Do, 24. Jun 2010

Slash im Interview: Slashed!

Freitag Nachmittag, Nova Rock, Backstage: Es ist brütend schwül, die allerwichtigsten und weniger allerwichtigsten Leute wuseln herum und schauen sehr wichtig drein dabei. Und auf einmal war alles anders: Auftritt Slash, mit einstündiger Verspätung, eh klar. Slow Motion ab jetzt: Er schlurft im Gegenlicht durch die Eingangstür und man hat schön zusehen können, wie all den wichtigen Menschleins rundum ganz leise der Kiefer runterklappt. Wenn Slash an einem vorbeischreitet, ist das ein traumatisches Erlebnis: Never ever kann man dieses Level von Coolness erreichen. Niemand. Wir haben uns vor ihn hingekniet und ein unwürdiges Gespräch versucht: Übers Vater-Sein, Überdosen in den 80ern, Rauchen-Aufhören und – ausgerechnet – Pop-Diva Fergie.



Ich bin heut morgen hier zum Festival-Gelände gefahren und hatte dein Album im CD-Player.


SLASH: Funktioniert gut im Auto, oder?

Perfekt. Sogar so gut, dass ich damit ins Radar gefahren bin.


(lacht) Nice, dude. Ich denke ja, dass ein Album nur dann gut ist, wenn du es laut im Auto hören kannst. Hast du ein Ticket bekommen?

Ich hab zumindest den Radarblitz noch im Rückspiegel gesehen…


Oh ja, der Blitz. Viel zu schnell?

Sehr viel zu schnell. 180 zirka.


(lacht) Ach, mach dir nichts daraus. Ich hab letzte Woche auch eins bekommen.

Ich hab aber nicht deinen Kontostand. Egal, lass uns vom Album reden: Du hast gemeint, dass das dein erstes ohne Zigaretten ist…


Stimmt nicht ganz. Es ist sogar das zweite. Ich hab das erste Velvet Revolver-Album ohne Zigaretten gemacht, war dann zehn Monate abstinent und hab danach wieder begonnen. Aber jetzt bin ich seit einem Jahr weg davon. Glaub ich.Ich hab das auch nicht geplant. Ich wollte eigentlich gar nicht aufhören. Aber mir ist dann für ein paar Wochen eine böse Lungenentzündung dazwischen gekommen. Und als das vorbei war, hab ich mein halbvolles Päckchen Marlboro angesehen und mir gedacht: „Ich muss zumindest nochmal eine probieren“. War dann nicht so toll, und das war’s jetzt damit endgültig. Ich hab auch was Positives am Aufhören gefunden: Bei Temperaturen wie heute da draußen am Nova Rock kann ich auf die Bühne gehen, alles geben und hab nicht das Gefühl, meine Innereien rauskotzen zu müssen.

Wie kann ich mir vorstellen, dass das aktuelle Album entstanden ist? Slash liegt gemütlich mit dem Handy im Whirlpool und ruft Ozzy, Alice, Iggy und Fergie an, um lässig zu fragen, ob sie nicht Lust hätten, ein bisserl was gemeinsam aufzunehmen?


(lacht) Ganz so einfach war’s nicht, aber im Großen und Ganzen hast du schon recht. Ich hab mir meine fertigen Nummern angehört und nachgedacht, wer sie am besten singen könnte. Nachdem ich mir die passenden Leute im Kopf ausgedacht hab, hab ich den Leuten halt Emails geschickt (lacht)…

Stichwort Fergie. Ich fand es riskant, ausgerechnet eine R’n’B-Pop-Sängerin zu wählen, die vielleicht deine Stamm-Fans verstören könnte. Und dann ist gerade dieser Song zum Niederknien gut. War’s riskant?

Ich wusste schon ziemlich lange, dass sie eine verdammt gute Sängerin ist. Sie ist ein richtiges ‚Rock Chick‘. Sie ist nur deshalb bei den Black Eyed Peas, weil das ihr einziger Weg war, es irgendwie im Musikbusiness zu schaffen, glaub mir das. Sie mag jetzt eine Pop-Tussi sein, aber sie hat als Rocksängerin begonnen. Sie hatte ihre Drogenprobleme, sie ist genial.

Wie hat sie reagiert, als du dich bei ihr gemeldet hast?


Ich hab sie ja schon länger gekannt. Als sie noch Rock’n’Roll-Songs gesungen hat. Sie hat mich damals umgehauen. Und das ist jetzt dreieinhalb Jahre her. Von diesem Moment an wurden wir enge Freunde. Wir haben dann ein paar Mal „Barracuda“ und „Sweet Child O Mine“ zusammen live gespielt. Fuckin’ great, man. Und jetzt hatte ich eben diese eine Nummer, die nur sie so singen kann, wie ich es wollte. Und sie freut sich jetzt auch über die Rock’n’Roll-Credibility, die ihr sonst als Pop-Diva der Black Eyed Peas fehlen würde. Die Lyrics zu „Beautiful Dangerous“ sind übrigens nicht von mir, sondern von ihr. Und das sind Killer-Lyrics.

Für mich eine der drei besten Nummern am Album. Wird’s die nächste Single?


(lacht) Erwischt. Ja, wird wohl so sein.

Warum ist eigentlich die Nummer mit Alice Cooper nur als Bonustrack auf der englischen Special Edition zu finden? Hast du zuviel große Namen gehabt und musstest einen rauswerfen?


War keine einfache Entscheidung. Da ging’s um dieses britische Classic Rock-Zeitungs-Ding. Irgendwas musste rausfliegen, soweit ich weiß. Aber nichts gegen Alice. Er ist großartig. Eine Legende.

Wolfmother hätten heute hier am Nova Rock als Co-Headliner spielen sollen. Sänger Andrew Stockdale ist gesundheitlich nicht in der Lage dazu. Er ist ja auch auf deinem Soloalbum vertreten. Hätte es heute vielleicht eine Überraschung gegeben?


(denkt) Naja, ja, vielleicht. Ach was, ja, sicherlich (lacht). Ich mag dich nicht anlügen. Ich wär bei „By the sword“ bei ihm auf der Bühne gewesen, natürlich. Wir haben’s in Australien gemeinsam gespielt, auch einmal in Los Angeles…

Hast Du Scott heut schon getroffen ? (Anm.: Scott Weiland, Ex-Velvet Revolver, Sänger von Stone Temple Pilots, Co-Headliner am Nova Rock, auf Slash nicht gut zu sprechen)


Ich werd ihn heut wahrscheinlich nicht sehen. Ich bin weg, bevor sie spielen. Nächste Frage. Ich flieg nacher nach England zum Download Festival. (grinst)

Oh, in die alte Heimat. Ist nach so langer Zeit in den Staaten eigentlich noch irgendwas Britisches in dir?


Haha, gute Frage! Ich denke, dass meine ganze Persönlichkeit noch immer aus dem Ur-Britischen kommt. Ich kann mit gutem Gewissen sagen, dass ich ein sehr höflicher Mensch bin. Und sehr reserviert.

(lacht)


Du kannst ruhig lachen, aber egal, wie verrückt ich mich aufführe, bleibt doch immer diese höfliche Reserviertheit. Die kann man sich auch behalten, wenn man blöde Geschichten anstellt. Britisch-sein ist eine Frage der Einstellung, nicht der Ausführung. Ich fühl mich, glaub ich, auch heute noch immer wohler in Großbritannien als in den USA. Auch wenn ich so selten dort bin.

Weil wir grad bei komischen Briten sind: Du kennst Ozzy ja ganz gut. Was ist sein schlimmster Tick, den man von den „Osbournes“ noch nicht kennt?


(lacht laut und lang) Haha, Ozzy. Man, Ozzy. Er hat ein Pissoir in seinem Bad!

Das kennst du doch aus europäischen Luxushotels. Da ist das normal…


…aus den Hotels schon. Aber ich hab außer bei Ozzy noch nie ein Pissoir im Bad eines Privathauses gesehen. Moment…bin ich jetzt der, der komisch ist, weil er das komisch findet? Oder bist du jetzt komisch?

Naja, schon du.


(lacht) Egal, ich find das halt cool. Ozzy ist eigentlich kein Freak. Er ist ein komplett ruhiger Kerl, sehr nachdenklich, sehr…ich würde sogar sagen intellektuell. Er hat soviel durchgemacht. Stell dir seine Geschichte vor. Ich nenne ihn immer einen Überlebenden. Im Vergleich zu mir hat er schon zehn Leben gelebt. Und das ist schon schwierig (lacht). Ozzy ist sehr OK. Ein echter Freund.

Deine Kinder heißen London und Cash. Ein Tribut an Johnny?


(lacht) Nein, überhaupt nicht. Den ersten haben wir London genannt. Cash geht auf die Idee meines Produzenten Robert Evans zurück. Er meinte, dass sich „Slash“ und „Cash“ gut reimt. Hat mit Johnny gar nichts zu tun.

Ich werde gerade selber zum ersten Mal Vater. Was gehört dazu, ein guter Papa zu sein?


Gratuliere. (denkt lange nach) Aber ich weiß es wirklich nicht. Ich mach das mit Bauchgefühl und Herz. Ich liebe meine Jungs, aber ich weiß auch, dass ich sicher nicht das beste Beispiel für einen typischen Elternteil bin. Schau mich an. Ich bin sicher kein Durchschnittsmensch. Aber ich weiß eins: Was Erziehung betrifft, hab ich vielleicht nicht viel vorher darüber gelernt oder gelesen. Aber ich hab das Gefühl, dass ich es aus einem tiefen Gefühl heraus gut mache. Anders kann ich es nicht erklären.

Letzte Frage: Es kann sein, dass ich im September ein Interview mit dem Leadsänger einer Band habe, die Du vielleicht kennst. Die Band heißt Guns’N’Roses.


(fetter Grinser)

Hast Du Tipps, wie man mit Axl am besten umgeht?


Viel Glück! Moment, so hätte ich das nicht sagen sollen, weil’s falsch rüberkommt. Ich wünsch dir wirklich viel Spaß mit ihm. Mach das Interview. Wird sicher interessant für dich. (Grinser von einem Ohr zum anderen)

Cheers, mate.