- Jennifer Rostock
Spätestens in Zeiten, in denen es bunt durch die weißen Ärmel unserer Versicherungsberater schimmert, sollte klar sein, dass es bei Jennifer Rostock um mehr geht als Tattoos und Metall im Gesicht. Mit 9 Jahren Bandgeschichte, 5 Alben, Live-DVD, Ochsentouren auf’m Buckel und ner Menge Festivaldreck an den Sohlen hat die Band jeden Zweifler an ihrer Existenzberechtigung aus der Umlaufbahn katapultiert. Ihr Weg hat sie über Scheißfrisuren, Kaugummipop-Experimente, über Bühnen jeden Ausmaßes, quer durch die Kneipen ihrer Wahlheimatstadt Berlin an einen durch Renitenz und Selbstbestimmheit geprägten Ort geführt, in dem sie ihre Nische für sich selbst kreiert haben. Jennifer Rostock haben nicht nur was zu sagen, sie tun es auch. Das neue Label, das neue Management, der Sprung ins kalte Wasser und das anschliessende Schütteln, das alles mündet nun in einer Platte, die radikaler nicht sein könnte. Das fünfte Album heisst „Genau in diesem Ton“ (09.09.) und ist ein Musik gewordenes Pamphlet. Ein Plädoyer für den Mut, in sich hineinzuhören, sich auszuprobieren, sich so zu lieben wie man ist, um es dann umso lauter herauszuschreien, („Baukräne“, „I love you, but i’ve chosen Dispo“). Ein Nuklearangriff auf die nimmersatten Nörgler der Nation (‚Irgendwas ist immer“). Ein kackender Möwenschwarm über dem Schilderwald aus Verhaltensmustern, Etikettierungen und vermeintlichen No-Gos (‚Neider machen Leute‘). „Kann man liken, kann man lassen.‘
Jennifer Rostock brettern mal wieder raus, was ihre Welt bedeutet und damit sind sie nicht allein. Offensichtlich…und zum Glück. Um die Band zu lieben muss man halt ein bisschen rausschwimmen aus den seichten Gewässern und sich auf Wellengang einrichten. Aber wenn man ruhig weiteratmet, bleibt man ganz von alleine oben. Lasst die Schwimmflügel zuhause, Habt Vertrauen. Darum geht es. Es lohnt sich.