Mi, 3. Mrz 2010

Bauchklang im Interview

Der musikalische Stil von Bauchklang ist hierzulande ziemlich einzigartig – die Folge: Bummvolle Konzerte und eine treue Fangemeinde. VOLUME hat sich mit den genialen a cappella-Checkern unterhalten und erfahren, dass es sich auf indischen Bergen gar nicht so leicht singen lässt und Pacman ständiger Tourbegleiter ist. Zum Drüberstreuen haben wir sie motiviert, Black Sabbath zu covern. Teuflisch!

Bauch einziehen:

Wir verlosen 1 mal 2 Tickets für die Show in der Arena plus das aktuelle Album „Signs“!

 

Interview:

 

War das …äh… eher mäßig spektakuläre St. Pölten Mitte der 90er Jahre dafür mitverantwortlich, dass ihr einen derart aufwändigen Gesangsstil entwickelt habt? Quasi um der Fadesse zu entkommen?

 

Vorweg: Der Vorteil einer Kleinstadt wie St. Pölten ist die Konzentriertheit und Verdichtung – in einer ziemlich stresslosen Umgebung. Jeder kennt sich und ist auch greifbar, dadurch ist wahrscheinlich auch der Austausch stärker, abseits von übertriebenem Szenedenken. Dass wir nur mit unseren Stimmen Musik machen, hat sich nach einem gemeinsamen Schulprojekt ergeben. Wir hatten die Möglichkeit, zum ersten Mal vor größerem Publikum zu singen und jeder von uns war nach diesem gemeinsamen Erlebnis motiviert, weiter zu machen. Wir gründeten Bauchklang und es lief von Beginn an gut. Die Energie in der Band war trotz unterschiedlicher musikalischer Backgrounds, oder vielleicht gerade deshalb, extrem homogen. Es wurde viel geprobt und experimentiert, was alles so möglich sein kann mit der menschlichen Stimme. Begonnen haben wir ja auch klassisch mit Covers aus dem Pop-, Soul- und Gospelbereich, die experimentelle Schiene war aber von Anfang an fixer Teil unserer Konzerte. Wir hatten ab 1995 fünf Jahre Zeit, unseren Stil in die Richtung zu lenken, wie man ihn heute kennt. Viele andere Bands lösen sich schon nach zwei bis drei Jahren auf und können diese Entwicklung erst gar nicht durchmachen. Die Formel lautet: Zeit plus Freundschaft plus Energie plus Experimentierfreudigkeit. Es hat also vermutlich weniger mit dem Ort zu tun als mit der Personenkonstellation der Gruppe, die diese Entwicklung ganz natürlich und gemächlich durchgemacht hat.

 

Du hast Coverversionen angesprochen: Euch sagt sicherlich der Begriff „Tritonus“ etwas (Anm.: ein musikalisches Intervall, das genau drei Ganztöne umfasst – wurde früher, da er sich nicht durch eine ganzzahlige Proportion beschreiben lässt, auch der Teufel in der Musik (diabolus in musica) oder Teufelsintervall genannt). Laut Bandbio war das Musical „Jesus Christ Superstar“ 1996 quasi die Geburtsstunde für Bauchklang. Nun hätten wir eine teuflische Idee: Würdet ihr – sozusagen als Antithese zu „Jesus Christ Superstar“ – nicht gern einmal das Tritonus-Intro in Black Sabbath’s namensgebendem Song covern?

 

Das Musical war genau eines dieser Schulprojekte, bei dem sich die Urformation von Bauchklang herauskristallisiert hat. Es hatte weniger mit der Thematik des Musicals zu tun, als dass es eigentlich musikalisch eines der wenigen ist, die überzeugen können und auch eine bestimmte Energie rüberbringen. Wir haben schon lange keine Songs mehr gecovert, die Idee mit dem teuflischen Intervall hört sich aber spannend an, wir werden mal reinhorchen. Danke für den Tipp!

 

Ich bin der fixen Überzeugung, dass jede größere Stadt ihren eigenen Geruch hat, an dem man sie mit geschlossenen Augen erkennen kann. Funktioniert das mit eurem (wohl recht feinem) Gehör nicht auch mit Geräuschen einer bestimmten Stadt? Wie klingt zum Beispiel Wien? Oder Mumbai?

 

Mumbai ist ganz einfach zu beantworten: Dort fängt es schon mit dem Pegel an, der um ein Vielfaches lauter ist als der in Wien. Das durchgehende und signifikante Hupen auf den Straßen, kombiniert mit vielen Straßenverkäufern, die irgendetwas lauthals anpreisen, 

macht Mumbai akustisch einzigartig. Wien ist dann doch sehr viel ruhiger, fast schon gespenstisch ruhig, wenn man so wie wir eine Zeit lang in Indien war.

 

Ihr habt im Vorjahr bei einem indischen Festival in 3500 Metern Höhe gespielt. Gab’s beim Beatboxen Sauerstoff-Probleme?

 

Wir wurden von Freunden und Ärzten vorgewarnt. Aber es blieb ein Restrisiko, dass wir dass nicht durchhalten können. Wir hatten zwei Tage Zeit, uns an 25 % weniger Sauerstoff zu gewöhnen, haben viel geschlafen, viel Wasser und keinen Alkohol getrunken, uns gesund ernährt und auch keine Zigaretten geraucht. Nach dem Auftritt war die Disziplin aber natürlich wieder dahin… Aber es war definitiv zu spüren und sicher nicht etwas, das man unvorbereitet durchziehen könnte, vor allem nicht ohne Akklimatisierung.

 

Musikspezialist Walter Gröbchen bescheinigt euch eine „unangestrengte Internationalität“. Tut’s eigentlich weh, ausgerechnet aus Österreich zu kommen, wo man für „Internationalität“ ja eher schief angeschaut wird und eine Stürmer-Christl schon als internationaler Superstar gilt?

 

Wir haben nicht das Gefühl, dass wir in Österreich nicht wahrgenommen werden. Wir haben hier viele Fans, die uns seit Jahren die Treue halten, und unsere Konzerte sind nach wie vor gut besucht. Dass man in den breiten Medien und vor allem dort, wo es nicht um Musik,  sondern nur um Gossip geht, nicht so wahrgenommen wird, hat für uns als Privatpersonen ja mehr Vor- als Nachteile. Die Reaktionen auf unsere Auslandserfolge waren eigentlich auch immer positiv. Zumindest von denen, die´s mitbekommen haben.

 

Bitte noch um ein paar G’schichten aus dem Tourleben: Das skurrilste „on the road“-Erlebnis der letzten Jahre war…

 

Eine Fahrt auf 5.400 Meter und eine Session bei minus 40% Sauerstoff.

 

Haben die Bauchklänge auf Tour so etwas wie einen Alltagstick oder –fetisch?

 

Wir halten uns selbst eigentlich für ziemlich normal. Jeder von uns hat natürlich Ticks und seine ganz persönlichen Fetische. Der eine trinkt die ganze Zeit Mate-Tee, das ist ja anregend für Nerven, Muskeln und Stoffwechsel. Der andere schafft es nicht, nach dem Konzert schlafen zu gehen, ohne davor eine Runde Pacman gespielt zu haben. Zum Beispiel.

 

Ein kurzer Ausflug in die unschuldigen Tiefen des kindlichen Vergnügens: Welche Musik hört ihr nur allein im Auto und erzählt es den anderen nicht so gern?

 

Es gibt keine musikalischen Geheimnisse. Jeder ist mit den Abgründen des Anderen vertraut…

 

Die perfekte DJ-Nacht an den Plattendecks beginnt mit folgenden fünf Songs…

 

Zuerst kommt der Adriano Celentano mit „Il Ragazzo Della Via Gluck“. Danach Paul Kalkbrenner mit „Aaron“. Dann „Bye bye Bayou“ von LCD Soundsystem, gefolgt von Catekk’s „Funny Little Clouds“. Am Schluss Digitalism mit „Zdarlight“.

 

Dankeschön, die Herren.