Herz und Schmerz
Sophia Brown
Über keinen anderen Gemütszustand sind so viele Lieder, Bücher und Gedichte geschrieben und Filme gedreht worden, wie über die Trennung zweier Menschen (außer vielleicht noch über die davor bestehende unzertrennliche Liebe). Es ist der schrecklichste Zustand der Welt, schier nicht aushaltbar. Und doch bewahrheitet sich immer wieder Großmutters alte Binsenweisheit: Die Zeit heilt alle Wunden.
Die entspannte, einvernehmliche Trennung ist wohl die rare Ausnahme im Tal der Tränen. Einvernehmlich geht nur, wenn beide Parteien eigentlich keine Lust mehr aufeinander haben, dies gemeinsam feststellen und fröhlich auseinander hüpfen. Ich hab so etwas noch nicht erlebt, außer vielleicht damals mit 16, als ich 3 Wochen mit T. „gegangen“ bin, da war das Schluss machen noch easy.
Meistens geht es aber dramatisch zu und verlassen werden ist de facto immer fürchterlicher als zu verlassen. Ich habe beides erlebt. Habe den berühmten „Wir müssen reden“-Satz in den Telefonhörer genuschelt, der nichts anderes bedeutet als “Wir müssen uns treffen, damit ich mit dir Schluss machen kann“ und wurde selbst im Facebook-Chat abserviert (ist das eigentlich schlimmer als das berühmte Post-It aus Sex And The City?!).
Um das ein für allemal klar zu stellen: Es gibt kein schonendes, vornehmes Schluss machen. Es tut immer weh und je mehr Ehrlichkeit vorherrscht, desto besser. Wie oft wird der Satz „Hast du eine/n Andere/n?“ mit einem scheinheiligen „Nein“ beantwortet, obwohl das Gegenteil der Fall ist? Es ist einfacher auf jemanden wütend zu sein und sich von ihm zu lösen, wenn du eine Wut entwickeln kannst und zumindest einen plausiblen Grund vorliegen hast. Ich wurde mal nach zwei Jahren mit einem schwammigen „Ich brauch mehr Zeit für mich“ abserviert, Wochen später fand ich heraus – er hatte sich in eine andere Frau verliebt.
Als Verlassene/r helfen nur die handelsüblichen und weithin bekannten Pflegemittel, sprich: Badewanne, Süßigkeiten, Alkohol, gute Freunde treffen. Aber du solltest aufpassen, dass du nicht zu lange in dieser Phase verweilst, nach spätestens 3 Wochen empfehle ich: Sport machen, keine Süßigkeiten, ausgehen und flirten was das Zeug hält. Selbstbewusstseinssteigernde Aktivitäten, den Marktwert testen, sich verwöhnen (klar kann an diesem Punkt auch der obligatorische Friseurbesuch erfolgen, aber oft reicht auch schon ein Ganzkörperpeeling und eine Gesichtsmaske) – sei nett zu dir selber und verwöhn dich! Danach lass dich von anderen Männern/Frauen verwöhnen und bald tut es gar nicht mehr weh und im besten Fall folgt die Erkenntnis: „Bin ich froh, dass ich Sie/Ihn los bin!“
Verjährt sind manche Trennungen fast skurril-lustig: Wir waren beide 20. Hatten uns auf einer Faschingsparty kennengelernt und führten ca. 2 Monate eine „Fernbeziehung“ zwischen München und Heidelberg. Telefonierten alle 2 Tage und sahen uns 2mal. Am Osterwochenende war er in München und wir gingen aus. Karfreitag, noch dazu, der 13te…
In Bayern herrscht am Karfreitag striktes Tanzverbot, wir setzten uns darüber hinweg und wurden fast aus dem Club geschmissen. Mitten im enthusiastischsten Geknutsche blickte mich dieser Typ, der sorgfältig eine existentialistisch-trübsinnige Aura pflegte, auf einmal mit großen Hundeaugen an und sprach: „Es tut mir leid, ich kann niemanden lieben außer mich selbst!“
Dann schossen ihm die Tränen ins Gesicht und er rannte, am verdutzen Türsteher vorbei, nach draußen. Natürlich weinte auch ich und vor dem Club gab er mir 20 Euro und setzte mich in ein Taxi. Ich habe ihn nie wieder gesehen. Wie war noch mal sein Name? Die Zeit heilt alle Wunden.