Shadow of the Attack on Titan Colossus light – Extinction
Extinction hat auf dem Papier die allerbesten Voraussetzungen. Kämpfe gegen 45 Meter hohe Giganten, die ihr mit eurem Helden fachgerecht auseinandersäbelt, ein cinematischer Trailer, der im besten Sinn an Attack on Titan erinnert– das lässt hoffen. Im Test zeigt sich jedoch, dass die Langzeitmotivation bei weitem nicht die Größe der Hauptgegner erreicht.
Wenns groß, grün und außerdem behaart ist wie ein Ork, dann ist es wohl ein Ork. Der Name dürfte aber markenrechtlich zu teuer gewesen sein, deswegen heißen die Gegner in Extinction Ravenii. Die Riesen greifen gemeinsam mit ihren Schergen in Normalgröße die Menschen an, die am Verlieren sind. Ihr spielt Avil, der gemeinsam mit seiner magisch begabten Partnerin Xandra das letzte Bollwerk der Menschheit gegen die Ravenii darstellt.
Das Spielprinzip: Ihr lauft durch zufällig erstellte Dörfer, erledigt dort die kleinen Gegner und rettet so viele von den namenlosen Einwohnern wie möglich. Damit füllt ihr eine Energieleiste auf, sobald die voll ist, könnt ihr den großen Ravenii an den Kragen, und zwar wortwörtlich – das Ziel ist es, diesen den Kopf abzutrennen, nur so können diese getötet werden. Das Ganze am besten, bevor die Horden das jeweilige Dorf zerstört haben, denn das führt zur automatischen Niederlage.
Die erste Stunde macht dann auch richtig Spaß, Avil steuert sich flott durch den Trümmerhaufen und erreicht mit Wandlauf und Kletterseil auch schnell große Höhen. Die Ravenii sind außerdem von verschiedenen Arten von Rüstung geschützt, als taktische Variante bietet sich auch an, die Gliedmaßen einzeln abzutrennen. Und wenn ihr das erste Mal erfolgreich seid und der Gigant unter euch zu Boden geht, kommt kurz ein Triumphgefühl auf, das selbst „Attack on Titan“ stellenweise nicht ganz so hinbekommt. Xandra bleibt dabei eine Stimme aus dem Off, im Spiel selbst taucht sie nicht auf.
Leider ist es das auch schon. Die komplette Kampagne von Extinction ist eine Variation dieses Grundprinzips, mehr Abwechslung kommt nicht dazu. Nach einem furiosen Beginn lässt der Spielspaß sehr schnell spürbar nach. Als Langzeitmotivation dient höchstens eine Online-Rangliste, aber auch die ändert nichts am Spielablauf an sich.
Stattdessen fallen bei längerem Spielen immer mehr Unreinheiten auf: Die Kameraführung sorgt gerade beim Kampf gegen die riesigen Gegner oft für unfreiwillige Tode, denn einen guten Schnitt zu setzen, fällt sehr, sehr schwer, wenn die Perspektive spontan das Innenleben des Riesen zeigt. Die Ravenii hauen außerdem so heftig zu, dass ein Treffer schon zum Bildschirmtod führen kann, ausweichen ist kaum möglich. Avil wird zwar sofort danach wiederbelebt, dennoch sorgen diese Verzögerungen für massig Frust, weil die Ravenii im Hintergrund weiter munter das Dorf demolieren. Genauso frustig werden die anfangs spaßigen Kletterpassagen, denn oft genug bleibt Avil an Kanten hängen oder will jetzt partout diese eine Wand nicht hochlaufen, sondern lieber daneben ins Leere springen.
Als große Enttäuschung entpuppt sich auch das Setting an sich. Horden von Monstern, die die Menschheit angreifen, verängstigte Dörfler, die um ihr Leben bangen – da wäre viel Potential für eine bedrohliche Atmosphäre. Der smartphonespielartige Grafikstil passt allerdings kaum dazu und die ewig gleichen Dörfer ohne große Abwechslung wirken auch eher wie eine leere Filmkulisse denn wie etwas, was sich jetzt zu retten lohnt. Dazu kommt, dass fast die komplette Story über winzige Textkästen mit Bild des jeweils gerade Sprechenden abgewickelt wird. Dadurch kommt kaum Nähe zu den Protagonisten auf, höchstens die Sticheleien zwischen Avil und Xandra sorgen ab und an für Schmunzler.
Fazit
Extinction bleibt ein nettes Häppchen für zwischendurch mit teils schweren Fehlern und wenig Langzeitmotivation. Was allerdings tatsächlich gefährlich nahe an der Grenze zur Frechheit vorbeischrammt, ist die Tatsache, dass es sich hier um ein Vollpreisspiel handelt. Für rund 60 Euro sollte eindeutig mehr drinnen sein – denn AAA ist hier kaum etwas. Wer sich daran nicht stört und einfach nur für kurze Zeit das Gefühl genießen will, gegen übermächtige Gegner zu gewinnen, der ist bei Extinction richtig, denn als Riesenschnetzlerei kann das Spiel für kurze Zeit durchaus motivieren.
— Paul