'Wir sind nicht gegen Alkohol'
Im Interview mit VOLUME plaudern die Jungs von Black Stone Cherry über Vorbilder, falsche Gerüchte und religiöse Einstellungen.
Im Pressezelt vom Nova Rock hat es gefühlte 40 Grad, doch Chris, Jon, Ben und John Fred bleiben cool – heiße Temperaturen kennen Black Stone Cherry aus ihrer Heimat Kentucky nur zu gut. Ihren Bandnamen haben sich die vier Jungs bei einer Billig-Zigarrenmarke ausgeborgt und mit Südstaaten-Akzent und betonter Lässigkeit bedienen sie jedes Klischee eines Vollblut-Rockers made in den USA. Wenn es in ihrer neuen Single heißt „I wanna be a white trash millionaire, ain’t got much and I don’t care”, dann wird es Zeit für Whisky, Cowboyhut und den Spirit des „American Way Of Life“.
Hi Jungs, willkommen auf dem Nova Rock. Ihr kommt ja aus Kentucky, dem Südzipfel der USA. Wart ihr schon auf dem Gelände? Lässt sich das Nova Rock mit Festivals in eurer Heimat vergleichen?
Ben: Ich glaube, die Festivals hier sind größer als in den Südstaaten. Es gibt zwar ein paar echt große Festivals in Amerika, aber insgesamt kannst du’s nicht mit Europa vergleichen. Die größten Unterschiede findest du im Publikum. Sowohl in den Staaten als auch hier kommen die Leute primär um Spaß zu haben, aber ich glaube, die Europäer halten länger durch. Egal ob es schüttert oder die Sonne vom Himmel brennt, die haben bezahlt und die wollen was kriegen dafür.
Was geht denn musikalisch gerade bei euch ab?
John Fred: Vor kurzem haben wir unser drittes Album „Between The Devil & The Deep Blue Sea“ und die dazugehörige Single „White Trash Millionaire“ veröffentlicht, und mit dem touren wir jetzt einmal, so lang wir können. Wie du siehst sind jetzt grad die Festivals dran.
Wenn ihr euer jetziges Album mit den zwei älteren vergleicht – was hat sich da verändert?
Chris: Ich glaube, der größte Unterschied bei diesem Album war, das wir nicht soviel darüber nachgedacht haben. Wir wollten einfach eine Rock-Platte machen und das ist uns zum ersten Mal wirklich gelungen. Wir vier haben dieses Album wirklich alleine gemacht, ohne Familie um uns herum und all das. Bei dieser Platte habe ich das Gefühl, dass zum ersten mal nur wir vier im Studio waren, und nur wir vier auf dem Album zu hören sind, und das ist es was „Between The Devil & The Deep Blue Sea“ ausmacht.
Wie arbeitet ihr an euren Alben? Wer ist für die Texte verantwortlich?
Jon: Wir schreiben die Songs gemeinsam. Für das neue Album haben wir auch mit einigen Songwritern von außerhalb zusammengearbeitet. Dave Bassett (Shinedown, Adelitas Way), war einer von ihnen, Bob Marlette (Saliva, Alice Cooper, Airbourne), der schon unser zweites Album produziert hat und John 5 (Rob Zombie, Marilyn Manson) hat uns auch geholfen. Dieses Mal haben wir uns also für neue Ideen geöffnet und uns die Möglichkeit gegeben von anderen Writern zu lernen und zu sehen, wie die an die Dinge herangehen. Aber trotz allem waren es wir vier, die immer im Raum waren und wir vier, die die Songs letztendlich so gemacht habe, wie sie klingen müssen.
Woher kommt die Inspiration für Eure Musik?
Jon: Du wirst von absolut allem inspiriert. Angefangen von persönlichen Erlebnissen, bis zu dem, was Freunden und Familie passiert ist. TV, Nachrichten, alles was du sehen kannst, was dich irgendwie beschäftigt findet seinen Weg in die Musik.
Ihr werdet oft mit Bands wie AC/DC oder Guns’n’Roses verglichen. Stimmt ihr dem zu?
John Fred: Gun’s’Roses hatten großartige Live Shows. Meiner Meinung nach werden wir mit all diesen klassischen Rockbands verglichen, weil die aus einer Zeit stammen, in der die Live Show wichtiger war als alles andere. Wir haben zwar keine große Bühnenperformance, aber uns zuzusehen, das hat etwas, es erinnert die Leute an all diese klassischen Rockbands. Wir haben unsre Jugend damit verbracht in einem Raum zu proben, der zugepflastert war mit Postern von großartigen Rock’n’Roll Musikern. Ich schätze das hat uns in unsrem Musikgeschmack beeinflusst. Weißt du, wir haben soviel unterschiedliches Zeugs gehört, Blues, R’n’B, Country, Gospel, die musikalischen Einflüsse kamen aus vielen verschiedenen Ecken.
Könnt ihr euch noch erinnern, wer da aller drauf war, auf den Postern?
John Fred: Ja klar, Black Sabbath, Aerosmith, Led Zeppelin, The Stones, Cream, Mountain und ein ganzer Haufen von Blues-Sängern. Mein Dad und mein Onkel hatten eine Band. Und die waren es auch, die diese ganzen Poster auf die Wände gepickt haben. Wir hatten echt Glück, dass wir dieses Haus hatte, irgendwo im nirgendwo, wo wir den ganzen Tag proben konnten. Das war schon ein ganz anderes Gefühl, als in irgendeiner Garage zu jammen. Wir waren damals 16, 17 Jahre alt, es war echt gut, dass wir von diesen Bands beeinflusst wurden, die es schon Jahrzehnte vor uns gegeben hat. Anscheinend hat es unserem Sound einen Push zurück in die Vergangenheit gegeben.
Wann habt ihr Black Stone Cherry gegründet?
Jon: Am 4. Juni 2001. Jon Fred und Chris haben sich schon seit ihrem 5. Lebensjahr gekannt und sind zusammen aufgewachsen. Ich kam ursprünglich aus Florida und zog 1998, da war ich 15 Jahre alt, nach Kentucky. Ich hab die beiden getroffen und wir haben uns verstanden. Hier und da miteinander gespielt. 2001 haben wir Ben kennengelernt und zum ersten Mal zu viert geprobt, und von dem Tag an ist es so geblieben.
Was habt ihr vor dem Black Stone Cherry – Projekt gemacht?
Ben: Wir waren alle noch in der High School, so um die 16 Jahre alt. Wir hatten alle schon mit unsren Instrumenten Erfahrung, aber es war etwas vollkommen anderes, auf einmal mit Leuten zu spielen, die das echt ernst genommen haben. Wir wollten unbedingt unsre eigene Musik machen und haben einfach die ganze Zeit geübt.
John Fred: Eigentlich waren wir ziemliche crapmen…
…Das heißt?
Ben: Crapmen sucks…
John Fred: Das sind Leute, die nichts ernst nehmen wollen. Wir hatten auch schon in andren Bands gespielt, aber das war uns damals nicht so wichtig. Erst als wir vier uns gefunden haben, war uns klar, wir wollen das mit der Band jetzt wirklich durchziehen.
Wie kann ich mir den typischen Tag im Leben eines Bandmitglieds von Black Stone Cherry vorstellen?
John Fred: Well, wir waren gestern auf einer echt bösen Kneipentour, so richtig betrunken, sind unter der Bar gelegen…nein, es ist ziemlich lahm und sehr langweilig, wir spielen X-Box und haben Spaß dabei. Wir kommen gerade vom Download Festival in England…
Jon: …sind 26 Stunden im Tourbus gesessen und haben in die Luft gestarrt. Konnten gar nichts machen.
X-Box spielen klingt schon eher nach Black Stone Cherry als Kneipentouren bis in die Morgenstunden. Ich habe gehört, ihr kämpft gegen Alkohol- und Drogenkonsum?
John Fred: Heroin ist ziemlich schlecht. Davon solltest du die Finger lassen.
Ben: Wir sind nicht gegen Alkohol. Ich meine, den trinken wir doch alle. Wir sind gegen Drogen. Niemand von uns nimmt solches Zeug. Aber wir sind keine steifen Kerle, wenn du verstehst was ich meine, wir haben gern unsren Spaß.
Das ist interessant, ich dachte, dass ihr sämtlichen Rauschmitteln konsequent entsagt. Zurück zu den Drogen: läge es in eurer Macht, wärt ihr dafür Marihuana zu legalisieren?
Jon: Meiner Meinung nach sollten sie gerade in den Staaten Gras legalisieren. Wenn du dir die Wirtschaft anschaust, und dann, wie viele Menschen Marihuana rauchen wollen, und dir überlegst, wie viel Steuern die Regierung damit einnehmen könnte…wenn die USA Gras legalisieren und besteuern würde, könnte sie sich aus ihrem Schuldensumpf ziehen. Schon allein aus diesem Grund solle man Marihuana legalisieren. So steh ich dazu.
Das erste Gerücht, dass ihr strikte Abstinenzler sind, hätten wir also zerstreut. Wie steht es um das zweite: ihr sollt eine sehr christlich angehauchte Rockband sein.
Jon: Wir sind eine sehr, sehr spirituelle Band.
John Fred: Aber keine christliche Band. Wir machen keine Gospels…
Jon: Ich vermute, die Leute glauben das, weil wir über Versprechen und erbauliche Themen singen.
John Fred: Wir haben halt eine positive Einstellung.
Ben: Ja. Nur weil wir uns gegenseitig nicht hassen, uns nicht mit Nadeln die Arme aufschlitzen und über deprimierende Dinge singen, glauben die Leute wir sind eine christliche Rockband. Und auf eine gewisse Art und Weise ist das echt traurig. Ja, wir glauben an Gott, aber wir stehen nicht mit erhobenem Zeigefinger da und predigen. Das ist unsre persönliche Einstellung und hat nichts mit unsren Songs zu tun. Jeder hat seine eigene Art zu glauben, ob du’s einfach in dir drin hast, oder jeden Sonntag in die Kirche gehst, das geht nur dich etwas an.
Jon: Persönliches Statement: wir sind für die Musik hergekommen, nicht für die Religion.