Mi, 18. Dez 2013

Girls Only

New Hot Music Shit (33te Ausgabe)

Diesmal haben wir (fast) nur weibliche Protagonisten im Gepäck, bis auf eine klitzekleine Ausnahme, aber bei London Grammar haut einen die Stimme von Sängerin Hannah Reid eh so was von aus den Latschen, dass man die zwei wuscheligen Herren im Hintergrund komplett vergisst. Starke Sologirls, rockige Indie-Mädchen, Electro-Elevinnen, für jede winterliche Gefühlslage etwas dabei…

Fijuka

Prachtvolle Chöre

Vor ein paar Monaten tauchte dieses Video im Netz auf, in dem zwei ziemlich coole Mädchen in einem Turnsaal herumtollen und dabei von einem schicken Rhönrad-Ballett begleitet werden. Das nachhaltig Beeindruckendste an dem Clip ist aber der Song, ein unfassbarer Ohrwurm mit Gänsehautgarantie, in dem die beiden ihr unbekanntes Gegenüber – auf elektronische Beats gebettet – sanft aber bestimmt konfrontieren: „Why do you hate this life? From now on I make you behave in life!“. Es liegt verdammt viel in diesen Textzeilen: Schwermut, Befehl, Kraft, Sexyness, Zuversicht. Man kann sich ihnen nicht entziehen. Es greift auch mal wieder das Vorurteil, dass so ein international klingender Act unmöglich aus Österreich kommen kann. Tut er aber. Aus Wien. Nicht ganz original. Aber dort trafen sich Kathie und Judith. An der Uni. In einem Seminar über „Frauen in der Populärmusik“. Merke: Studieren kann auf jeden Fall nützlich sein, auch wenn man Popstar werden möchte. Fijuka sind auf dem besten Weg.

Für Fans von: Kate Bush, Goldfrapp, Lykke Li
Link:  www.fijuka.com
aktuelles Album: Fijuka – Fijuka ( VÖ: 08.11.2013/ Seayou Records)

Perera Elsewhere

Eine Reise ins Unterbewusste

Die Londonerin mit sri-lankischen Wurzeln Sasha Perera ist das, was man eine Vollblutmusikerin nennt. Bereits als Kind experimentierte sie mit dem Overdubbing von Musikkassetten, später wurde sie DJ und Sängerin der multinationalen Band Jahcoozi, die Anfang der 2000er Jahre von Berlin aus mit ihrer ureigenen Mischung aus Ragga, Hip-Hop und Electronica die Clubszene eroberten. Selbst der britische Godfather des Indie, John Peel würdigte Jahcoozi als „schöne und surreale Popmusik aus der Zukunft“. Als Veranstalterin von Grimetime Parties und mit ihrer Liebe zu Dubstep braute sie an ihrem ganz eigenen Sound, den sie unter dem Künstlernamen Perera Elsewhere auf ihrem Debütalbum Everlast präsentiert. Soullastig und reduziert-akustisch entführt sie uns in bizarre Traumwelten voller wimmernder Chöre, haucht und flüstert diabolisch und im nächsten Moment wieder mit der Intonation eines unschuldigen Schulmädchens. Die Frau kann einfach alles. Und es klingt immer gut.

Für Fans von: Erykah Badu, Róisín Murphy
Link: http://pereraelsewhere.tumblr.com
aktuelle Single: Perera Elsewhere – Everlast ( VÖ: 01.11.2013/ Friends Of Friends)

Lorde

royaler Frühstart

Sicher mögen einige Leser es für vermessen halten, dass ich die neuseeländische Sängerin Lorde in die aktuelle New Hot Shit Liste mit aufnehme. Schließlich ist sie eh schon superfamous, klettert mit ihrem theatralisch-einprägsamen Hit Royals internationale Chartleitern hinauf – sky is the limit. Aber mal ganz im Ernst, dieser Hype ging so schnell, damit hatte ich bei der Planung dieses Artikels noch nicht gerechnet (obwohl ich es natürlich sowieso prophezeit hätte). Außerdem mögen wir solche Wunderkind-Stories doch allzu gerne: Der begabte Lockenkopf aus Neuseeland, der nach der Teilnahme an einem Talentwettbewerb im zarten Alter von 12 Jahren das Interesse eines Majorlabels auf sich zieht, mit 15 unter Vertrag genommen wird und mit 17 das Debütalbum Pure Heroine veröffentlicht. Vor der Veröffentlichung von Royals hatte sie die geografisch isolierte Heimatinsel noch nie verlassen. Ein bisschen wie im Märchen.

„Nein. Verdammt nein. Er ist ekelhaft‘ soll sie ein Duett-Angebot mit David Guetta kürzlich abgelehnt haben. Jetzt mögen wir sie noch ein bisschen mehr.

Für Fans von: Chvrches, Haim, AlunaGeorge
Link: http://lorde.co.nz
aktuelles Album: Pure Heroine ( bereits erschienen/ Universal Records)

London Grammar

Bedachte Seelenmusik

Dieses attraktive Trio aus London (alles andere hätte uns aufgrund der Namensgebung auch eher irritiert) ist eigentlich schon kein Geheimtipp mehr. Auf der Insel gehen sie ab wie ein Zäpfchen, seit Ende 2012 ihre erste Single Hey Now im Internet auftauchte. Es folgte ein Plattenvertrag und bereits vor dem Release ihres Debütalbums wurden sie als Anwärter auf den renommierten Mercury Prize gehandelt, nach einer ausverkauften UK-Tour und einer US-Tour erscheint im November das gute Stück unter dem Namen If You Wait. Sängerin Hannah Reid dominiert mit ihrer vollen Stimme den kompletten Sound der Band, die Instrumentierung im Hintergrund ist absolut reduziert, leichtes Piano, ab und zu mischt sich mal ein unendlicher Streicher oder ein Synth-Sonnenstrahl ein. Gefühlvoll trägt sie starke Texte über Sehnsucht und Leid mit Leichtigkeit durch mehrere Oktaven, das einem das Herzchen auf einem Silbertablett zerschmilzt. Gekauft. Can’t wait.

Für Fans von: AlunaGeorge, Florence + The Machine, The XX
Link: www.londongrammar.com
aktuelles Album: If You Wait (VÖ:15.11.2013/ Island Records – Universal)

The Anna Thompsons

Berliner Garagen-Träume

Oh, Berlin. Du Sehnsuchtsort junger Menschen, Kreativschmiede, Partyhölle. In Scharen kommen sie von überall hierher, um ihre Träume zu verwirklichen, sich selbst, alles. So auch diese vier Damen, die sich in einem modrigen Neuköllner Keller einfanden, um gemeinsam zu musizieren. Erst versuchten sie es mit Cover-Versionen, doch da das Ergebnis eher nach totem Hund klang, beschlossen die Girls (zwei von ihnen heißen tatsächlich Thompson) selbst Stücke zu schreiben. Herausgekommen ist eine abwechslungsreiche Platte mit waschechtem Garagen-Rock, experimentierfreudig und roh, fast wie ein Demo. Da gibt es das treibende Amazing Grace, das mit Zitaten einer Grace Jones Biografie gespickt ist, das sehr lustige Spain Attacks, das die spanische Hipster-Invasion in Berlin auf die Schippe nimmt oder Unicorn, das uns auffordert: „Let’s all go get drunk and pretend we’re unicorns!“. The Anna Thompsons beweisen, dass Rock’n Roll einfach Spaß machen soll, egal ob am Instrument oder im Publikum!

Für Fans von: Luise Pop, Killed By 9v Batteries, Vivian Girls
Link: http://theannathompsons.bandcamp.com
aktuelle Single: The Anna Thompsons/The Anna Thompsons (VÖ: 24.01.2014/RAR-Edel)

Fake Club

Punkrock’s not dead

Okay, Elektro-Gefühlsgedudel ist nicht so deins? Du stehst auf harte Gitarrenriffs, abgeblätterten Nagellack und Bierduschen? Dann möchte ich dir die Mädels von Fake Club nicht vorenthalten. Das Quintett aus London rockt was der Verstärker hergibt und sieht dabei natürlich fantastisch aus, vor kurzem konnten sie als Tour-Support von Kate Nash an der Basis Überzeugungsarbeit leisten. Das Grandiose an Fake Club ist, dass sie nicht nur Post-Punk sondern auch Post-feministisch sind. Sie eignen sich ungekünstelt den Look und die Mackerposen einschlägiger 1980er-Hair-Metal-Bands an ohne damit „fake“ zu wirken, sondern vielmehr „real“ und sehr sexy. Sie singen vom harten Leben, falschen Freunden und echter Liebe. Und haben dabei mehr Eier in der Hose als so mancher Typ. Die Info auf ihrer Facebook-Seite bringt es auf den Punkt: We are a band. We make music. KEEP IT REAL.

Für Fans von: Kate Nash, Mötley Crüe, Guns N’ Roses
Link: www.fakeclub.co.uk
aktuelles Album: Bullet Brain (ITunes)