Fließgeschwindigkeit der Schallgeschwindigkeit annähert. Dann steigt sie nämlich mit dem Durchmesser der Austrittsöffnung. Man kennt das von der Düsenform von Überschallflugzeugen oder Raketen, die sich zuerst verengt und danach wieder auseinandergeht. Auf den Menschen übertragen würde das bedeuten, um eine Überschallspeibdüse zu formen, müsste man die Lippen erst zusammenpressen und dahinter wieder erweitern. Also eigentlich das klassische Duckface nachahmen, das sich auf Instagram so großer Beliebtheit erfreut.

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