Amadeus Austrian Music Awards: Monobrother will auch nicht
Musicnews 03.03.2014
Nachdem bereits HVOB und Naked Lunch um die Rücknahme ihrer Nominierung beim Amadeus 2014 gebeten haben, nahm sich am vergangenen Wochenende auch der Wiener Rapper Monobrother aus dem Rennen. Auf Facebook hat er ein ausführliches Statement gepostet.
Die Veranstalter der Amadeus Austrian Music Awards haben es heuer in der Tat nicht leicht. Am 6. Mai wird Österreichs größter Musikpreis über die Bühne gehen, doch bereits jetzt geibt’s eine schlechte Nachricht nach der anderen.
Nachdem letzte Woche bereits HVOB und Naked Lunch auf ihre Nominierung verzichteten, hat sich jetzt der Wiener Rapper Monobrother zu Wort gemeldet. Auch er nimmt die Nominierung nicht an. Hier der ausführliche Kommentar von Monobrother, den er am Samstag auf Facebook gepostet hat:
Liebe Amadeus-Veranstalter, liebe Alle!
Natürlich fühlte sich mein sprödes Seelchen für einen kurzen Moment geschmeichelt, wenn eine solche Nominierung ins Haus flattert, ist ja nicht nichts. Nach einer kurzen Phase der Verstrahlung, stellte sich aber die Vernunft ein.
Dieser Award powered by Hauptsponsor ist bei genauerem Hinsehen nicht mehr als ein Trostpreis für all die gebrochenen Versprechen und unmotiviert-holprigen Versuche, den zahllosen Zugeständnissen, diese völlig verlotterte österreichische Musiklandschaft etwas erträglicher zu gestalten, auch tatsächlich nachzukommen. Der Veranstalter selbst sieht seine Aufgabe nach eigenen Angaben darin, österreichischen Künstlern eine Bühne zu geben, um sie bei einem möglichst breiten Publikum bekannt zu machen. Deshalb gäbe es Kooperationen mit Partnern wie Puls 4, FM4 und Kronehit, von denen meine/unser Musik mit einer rühmlichen Ausnahme (mein Dank geht an Stefan Trischler & Alex Hertel von FM4-Tribe Vibes) jedoch nahezu gänzlich ignoriert wurde und wird. Heimische Programmchefetagen halten sich entweder noch immer die Gegenwart vom Leib, indem sie im Biskotenzutzler-Mix Lionel Richie auf „Born in the USA“ und „Lemon Tree“ spielen – oder aktuellere, majorlabelfinanzierte und kulturzerwalzende Autodrom-Musik bevorzugen. Dadurch wird alle Popmusik außerhalb plumper Mainstreamtauglichkeit querweltein abgewälzt und ins Programm diverser Jugend- und/oder Alternativsender verfrachtet, die sich aus der Überflut an spielbarer Musik nur eine Hand voll aussieben können.
Es sei in diesem Kontext jedoch erwähnt, dass es nicht meine Intention ist, durch pseudo-demokratische, miserabel inszenierte Abstimmungs-Wettbewerbe an Bekanntheit zu gewinnen. Lieber wäre mir – wenn überhaupt – der herkömmliche Weg, beispielsweise übers Radio, der aber ohne eine gesetzlich festgelegte Quotenregelung nach dem französischen Modell (40-oder-mehr-Prozent-Quote, französische Interpreten im Radio zu spielen) offensichtlich nicht begehbar ist.
Weiters bin ich ob der spärlichen Medienpräsenz von österreichischem Rap stark verwundert, warum die Kategorie HipHop überhaupt (noch) existiert. Immerhin ist der Umgang dosiger Medien (ausgenommen Fm4-Tribe Vibes, The Message, The Gap) mit österreichischer Rapmusik entweder keiner oder ein grauslich-sensationalistischer, der den Reumannplatz reflexartig zur Bronx macht und ungestraft den Begriff „Traktorgangster“ etablieren konnte. Im schlimmsten Fall ist er aber ein elitär-herablassender eines 1-Mann-Qualitätsmedien-Musikressorts, der eigentlich lieber Neil Young-Adlibs auf ihren intellektuellen Gehalt prüft, anstatt sich der Herausforderung zu stellen, Rap nicht als lästige Randerscheinung am Pop-Firmament, sondern als ernstzunehmende und beständige Kunstform zu begreifen.
Darüber hinaus wurde im letzten Jahr gravierende Idiotie betrieben. Der (ich vermute, da lacht man am Mount Künigl schon selbst drüber) bildungsbeauftragte ORF streicht dem österreichischen Musikfonds seinen jährlichen Förderbeitrag von 100.000€ (rund ein Zehntel des eh schon viel zu kleinen Topfs) – der als Förderinstitution für etliche junge Bands und Künstler überlebensnotwendig ist – und investiert besagte Summe lieber in die (kolportierte) Gage von „Die-Große-Chance“ –Juroren. Fast zeitgleich mit dieser Hiobsbotschaft bekomme ich von Puls4 eine Mail-Anfrage, ob ich nicht Lust hätte, mich in der Castingshow „Herz von Österreich“, einer weiteren dunklen Stunde televisionären Innovationsverfalls, mit zu blamieren.
Eine Show, die, angeführt von den Expertisen Dj Ötztals und Co., eine noch nie dagewesene Wende zu Gunsten heimischer Künstler hätte bringen sollen. Herz-Jesu-Schmäh, Olè! Oida Huat, neiches G‘waund – in ermüdender Dauerschleife, fortsetzbar ins Unendliche. Und ich werde mich mit einem Blick aufs jeweilige Programm der beiden Sender jedenfalls nicht von dem Argument einlullen lassen, dass KRONEHIT und Puls4 im Oktober 2013 verkündeten, die peinlichen Förder-Versäumnisse des ORF zu stemmen – fragt sich nur aus welchem Kalkül.
Für diese Versäumnisse und Fehltritte kann der Veranstalter selbst natürlich rein gar nichts. Trotzdem betrachtet er sich offenbar als integraler Bestandteil und Repräsentant dieser ruinösen Branche, die seit etlichen Jahren fahrlässig mit österreichischen Musikschaffenden umspringt. Mich dieser Preisverleihung zu „stellen“, würde demnach ein generelles Einverständnis mit den aktuellen Verhältnissen – den gefräßigen Taktiken und Praktiken dieser destruktiven und ignoranten Musikmarkt-Maschinerie – signalisieren, was ich nicht mit mir vereinbaren kann.
Ich will hier keine Hände beißen, die mich füttern (wollen). Im Gegenteil bin ich all jenen Menschen, die sich für meine Nominierung auf die Hinterbeine stellen mussten, dankbar und zutiefst verbunden. Ich nehm‘ nur einen kleinen Bissen von der Pranke, die mich, aber vor allem mein künstlerisches Umfeld, seit Jahren kontinuierlich abwatscht. Solange keine angemessene Infrastruktur geschaffen wird und solange musikalische Reichweite in Österreich so eng mit Entwürdigung verknüpft ist, werde ich keine diesbezügliche Nominierung annehmen.
Einen Schönen allerseits!
Monobrother
(P.S.: In diesem Sinne…)