Volume Question - Winter Special
Wir haben die nationale Elite im Freeriden zusammengetrommelt und mit unseren profanen Fragen genervt.
Wir haben die nationale Elite im Freeriden zusammengetrommelt und mit unseren profanen Fragen genervt. Da dieser Sport anscheinend zu einem besseren Mensch macht, haben sie sich uns liebevoll angenommen und an ihren Erlebnissen und ihrem Wissen teilhaben lassen.
#1: Dein prägendstes Freerideerlebnis?
#2: Ersatzreligion Freeriden?
Thomas Hlawitschka
Thomas ist zentraler Bestandteil der „Legs of Steel“-Crew. Gemeinsam werden die fettesten Lines gefahren und dicke Filme gedreht, siehe „Nothing Else Matthers“ (www.legsofsteel.eu/NEM). Auf der Big Air Schanze ist der Herr ebenfalls meisterlich am Start.
#1:
Eine ganze Sammlung an Momenten – ich habe es durchs Skifahren geschafft, an Orte zu kommen, von denen ich immer geträumt habe. Vor allem in Kanada sind wir bereits auf Lodges wie z.B. Monashee, Retallack, Selkirk Wilderness gefahren. Diese Orte sind für mich der sprichwörtliche Himmel auf Erden! Totale Stille – weit von jedem Handynetz, aber in atemberaubender Landschaft. Das prägnanteste Freeskierlebnis kommt etwas mehr aus der Freestyle Ecke. Für unseren zweiten Film von Legs of Steel, ‚Nothing Else Matters‘, haben wir ein Shooting veranstaltet, bei dem 13 Skifahrer über drei Absprünge kreuz und quer direkt hinter- und übereinander durch die Luft geflogen sind! www.legsofsteel.eu/NEM – schaut es euch an! Dann könnt ihr euch vorstellen, was ich meine. Gänsehaut!
#2:
Mehr eine Droge als Religion – einmal angefangen, möchte man es nicht mehr missen! Freeriden lebt von Momenten, die teilweise sehr kurz sein können. Intensiv, aber auch sehr entspannend und ruhig! Die Möglichkeit, wie auf Wolken einen gesamten Berg „runterhoppeln“ zu können, oder mit weit über 100 Stundenkilometern ins Tal zu rauschen, sind einzigartig in diesem Sport. Wie so oft mit Drogen, birgt es aber sehr Wohl auch Gefahren. Es gibt keinen Platz für Fehler! Das erfordert sehr viel Erfahrung. Zum einen mit dem Gelände und der Umwelt, zum anderen mit sich selbst – das Vertrauen in sein Können und die Fähigkeit, sich selbst einzuschätzen.
Roman Rohrmoser
Der leidenschaftliche Freeskier aus Ramsau im Zillertal fährt auf zwei edlen Brettern von K2 diverse Berge auf der ganzen Welt herunter. Nebenbei ist er noch Mechatronik Meister, also nicht nur am Berg ein begnadeter Techniker.
#1:
Schwierig, man sieht über die Jahre so viele Skigebiete, Berge oder Länder! Aber was ich sicherlich als eines der Highlights in meinem Leben erwähnen muss, war der Trip nach Alaska. Zwei Wochen stand ein eigener Heli vor der Türe, Schnee ohne Ende – inklusive perfekter Bedingungen.
#2:
Ich gehe zwar manchmal in die Kirche und bin auch davon überzeugt, dass es Schutzengel gibt – glaubt mir, ich kann das behaupten. Aber generell bin ich nicht so der große Fan von Kirchen und Religionen. Trotzdem ist Freeriden für mich immer wieder so eine Art Ersatzreligion. Du stehst alleine bzw. mit Freunden auf dem Berg, rundherum ist niemand und es herrscht totale Ruhe. Die Sonne geht gerade unter, ein fetter Tag voller Powder liegt hinter dir. Du stehst ganz oben auf dem Gipfel und genießt die letzten Sonnenstrahlen! Episch.
Matthias „Hauni“ Haunholder
Der professioneller Freeskier kann zahlreiche Erfolge im Rahmen der Freeride World Tour verbuchen. Darüber hinaus hat er tragende Rollen in zahlreichen Ski Movies (z.B.: “Another day in Paradise” 2012) “gespielt”. Freeride Oskar verdächtig! Diesen Winter meldet es sich nach einer überstandenen Schulterverletzung wieder fit zurück im Geschäft.
#1:
Noch nicht lange her und in gewisser Art sehr prägend: Vergangenen Jänner bin ich gemeinsam mit zwei Freunden und einer Kameracrew aufgebrochen, um am Arlberg einen der spektakulärsten Berge der Ostalpen mit Skiern zu befahren. Wir waren ein bisschen unter Zeitdruck, wegen den Lichtverhältnissen für die Filmaufnahmen. Deshalb entschied ich mich, als Zweiter zu fahren, da meine Linie immer mehr in den Schatten rückte. Die Kameras waren bereit und ich hatte die Hosen voll! Es war ein Höllenritt und ich wusste, ich muss mit dem richtigen Speed und der richtigen Richtung über den finalen Felsen springen, damit ich die besichtigte Landung erwische. In dieser Situation bleibt keine Zeit zum Überlegen. In der Luft merkte ich, dass ich weiter rechts hätte springen sollen und wollte noch schnell korrigieren, was mir aber nicht ganz gelungen ist. Bei der Landung bin ich vollkommen in den Schnee eingesunken. Wegen der Armbewegungen vorher war mein Ellbogen zu weit weg vom Körper. Dadurch habe ich mir die Schulter ausgekugelt. Mein Freund Flo Orley hat sie mir sofort wieder einrenken können. Ein unspektakulärer Sturz kurz darauf machte leider eine OP unumgänglich. Meine Wintersaison war mit Ende Februar schon vorbei – die sechs Monate Reha sind eine sehr harte Zeit für mich gewesen.
#2:
Laut Wikipedia gibt es keine wissenschaftlich allgemein anerkannte Definition von Religion. Was ist Religion? Freeriden ist mein Leben und ich brauche niemanden, der mir sagt, wie ich mein Leben führen soll.
Eva Walkner
Seit ihrer Kindheit ist die in Salzburg geborene Eva Walkner im professionellen Skizirkus unterwegs. Mittlerweile hat sie sich sehr erfolgreich aufs Freeriden spezialisiert. Ein weitere Leidenschaft in ihrem Leben: Musik – zum Beispiel von ihren Landsmännern Steaming Satellites
#1:
Ich bin beim Traversieren mit meinen Skiern bzw. Beinen in eine 15 Meter hohe Wechte gestürzt und konnte meinen Oberkörper gerade noch nach draußen werfen. Beim Versuch meine Beinen zu befreien, ist die Wechte durch den Druck weiter eingebrochen. Unter mir ein tiefer Hohlraum, ähnlich wie eine Gletscherspalte und niemand in unmittelbarer Nähe, der mich rausholen konnte. Ich dachte echt, dass war es nun. Irgendwie bin ich dann doch rausgekommen. Kurz danach, bei meinem Run, ging fünf Sekunden vor meinem „Drop In“ der ganze Hang mit einer massiven Abrisskante ab. Unglaublich! Zwei Mal am Tag einen Schutzengel – so etwas vergisst man nie!
#2:
Für mich ist Freeriden keine Religion, sondern pure Leidenschaft, Lebenseinstellung und Freiheit.
Stefan Häusl
„Stefan Häusel ist einer der besten Freeride Competition Fahrer der Welt. Er stand schon bei einigen Competions ganz oben am Podest und hat 2011 den ersten Stop der Freeride World Tour in Österreich (Fieberbrunn) gewonnen.“
#1:
Unser letzter Dreh zum Film ‚Lost and Found‘. Wir waren in Zelten für sechs Tage am Berg und befanden uns ganz alleine in einer unglaublichen Winterlandschaft. Die Lines, die wir fahren konnten, waren wie in unseren Träumen erhofft und ein unvergessliches Erlebnis.
#2:
Manchmal fühle ich mich komplett in einer Parallelwelt. Meine Frau, unsere Tochter und ich, wir leben tief in den Tiroler Bergen. Unser Leben ist sehr naturverbunden und im Winter dreht sich so ziemlich alles ums Skifahren. Wo ist guter Schnee, welche Filmprojekte, welche Lines, wo ist der nächste Freeride World Tour Bewerb…Wenn ich dann im Sommer wieder mit der realen Welt in Verbindung komme, wird mir erst bewusst, wie andere Menschen leben. Meine Wintersportwelt fühlt sich dann wie ein Märchen an. Wenn du in eine Religion tief einsackst, dann kann ich mir vorstellen, dass diese Leute ebenso in einer Parallelwelt leben. Out of Space – halt in eine andere Richtung.
Heregger Björn
Björn ist Teil des Blizzard Freeride Teams, hat gemeinsam mit Freunden den Film “Hike2Ride” fabriziert und ist im Big Mountain-Contest-Zirkus eifrig und erfolgreich dabei.
#1:
Oft gestellte Frage, aber irgendwie habe ich darauf noch immer nicht DIE Antwort gefunden. Beim Freeriden passiert alles unheimlich schnell. Wenn man in einen gewissen „Flow“ eintaucht, in welchem man instinktiv handelt und alles um einen herum zu verschwimmen scheint, dann will man diesen einen Moment so oft wie möglich wieder erreichen. Nur sind diese Momente sehr selten. An mein erstes Antreten beim legendären Xtreme Verbier 2009 erinnere ich mich jedoch noch sehr gut: Ich hatte einfach die Hose gestrichen voll und wusste mit meiner Angst kaum umzugehen. Im Nachhinein bin ich jedoch darauf gekommen, dass es an diesem Berg jeden so ergeht – auch den „Big Names“.
#2:
Für mich ist Freeriden nach wie vor ein angenehmer Zeitvertreib. Man hat dabei viele Möglichkeiten, sich selbst zu fordern und ans Limit zu bringen. Man kann aber auch einfach rausgehen, die Natur genießen und einen schönen Tag mit Freunden verbringen. Freeriden ist für mich auch keine Lebenseinstellung – wenn das denn so wäre, dann müsste ich meine Einstellung zum Leben hinterfragen. Ich genieße die Zeit am Berg – mit Freunden oder auch alleine. Freeriden ist meine Leidenschaft, mein Ventil, mein Sport – aber nicht alles in meinem Leben. Soll heißen, wenn ich es mache, dann bin ich mit voller Motivation und Hingabe dabei, wenn nicht, dann mache ich augenscheinlich etwas anderes. Aber Freeriden als Ersatzreligion ist Quatsch!
Lorraine Huber
Wer im Alter von drei Jahren in Lech am Arlberg das Skifahren lernt, verfügt über optimale Voraussetzungen für eine glückliche Karriere im Schnee. Genau wie Lorraine Huber, die ihre Jugend zwar in Australien verbracht hat, aber nie auf ihre zwei Bretter und ordentlich Powder verzichten musste.
#1:
Die besten Momente sind immer zusammen mit guten Freunden und bei guten Schneebedingungen, wenn man sich einer Herausforderung stellt, etwas Schiss hat, und sie dann trotzdem meistert. Das kann z.B. einen Sprung über ein hohes Cliff mit super Landung oder eine anspruchsvolle Linie im technischen, felsdurchsetzten Gelände sein.
#2:
Ich bin kein religiöser Mensch, eher ein spiritueller. Beim Freeriden in den Bergen gibt es viele Momente, wo man das Gefühl hat, genau um das geht’s im Leben, das macht das Leben für mich aus! Und man ist glücklich. Ich habe keine Freizeit im klassischen Sinne, bei mir verschmelzen Beruf und Freizeit in einem und so kann man schon sagen, dass Freeriden eine bestimmte Lebensweise, nicht nur ein Sport ist.