The Notwist
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- The Notwist
Erinnern wir uns: Kurs auf Uma. Abenteurer am Schienenstrang. Mit vollen Segeln… im Abendprogramm unserer Kindheit vermochten bereits die Titel der Kapitel einen Fahrtwind zu entfachen, in dessen Lauf wir uns auf ewig legen wollten. Seite an Seite mit Albatrossen, Möwen und anderen Seglern. Über einem Dreimaster kreisend, Zeugen unseres eigenen Abenteuerfilms, die Mannschaft an der Takelage im Blick. Im Wogen der Wellen. Im Sturm und Drang von Trommelfellen. Dazu der Klang von Schalt- und Wendekreisrotoren, von Marimba und Kajüten Holz, von Musik im Fernglas. Und wäre das Schiff auch nur ein Robbenfänger namens „Ghost“ gewesen, in einer verfilmten Erzählung von Jack London, in der wir uns von lauter Schurken umgeben wähnten – für die Dauer eines Abends wäre die Flucht gelungen. Seit nunmehr drei Dekaden sind die Brüder Markus und Micha Acher in zahlreichen Inkarnationen und Interaktionen mit der Weilheimer und anderer Szenen wie auf Schnellbooten unterwegs – The Notwist bleibt das konstante Mutterschiff. Das vorliegende Album ist nun das Dokument der Live Umsetzung mit Andi Haberl, Max Punktezahl, Karl Ivar Refseth und Cico Beck, und das Dokument eines Abends: Aufgenommen am 16. Dezember 2015, dem zweiten von drei ausverkauften Abenden im ehemaligen Lichtspielhaus UT Connewitz zu Leipzig, ist „Superheroes, Ghostvillains & Stuff“ ein hautnahes Konzerterlebnis in Triple Vinyl – und gleichzeitig das definitive The Notwist Album. Bis auf eine Reminiszenz an die lauten Jahre – „One Dark Love Poem“ vom Album „Nook“ – speist sich das Programm aus den drei Alben Neon Golden, „The Devil, You + Me“ und „Close To The Glass“, und scheut sich nicht, die Hits zu liefern. Die sich allerdings organisch erweitert und neu interpretiert zu einer, im wahrsten Sinne, lebendigen Erzählung aufschwingen und, auch dank der konzertierten Abmischung von Olaf Opal, die bisherige Studioarbeit mitunter sogar überflügeln.
Beim Hören von „Superheroes, Ghostvillains & Stuff“ glaubt man, die Evolution der Songs wie in einem barocken Triptychon beobachten zu können. Zunächst als Wimmelbild, erleben wir diese Musik in seiner Gesamtheit als eine Möbiusschleife, die kein Oben und kein Unten kennt, kein innen und kein Außen, weil ihr Außen das Innen und ihr Innen das Außen zugleich ist. Es ist eine Musik der Verschränkung und Versöhnung. Der auf Breitwand expandierte Pop und der experimentell krautige Jazz, der Geist der Aufklärung und die Verspieltheit des Barock, Minimal Music und die Avantgarde der Moderne, Dubverfahren und Hip Hop Techniken bis hin zu House Music – sie alle versöhnen sich hier in einer elegisch romantischen Verschränkung. Am Ende sind die Geister der Songs entfesselt, und die Band hat sich freigespielt. Der Albumtitel ist übrigens aus einem Songtext herausgeschnitten, aus Kong, dem Credo von Markus Acher. Wasser tritt in diesem Song zunächst als Motiv der Bedrohung auf – als eine Kraft, die von außen auf ein Haus wirkt, bis es fortgeschwemmt wird – doch werden die Momente des Schreckens, eben aufgrund des fluiden Charakters des treibenden Wassers, in ihrer Melodieführung als hoffnungsvoller Aufbruch geschildert, von einer Musik getragen, die schließlich in euphorische Abenteuerlust mündet.
Und da ist es dann, dieses Kolumbusfeeling, dieser Entdeckergeist! Die Schiffsbesatzung schmeißt sich in die Takelage, mit vollen Segeln, den Kompass auf Expeditionskurs, den Osten im Westen vermutend, und vice versa. Das Abenteuer Musik geht weiter! Pico Be (Das Weiße Pferd)