Enter Shikari im Interview: Blut und Spiele
Wenn sie spielen, steht niemand still. Enter Shikari sind die Liveband schlechthin, auch wenn ihre abgefahrenen Songs vielleicht nicht jedermanns Sache sind. Aber sobald die vier Engländer auf der Bühne sind, bricht die Hölle los und das ist ansteckend. Wir haben mit ihnen darüber gesprochen, wie sie es auch nach langen Nächten schaffen, sich in laute, lebendige Gummibälle zu verwandeln und warum dabei manchmal Blut fließt.
Gestern wach bis halb vier, heute wieder Vollgas auf der Bühne. Woher kommt bitte die Energie für eure Liveshows?
ES: Halb vier war es nicht. Wir sind schlafen gegangen, als uns schlecht wurde. Spätestens um drei Uhr oder so. Aber man glaubt kaum, in welchen Zuständen wir schon aufgetreten sind. Ihr kennt das vielleicht, man liegt im Bett und ist sich sicher, dass man eher stirbt als aufzusteht. Zittern und kalter Schweiß, aber irgendwie quält man sich doch hoch. Das kommt vor, aber sobald wir auf die Bühne gehen, ist das alles weg. Wahrscheinlich ist es das Adrenalin und die Menge. Manchmal auch ein Reperaturbier oder zwei.
Wieviel Bier ergeben ein gutes Konzert?
ES: Oh, das ist schwer zu sagen. Kommt drauf an, ob wir vorher beim Catering zugeschlagen haben oder ob der Vorabend noch nachwirkt. Mehr als ein leichter ‚Buzz‘ darf es nicht sein, denn wenn’s zuviel wird, passieren doch Fehler. Außerdem ruiniert der Alkohol ein wenig den Adrenalinkick – und den brauchen und wollen wir wie Luft zum Atmen – zum Herumspringen, Klettern und was noch so alles dazugehört.
Verletzt ihr euch manchmal bei all eurer Herumturnerei auf der Bühne?
ES: Oh ja. Zuletzt hat sich Chris eine wilde Verletzung zugezogen, als er auf einen Verstärker gesprungen ist. Rou hat aber gerade dagegen getreten, deswegen hat sich das Ding bewegt und Chris hat das Gleichgewicht verloren. Er ist mit vollem Gewicht auf den Rücken gefallen, aber der hat’s unbeschadet überstanden. Dafür hatte er am nächsten Tag eine riesige Quetschung am Bein, sein Schienbein war komplett blau. Keine Ahnung wie er das gemacht hat, aber es sah tagelang aus, als ob das Ding irgendwann abfallen würde.
Seid ihr schon Experten in Erster Hilfe?
ES: Nein, obwohl es wirklich besser wäre. Auch unsere Crew ist nicht wirklich erfahren in der Hinsicht. Es passiert, dass die anderen ihre Gitarren herumschwingen und mich (Sänger Rou Anm.) treffen. Einmal hab ich eine ins Gesicht bekommen und mir lief das Blut nur so herunter. Ich wusste, dass Kopfwunden besonders stark bluten, also habe ich unserem Bühnentechniker gesagt, dass ich wahrscheinlich okay bin. Er hat dann sein Shirt ausgezogen, mir um den Kopf gewickelt und mich zurück auf die Bühne gestoßen. Man merkt, was ich alles für diese Band tue (lacht).
Das sind ganz schön viele Verletzungen. Sollte man auf euren Konzerten eine Art Respektabstand zur Bühne lassen?
ES: Wir würden nie absichtlich etwas tun, dass die Zuschauer in Gefahr bringt. Aber in der Hitze des Gefechts kann schon mal etwas passieren. Es gab zwei gebrochene Nasen. Das erste Mal war ein Unfall beim Stagediving. Rou ist wie Superman mit Händen und Kopf nach vorne mitten in die Menge gehüpft und hat ein Mädchen erwischt. Ein anderes Mal hat sich das Mikro verselbstständigt, als einer von uns auf das Kabel gestiegen ist. Und mitten in der ersten Reihe stand dieses kleine Mädchen mit großen Augen, höchstens 16 Jahre alt. Es hat sie schlimm getroffen und von einer Sekunde auf die andere war überall Blut. Das sind natürlich absolute Ausnahmen unter hunderten Konzerten. Es ist also gar kein Problem, in der ersten Reihe zu stehen. Macht ja doch am meisten Spaß dort.