Do, 7. Aug 2008

Interview: Jason Mraz

Irgendwo zwischen frühem Paul Simon und spätem Jack Johnson hat sich Jason Mraz eingenistet. Der 31-jährige Wahl-Kalifornier ist der neue Fixstern am Singer/­Songwriterhimmel mit der Option auf einen Platz ganz weit oben. Anlässlich der Präsentation seines aktuellen (dritten) Albums „We Sing, We Dance, We Steal Things“, bat VOLUME den sympathischen Shooting-Star zum Interview.

In den Cafés zwischen Richmond und San Diego ist der 1977 in Mechanicsville/Virginia geborene Jason Mraz bereits seit den frühen 90ern ein Begriff. Zwischen Snacks und Drinks präsentierte er nämlich Selbstkomponiertes und gut Gecovertes. Bis Mr. Jason aber seinen Plattenvertrag in der Tasche hatte, dauerte es bis 2002. Da erschien sein Debütalbum „Waiting For My Rocket To Come“.  Dieses geriet zwar nicht zur „Rakete“, aber dafür schaffte Mraz zwei Jahre später mit der Live-CD/DVD „Tonight, Not Again“ sensationell den Einstieg in die US-Billboard Charts. Der facettenreiche Mix unterschiedlichster Stile (von Folk über Pop und Funk bis hin zu Reggae) samt seiner einzigartigen stimmlichen Klangfarbe bescherten dem charismatischen Singer/Songwriter eine beständig wachsende Fan-Base. Vier Jahre später, heute, präsentiert Mraz sein bereits drittes Album „We Sing, We Dance, We Steal Things“. Im VOLUME-Interview erinnert sich der Künstler an Anekdoten aus seiner Anfangszeit und outet sich nebenbei als totaler IT-Freak.

VOLUME: Dein aktuelles Album „We Sing, We Dance, We Steal Things“ erinnert in seinen besten Partien an frühe Solo-Alben von Paul Simon. Fühlst Du dich von ihm beeinflusst?

Jason Mraz: Mit dem großen Paul Simon verglichen zu werden, verbuche ich als Kompliment. Tatsächlich gibt es einige Dinge, die ich mir von ihm abgeschaut habe, wie etwa die Art Geschichten zu erzählen, oder wie souverän er mit Rhythmen umgehen kann. Dennoch ist Paul Simon nur einer von vielen Künstlern, von denen ich mich inspirieren lasse.


VOLUME: Du hast dich scheinbar auch von Grateful Dead inspirieren lassen. Die waren Ende der Sechziger die erste Band, die ihren Fans erlaubte, offiziell Bootlegs mitzuschneiden. Etwas, das auch Du bei deinen Konzerten ausdrücklich erlauben und unterstützen.

Jason Mraz: Grateful Dead haben eine Tradition begründet, die mir sehr sympathisch ist, weil sie nämlich dem Fan die Möglichkeit bietet, seinen Künstler viel umfassender kennenzulernen als nur anhand einer CD, die er alle zwei Jahre veröffentlicht. Die Leute tauschen untereinander die Mitschnitte, unterhalten sich darüber in Foren und neben dem vermehrten Interesse seitens der Fans erlangt man dadurch auch als Künstler eine längerfristige Bindung zu seinem Publikum.

VOLUME: Diese „Publikumsbindung“ pflegst Du nicht nur durch das „Official Bootlegging“ sondern auch durch „neue Medien“. Du betreibst eine sehr persönlich gehaltene Homepage und bist auch auf YouTube und MySpace dauerpräsent…

Jason Mraz: Ich bin ein Internet-Fan der ersten Stunde. Für mich ist es das mit Abstand beste Werkzeug, um unmittelbar mit den Fans kommunizieren zu können. Keine PR-Agentur, kein Label, keine Marketingstrategie erreicht die Leute direkter, als wenn man persönlich per Internet seine Messages verbreitet.

VOLUME: Deine YouTube-Serie „Crazy Man’s Ju-ju“ war ein totaler Renner im Web?

Jason Mraz: Genau das meine ich mit „direkter Kommunikation“. Wir haben einfach während der Aufnahme-Sessions zum aktuellen Album Kameras mitlaufen lassen und daraus Mini-Dokus gebastelt, die alle paar Tage ins Netz gestellt wurden. Das Publikum hat sich von Episode zu Episode ständig vervielfacht und manche Fans haben sogar echt gute künstlerische Vorschläge gepostet, von denen der eine oder andere sogar in die Songs miteinfloss. Kurz gesagt, eine tolle Experience.


VOLUME: Eine „tolle Experience“ hatten auch jene Besucher des Wiener Museumsquartiers, die Dich kurz vor diesem Interview bei einem „Free Street Gig“ miterleben durften. Habst Du deine Karriere als Straßenmusiker begonnen?

Jason Mraz: Als Straßenmusikant betätigte ich mich eher selten, dafür bespielte ich aber sämtliche Cafés zwischen Virginia und Kalifornien. Und das meist uneingeladen. Ich habe einfach meine Gitarre ausgepackt und den Gästen zu Kaffee und Kuchen die Backgroundmusik geliefert. Als Honorar gab’s Snacks und Drinks und vor allem die unbezahlbare Mundpropaganda der Leute, die meine „Café-Sessions“ bekannt machten.
 
VOLUME: Als ein Kandidat von „American Idol“ (US-Version von „Starmania“, Anm.) deinen Song „Geek In The Pink“ sang, gab es einen plötzlichen Popularitätsschub. War dir das nicht peinlich, gerade von einem Castingshow-Sänger „unterstützt“ zu werden?

Jason Mraz: Peinlich? Ganz im Gegenteil! Ich fühlte mich geehrt, dass dieser Kandidat meinen Song coverte und diesen einem Millionen-TV-Publikum präsentierte. Das Ziel eines jeden Musikers besteht doch darin, seine Kunst so vielen Leuten wie möglich näher zu bringen. Und ein richtig guter Song hat sogar weit über den Tod seines Schöpfers hinaus Bestand. Wenn meine Songs also in der Karaoke-Bar, bei einer Casting-Show oder im Kollektiv bei einer Sportveranstaltung gesungen werden, dann ist das doch großartig!

VOLUME: Apropos Sportveranstaltung. In deiner College-Zeit warst Du angeblich Cheerleader? Das lässt nur zwei Schlüsse zu: entweder Du liebtest es kurze Röckchen zu tragen oder Du fandest einen genialen Weg, wie man sich an die scharfen Cheerleaders heranmachen kann?

Jason Mraz: Yeah man, du hast es messerscharf erkannt! Tatsächlich habe ich ein Faible für kurze Röckchen! Aber nur, wenn diese von kessen Girls getragen werden (lacht laut auf, Anm.). Also die Story war die: als Jugendlicher war ich alles andere als eine Sportskanone, aber ich konnte den Girls mit meinem musikalischen Talent imponieren. Und eines Tages kamen ein paar Cheerleaders zu mir und fragten mich und meinen Freund, ob wir mit zum Sommercamp fahren möchten. Unser Job bestand darin, die Fänger zu machen. Es gab bestimmte Sprung- und Hebefiguren, bei denen wir die Mädchen eben auffangen mussten. Und während sich die Football-Machos in einem ganz anderen Camp zu Tode schwitzten, war ich der Hahn im Korb bei den schönsten Mädchen unserer Schule. 400 Girls und wir zwei Jungs drei Wochen auf engstem Raum zusammen. Hey Mann, das war die schönste Zeit meines Lebens. Und übrigens: Röckchen musste ich keines tragen, haha!

 
VOLUME: Kehren wir zu Deinem aktuellen Album zurück. Dieses soll, dem Titel „We Sing, We Dance, We Steal Things“ entsprechend, auch als drei einzeln erhältliche EPs aufgelegt werden. Was ist die Idee dahinter?

Jason Mraz: Die drei EPs werden ausschließlich als Download erhältlich sein und umfassen Demos und Akustik-Alternativ-Versionen des regulären Albums. Ich habe bemerkt, dass es bei meinem Publikum einen hohen Anteil an HörerInnen gibt, die nicht so sehr die elektrifizierten und durcharrangierten Songs reflektieren, sondern eher Wert auf meine Akustik-Seite legen. Genau diese möchte ich mit den Downloads befriedigen. Das reguläre  Album stellt mehr den Pop-Artist Jason Mraz in den Vordergrund, die Akustik-EPs zeigen mich als Singer/Songwriter, der den Folk forciert. Beides zusammen ergibt ein Gesamtbild meiner aktuellen musikalischen Facetten.

VOLUME: Abgesehen vom Free Street-Gig im Museumsquartier, wann wirst Du die neuen Songs in Österreich in voller Länge vorstellen?

Jason Mraz: Ich werde im September eine große Europatournee bestreiten und mit einer komplett neuen Band samt Bläser-Section auftreten. Ein Österreich-Termin ist von meiner Seite her fix eingeplant. Ein genaues Datum kann ich noch nicht sagen, aber lassen wir uns überraschen.