Wer kann, der kann: Snacky Mike, Peter Horazdovsky, One Earth und Maurice Ernst von Bilderbuch brechen mit ihrem neuen Album die traditionellen Regeln der kommerziellen Musikindustrie und veröffentlichen ohne große Vorankündigung bzw. Promotion ihren nächsten Geniestreich „Mea Culpa“. Frohe Weihnachten!
2019 folgt ein weiterer Langspieler – „Vernissage My Heart“ – der fantastischen Vier aus Oberösterreich mit Lebensmittelpunkt Wien. Apropos 2019 und Wien: Das im Gegensatz zum neuen Album schon lang angekündigte Konzert in Schönbrunn im Mai nächsten Jahres ist bereits jetzt so gut wie ausverkauft. Wer kann, der kann!
Doch was kann das frische Material von Bilderbuch überhaupt? Liebe Liebe! „Mea Culpa“ steht nicht für den nächsten „Bungalow“ oder eine Residenz in den Ö3-Charts. Hier geht es um Gefühle – von Anfang bis zum Schluss. Mit ihrer künstlichen Intelligenz bzw. intelligenten Kunst verschmelzen Ernst und Konsorten die Realität mit dem Digitalen. Gibt es hier überhaupt noch einen Unterschied? Herzen brechen auf der Suche nach Liebe, das Internet dient als Ersatzreligion und schwarze Displays verursachen Wohlstandkindern mehr Stress als dunkle Smogwolken.
Nur zur Erinnerung: Der Klimawandel passiert tatsächlich. Aber wenn im Megaplex irgendwann die Lichter ausgehen, steht die Welt sowieso nicht mehr lange. In einer Galaxie ohne Stars helfen sowieso nur noch Sandwishes. Oder Aloe Vera!
Ob die Lyrik von Schwarzhaarschönheit Maurice Ernst tiefe Einblicke in sein Innenleben gewähren, seiner Memory Card entsprungen ist oder uns allen nur den Zeitgeist vor die Nase spiegelt bzw. in die Gehörgänge transportiert, bleibt freie Interpretationssache. Fakt ist, dass es dem starken Anführer und seinen nicht minder begabten Bandkollegen wieder einmal gelungen ist, mit einer ganz speziellen Soundkreation in Hirnrinden vorzudringen, wo Musik lebenslänglich hängen bleibt. Sogar auf Denglisch!
Die kurze Albumlänge spielt keine Rolle, auf die Technik kommt es an. Wie beim Tennis! Ruhiger, aber wesentlich verspielter als noch in Zeiten von „Schick Schock“ oder „Magic Life“ strahlen die neuen Songs in der dunklen Jahreszeit wie tausende LED-Screens in den Auslagen von Elektronikfachgeschäften. Da bleibt nur noch eins zu wünschen: Frohe Weihnachten!
— Philipp Heinkel