Di, 30. Jun 2009

Lese[r]stoff: Traumstrände und Schnee im Sommer

Auszüge aus dem Reisetagebuch eines Volume-Lesers

1. Tag Wir haben alle erdenklichen Impfungen in unsere zarten Körper jagen lassen, literweise Moskitospray auf Vorrat gekauft und unsere Rucksäcke gepackt: Ab geht’s mit Iberia über Madrid Richtung San Jose, der Hauptstadt von Costa Rica.2. Tag Nachdem wir abartig mieses Service und eine eigentlich tödliche Dosis Familienkomödien stoisch über uns ergehen haben lassen, küssen wir nach 12h endlich lateinamerikanischen Boden. 3. Tag Aufgrund der Zeitverschiebung und des Jetlags rotieren um 06:00 Uhr schon die Beine. Wir besteigen einen Bus Richtung Puerto Viejo an der südlichen Karibikküste, wo uns traumhafte Karibikstrände, türkisblaues Wasser und leckere karibische Gerichte mit Kokosnuss und Reggae erwarten. Nach kurzer, aber mühseliger Herbergssuche stoßen wir dort auf das, vor kurzem erst eröffnete, Pagalu Hostel ( http://pagalu.com/index.html ). Die herzliche Begrüßung der Besitzer, die günstigen Preise und das stylische Ambiente überzeugen uns sofort und wir chillen schon bei unserem ersten Imperial (ein naher Artverwandter des 16erBlechs) an der Bar.4. Tag Wir erwachen mit dem ersten Hahnenschrei – Jetlag besiegt Imperial – und kurze Zeit später begeben wir uns auf einen Radausflug zum nahe gelegenen Strand Punta Uva. Tropische, farbenprächtige Vegetation umgibt uns, die Sonne heizt schon am frühen Vormittag mächtig auf unsere blassen Häupter und die Stille wird nur vom Quietschen der Brüllaffen unterbrochen. Angekommen bei Punta Uva präsentiert sich uns ein Bild, das aus einer Bacardiwerbung stammen könnte: einsame, palmengesäumte, feinsandige, weiße Strände und türkisblaues Meer. Stunden später kehren wir glücklich und dezent krebserregt, nach Hause zurück. 5. Tag Nächstes Ziel unserer Reise ist das ganz im Norden der Karibikküste und nur per Boot erreichbare Dorf Tortuguero. Nachdem der Kapitän unserer Nussschale sich noch rasch bei fast allen weiblichen Passagieren nach ihrem Beziehungsstatus erkundigt hat, beginnt unsere Entdeckungsreise auf überwucherten Kanälen quer durch den tropischen Regenwald. Wir fühlen uns wie in einer Ausgabe von Universum und neben atemberaubenden riesigen Pflanzen lassen sich auch Brüllaffen, zahlreiche Wasservögel  und sogar ein Kaiman blicken. Unser Gefühl kompletter Abgeschiedenheit wird nur kurzfristig von einem Gasthaus unterbrochen, in dem kurzfristig die Getränkepreise für nicht spanisch sprechende Gäste auf die Höhe von bei uns üblichen Autobahnraststättenpreisen angehoben werden. 6. Tag Wir beschließen, es chillig anzugehen, um bräunungstechnisch deutlich etwas weiter zu bringen und grillen uns am Strand unter Berücksichtigung des Umstandes, dass nächtens in diesem  Abschnitt die Lederschildkröten ihre Eier ablegen. Für den nächsten Morgen wird mit dem Naturführer Ernesto eine Einbaumfahrt durch die Kanäle Tortugueros vereinbart, da sich so die Tierwelt am besten beobachten lässt. Bei der Verabschiedung rät uns Ernesto noch, Plastiksäckchen mitzubringen. Wir sind des- wegen etwas ratlos, steht doch Tierbeobachtung am Programm und nicht einkaufen. 7. Tag  5 Uhr Tagwache! Abartigerweise kein Problem für uns, da wir ja von nacht- auf tagaktiv umgestellt haben. Kurze Zeit später bewegen wir uns in einem einbaumartigen Gefährt auf kleinen Flüssen und Wasserpfaden durch den Regenwald – unser Abenteuerurlaub kann beginnen. Bestens ausgerüstet mit diversen Kameras, dafür leider ohne Insektenschutz (dachte der wurde literweise gehortet? – siehe tag 1) erkunden wir extrem abwechslungsreiche, tropische Vegetation, sehen exotische Vögel und werden vom Schreien der Brüllaffen begleitet. Plötzlich wird uns klar, warum wir Plastiksäckchen mitnehmen sollten, und der Regenwald macht seinem Namen alle Ehre. Dicke Tropfen prasseln nieder und wir beneiden unsere Schweizer Bootskollegen, die wasserdichte Jacken und Regenschirme mitgebracht haben. Offenbar fühlen sich aber Kaimane bei starkem Regen besonders wohl und wir können einige dieser Minikrokodile aus unmittelbarer Nähe beobachten. Klatschnass, aber zufrieden kehren wir zurück und haben es schon eilig, unseren Transport Richtung San Jose zu erreichen, da wir von dort aus am nächsten Tag weiter nach Nicaragua wollen. 8. Tag Gegen Mittag besteigen wir den Bus, der uns nach Granada in Nicaragua bringen wird. Die Vegetation ändert sich zunehmend von tropisch in subtropisch je näher wir zur Grenze kom-men und als wir diese erreichen, dämmert es bereits. Nachdem wir den Ausreisestempel in Costa Rica besorgt haben, muss der Grenzübergang zu Fuß überquert werden. Plötzlich finden wir uns mitten im Nirgendwo auf einer staubigen Landstraße wieder in einer Szenerie, die aus einem Quentin Tarantino Film stammen könnte. Schnauzbärtige Männer wedeln mit dicken Geldbündeln und bieten den besten Wechselkurs auf Erden, Waren aller Art werden feilgeboten und diverse Geschäfte abgeschlossen. Nachdem wir 7 Dollar Einreisegebühr bezahlt und einen Wisch bekommen haben, der bestätigt, dass wir stolze Besitzer der 5 Dollar teuren Visa sind, müssen wir noch die letzte Einreisehürde bewältigen. Alle Reisenden müssen sich aufstellen, nacheinander zu einem Beamten vortreten und dann einen Druckknopf betätigen. Per Zufallsmodus springt dann eine Ampel auf Grün und man darf passieren oder eben auf Rot und man muss zur Gepäckskontrolle in ein Nebenzimmer. Nach einer akribischen Gepäckskontrolle, die sich eigentlich vor allem auf die mitgebrachten Elektrogeräte beschränkt, können wir unsere Reise fortsetzen. 9. Tag Nachdem wir Granada mit seinen Kolonialstilbauten erkundet und Pipas (Kokosnüsse) geschlürft haben, beschließen wir das zu tun, was in diesen Breiten zum absoluten Pflichtprogramm gehört. Nein, nicht den Rüssel spitzen! Canopy! Baumkronentouren, bei denen man auf Stahlseilen und Flaschenzügen durchs Blätterdach der Regenwaldbäume sausen kann. Wie ein stinkendes Geselchtes hänge ich in meinem Klettergeschirr und nachdem das Gurtzeug festgeschnallt ist, schwingen wir uns schon auf Tarzans Spuren von einem Baumriesen zum nächsten, begleitet von noch nie gehörten Tierlauten und dem Johlen unserer Tourguides. Ein extremer Spaß, der sicher nicht so ganz Öko und im Einklang mit der Natur ist, wie uns versichert wird. Geil wars aber trotzdem.    10. Tag Nach dem anstrenden Abenteuerprogramm der Vortage chillen wir unweit von Granada in der Laguna Apoya an einem Vulkankratersee. Der Strandabschnitt entpuppt sich als Teil eines Luxusfreizeitclubs. Nach unserer Anreise vorbei an sehr ärmlichen, behelfsmäßigen Behausungen im zweitärmsten Land Mittelamerikas fühlen wir uns mehr als blöd mit all den Bediensteten und schicken Gästen.  11. Tag  Früh am Morgen besteigen wir schon den Bus, der uns in die Nähe der Isla de Ometepe bringen wird, eine Insel im Nicaraguasee, welche auch Heimat zweier Vulkane ist, von denen einer noch ziemlich aktiv ist.  Die als eher touristisch beschriebene Insel präsentiert sich von ihrer rustikalen Seite: Um 19:00 schließt das Restaurant in unserem Ort und die Gehsteige werden hochgeklappt . An so etwas wie Nachtleben oder nur geöffnete, wenn auch leere Bars ist gar nicht zu denken.  12. Tag Wir erforschen die Insel per Bus, der in seiner Vergangenheit wahrscheinlich in den USA als Schulbus gedient hat. Dabei erleben wir ein bisschen Inselleben und hören vom großen Ereignis, welches vor kurzem für besondere Aufregung gesorgt hat. Bei tropischen Temperaturen hat es geschneit…in rauen Mengen… Koks. Pulverisiert und auch päckchenweise fiel das weiße Gold vom Himmel. Ein kleines Transportflugzeug eines kolumbianischen Unternehmers geriet offenbar beim Überfliegen der Insel in Turbulenzen und verlor einen Teil seiner kostbaren Fracht. Exzessiv, eskalierendes Nachtleben scheint hier also doch nicht unmöglich. 13. Tag Beim Verlassen der Insel per Fähre werden wir bei brüllender Lautstärke mit diversen Musikvideos beschallt. Schnell kristallisiert sich unser absoluter Favorit heraus: Oro Solido! Oro Solido bietet neben heißen Rhythmen und ausgeklügelten Videoeffekten auch noch die geilsten 80er Jahre Outfits, trompetende Bikinimädls und grenzgeniale Gruppenchoreo-graphie. Definitiv eine Bereicherung, die in keiner gut sortierten Musiksammlung fehlen sollte. Wir lieben Oro Solido!( http://www.youtube.com/watch?v=QoWsIJxjhPc )( http://www.youtube.com/watch?v=X04vI7lsylg )Die weitere Rückreise nach Costa Rica verläuft leider weniger erfreulich. Karo fühlt sich stündlich schlechter und zu den Symptomen einer Erkältung gesellt sich schnell hohes Fieber.  14. Tag Nach einer furchtbaren Nacht für unsere Kranke bestätigt ein Krankenhausbesuch unseren bereits bestehenden Verdacht: Diagnose Dengue Fieber. Teure Insektenschutzmittel haben in diesem Fall leider nicht vor dem Schlimmsten bewahrt. Die nächsten Tage verbringen wir in Liberia im Norden  Costa Ricas und hoffen auf einen nicht ganz so tragischen Krankheits-verlauf.     15. Tag Dana betreut unsere Kranke, während Tanja und ich den in der Nähe gelegenen vulkanischen Nationalpark Rincon de la Vieja erkunden. Wir betreten einen atemberaubenden „Märchenwald“, klettern über riesige Baumwurzeln überqueren Flüsse auf umgestürzten Baumstämmen und laufen an heißen Quellen und brodelnden Schlammlöchern entlang. Aus Erdspalten dringen Rauchschwaden und beißender Schwefelgeruch und uns wird eine surreal anmutende Landschaft dargeboten wie aus einem Fantasyfilm. Nach ca. 2stündiger Extremwanderung erreichen wir am Ende unserer Kräfte mitten im Dschungel einen Wasserfall mit einem kleinen türkisblauen See. Die Anstrengung hat sich gelohnt! 16. Tag Unsere Patientin fühlt sich glücklicherweise ein bisschen besser und ist vermutlich bald wieder transportfähig. Wir beschließen für den nächsten Tag die Weiterreise nach Samara an der Pazifikküste.  17. Tag Nach unserer Ankunft in Samara quartieren wir uns gleich stationär in der Bungalowanlage „El Ancla“ ein, welche neben traumhafter Strandlage und  moderaten Preisen auch ein Restaurant mit entbehrlichen Kreationen bietet. Im hauseigenen Restaurant scheint zumindest musikalisch die Zeit stehen geblieben zu sein und so kommen wir in den Genuss von längst vergessenen oder verdrängten Schmankerln wie Chris de Burgh oder Berlin`s „Take my breath away“, das wir seit Top Gun sehnsüchtig vermisst haben. Einzigen Lichtblick diesbezüglich stellen diverse Eurotrancehits dar, die ihren Weg anscheinend auch nach Lateinamerika geschafft haben. Ansonsten ist Samara ein kleiner Urlaubsort, der für jeden etwas bietet. Hier fühlen sich offenbar Backpacker, Surfer, Aussteiger, Sprachschüler, Familien und amerikanische Rentner gleichermaßen wohl und harmonieren gemächlich nebeneinander am Strand. Wem der palmengesäumte, weiße Sandstrand in Samara auf Dauer zu wenig Action bietet, der kann sich im Surfen versuchen,  eine Schnorcheltour zum nächstgelegenen Riff unter-nehmen oder die Gegend per Geländewägen, Mountainbike oder sogar „Minihubschrauber“ erkunden (20 Minuten Flug um ca. 100 Dollar). Neben den ca. 50 Surfschulen gibt es zahlreiche empfehlenswerte Restaurants wie z.B. das Soda Sheriff oder die bei Einheimischen sehr beliebte Lokalität gleich hinter dem Fußballplatz.  18. Tag Bei gefühlten 40 Grad im Schatten mache ich mich trotzdem per Mountainbike auf nach Playa Carillo. Unser Führer, die „Bibel“ der Rucksackreisenden, verspricht dort einen einsamen, weißen Sandstrand mit felsigen Landzungen und einen Saum aus Palmen, sprich den perfekten tropischen Postkartenstrand. Als ich schweißüberströmt ankomme, weiß ich, dass sich die Strapazen mehr als gelohnt haben. Nur einige Leguane und Warane lassen sich blicken und als ich Stunden später nach Samara zurückkehre, bin ich mehr als gut durchgebraten. 19. Tag, 20. Tag und 21. Tag 3 klassische Strandtage, alles dreht sich wieder mal ums essen, trinken, braun und bräuner werden…. 22. Tag Die Reise neigt sich dem Ende zu und wir besteigen den Bus Richtung San Jose, von wo aus wir Costa Rica schon am nächsten Tag verlassen werden. Während der Busfahrt wird unser Dasein mit Darbietungen von Marco Antonio Solis bereichert, der in voller Lautstärke über den Busfernseher von verlorener Liebe und Herzschmerz erzählt. Offenbar ist der Busfahrer ein großer Fan von Marco Antonio und so wird aus Spaß schnell Ernst. Was lustig begonnen hat mit weißen Anzügen und geleckten Haaren, die aufgrund diverser Windmaschinen wehen wird bald zur unbarmherzigen Tortur. 5h lang sehen wir jedes jemals gedrehte Musikvideo von Herrn Solis und müssen auch einigen Live-Aufzeichnungen beiwohnen.(http://www.youtube.com/watch?v=GndFlrop6VY&feature=related) (http://www.youtube.com/watch?v=EHNeCC04EMU) Als wir endlich in San Jose ankommen, sind wir am Ende unserer Nerven und der berühmt berüchtigte Coca-Cola Busbahnhof erscheint uns wie ein sicherer Hafen. Nach kurzer Recherche am Abend wird klar…Club Vertigo ist der Ort, wo es abgeht und unsere Reise ausklingen soll. Wirkliches Nachtleben existiert zumindest, so wie ich es mir vorstelle, offenbar eh nur in San Jose. Also rein ins Taxi und los geht’s. Der gediegene Club besticht mit fetter Anlage, auf der sich einige lokale House und Minimaltechno DJs austoben und ausgelassene Stimmung all jene, die das notwendige Kleingeld für Vergnügungen dieser Art mitgebracht haben. Ein geiler Club, der einen Besuch auf jeden Fall wert ist und immer wieder internationale Acts wie z.B. Gentleman oder Dubfire bietet.