Think Small
moralisch Supernackt #32
Einblicke in die Gedankenwelt der Reichen und Geföhnten
Wir brausen auf der Überholspur durchs Leben. Leider, denn das Vergolden des Privatjets brachte funktionelle Probleme mit sich und der Hubschrauber des Gärtners ist im Einsatz. Waldbrand im Südwesten des Vorgartens. Was soll’s: „James, gib’ Gas!“. Wir wollen schnell dorthin, wo noch niemand war! Im Generellen. Heute reicht ein Brunch in der Schweiz. Ein Katzensprung von der Sommerresidenz am Arlberg. Selbst, wenn es nur im Bentley ist.
Nichts kommt dabei ungelegener als ein Stau auf der Autobahn. Wo ist die Rettungsgasse? Das Blaulicht hätten wir griffbereit. Aber nichts zu machen, die Straße ist dicht. Hoffentlich haben die bald das Gold vom Jet abgeklopft. Ist ja unaushaltbar. Wir stoßen an hinter getönten Scheiben. In der Autobar sind auch ein paar gekühlte Austern. Brunchen bis zum Brunch. Langsam und mächtig rollen wir Richtung Unfallstelle. Welche auf der Gegenverkehrsseite ist! Aber die vertrottelten Schaulustigen kreisen um die Toten und halten alles auf. Bitte weiterfahren, es gibt hier nichts zu sehen. Ein Drama im Kleinen. Die große Scheiße passiert anderswo auf der Welt. Think Big! Aber das habt ihr nicht drauf. Das große Ganze hat in eurer kleinkarierten Welt glücklicherweise keinen Platz.
Dabei flimmern die Toten täglich in HD durch das Wohnzimmer. Aber live ist es besser. Viel lebendiger, viel toter. Mit dem Medium als Trennwand scheint es fern und unreal. Da können wir sogar versuchen, einen Friedensnobelpreisträger mit der stärksten Streitkraft der Welt in den Krieg zu schicken, euer gesamtes Leben aufzuzeichnen und unliebsame Kritiker für immer hinter Gitter zusperren, euch kratzt das nicht. Der Arsch bleibt im Sessel, bis er einschläft. Man kann den Medien eh nichts glauben. Sowie den Politikern. Vertraue niemandem, blockiere alles, tue nichts. Im Nebel der Verwirrung zocken wir euch ab. Durch Angst gefügig gemacht, durch Geheimdienste und Massenmedien kontrolliert, in nationalen Grenzen, rechtlichen, politischen und gesellschaftlichen Konventionen und der Abhängigkeit von Geld gefangen und lebenslänglich gemolken. Massenmenschhaltung!
Wenn das wer mit uns machen würde, brennt die Villa. So schnell könnt ihr gar nicht schauen. Aber wahrscheinlich ist das der Grund, warum wir drinnen sitzen und ihr draußen blöd rumglotzt wie das Vieh auf der Weide. Nachrichten wiederkäuend, für die man mindestens sieben Mägen braucht, um sie zu verdauen. Trotzdem passiert nichts, außer Hirnblähungen.
Wie bringt man die Leute auf die Straße? Man macht eine Fußgängerzone daraus (siehe Mariahilferstraße). Das wirkt. Da sind alle hellwach, organisieren sich, posten wie die Deppen und rebellieren. Wir treten auf globaler Ebene eure Rechte mit Füßen, verarschen euch, sammeln, nutzen und verkaufen eure Daten, machen eure Privatsphäre öffentlich. Alles egal, solange es im kleinen Karo passt. Think Small! Wir wissen genau, was ihr macht und wann ihr wo seid. Euch komplett wurscht. Hauptsache, ihr dürft mit dem Auto hin. Muss nicht einmal ein Bentley sein.