Als die „Tz, Ka“-EP 2015 für Furore sorgte, wurde die Geschichte des Stimmverlustes ihres Urhebers immer wieder thematisiert, ebenso wie die Wachstumsschmerzen, die überhaupt erst zur musikalischen Identität von Inner Tongue führten. Dem Debütalbum des Wieners eilt nun zum Glück keine neuerliche Leidensgeschichte voraus.
Stattdessen konnte sich Inner Tongue in den vergangenen drei Jahren vollends darauf konzentrieren, den damals definierten Soundkosmos subtil expandierend zu erforschen. „Favours“ nimmt also den soulig aus der Festplatte entsprungenen Pop von nah verwandten Künstlern wie James Blake oder SOHN und denkt ihn sehnsüchtig als organischen Eklektizismus-Schmelztiegel weiter. „2 Seconds“ schielt dafür vage Richtung Grizzly Bear und bringt die hauseigene Wohlfühlzone in eine zauberhafte Schräglage. „Dig Deeper“ steigt aus einer wattierten Tame Impala-Zeitkapsel und das 80er-affine „Underworld“ schildert die traumwandelnde Liaison von Beach House und The Weeknd. Assoziativ verankert Inner Tongue die homogene Ästhetik seines stilistischen Kaleidoskops in offenkundigen Referenzen, bastelt sich jedoch gerade dadurch endgültig eine ganz eigene Epigonen-Nische. Anmutig und scheinbar unangestrengt schweben dort verspielte Rhythmen um funkelnde Synthies, ziehen schwülstige Saxofonschwaden melancholisch durch das cineastische Halbdunkel, bevor das meditativ in sich ruhende „Somebody Knows It“ seinen Horizont geduldig dem Melodrama öffnet, ohne dem Pathos zu verfallen: Intrinsische Spannungen entziehen sich auf „Favours“ schließlich jeder Greifbarkeit. Man kann sich zwischen den Schatten der markantesten Highlights mühelos in einem Wunderland aus unaufgeregten Elektropop-Ohrwürmern mit Tiefenwirkung verlieren: „You’re free to fall as deep as it goes.“ [GUTI]