Lust auf Liebe
Kevin Drew im Interview
Der Kanadier Kevin Drew ist mit seiner Band Broken Social Scene bekannt geworden. Nun hat der 37jährige mit ‚Darlings‘ sein zweites Soloalbum herausgebracht. Im Interview mit VOLUME erzählt Mister Drew, was für ihn Liebe und Sex bedeuten oder wie er Paare dazu gebracht hat, vor laufender Kamera rumzumachen.
Wo liegt für dich der Unterschied zwischen deiner Band Broken Social Scene und deiner Solokarriere?
An Broken Social Scene sind einfach so viele Leute beteiligt! Musikalisch gibt es gar keinen so großen Unterschied, da ich sowieso immer die Musik schreibe. Aber wenn es um die Verbindung zu mir selbst geht, ist es einfacher, über mich zu schreiben, wenn ich an einem Soloalbum sitze. Bei Stücken für die Broken Social Scene möchte ich nicht so tief in meine eigene Persönlichkeit eintauchen. Bei ‚Darlings‘ war mir Selbstreflektion besonders wichtig – und das ohne Kompromisse!
Dein erstes Soloalbum ist vor sieben Jahre erschienen, das letzte Album von Broken Social Scene vor vier Jahren. Warum hast du dir soviel Zeit genommen?
Ich mache so etwas nie leichtfertig. Mein Leben wird definiert durch das, was ich veröffentliche. Und deshalb wollte ich nach der letzten Veröffentlichung einfach ein wenig Luft holen. Alben produzieren ist wie Kinder kriegen – sie begleiten einen für den Rest des Lebens. Deshalb betone ich auch immer, dass wir mit unserer Arbeit etwas Unsterbliches erschaffen, etwas, das für immer existieren wird. Deshalb war mir wichtig, dass mein neues Album auch wirklich etwas bedeutet – und habe mir genügend Zeit dafür genommen.
Auf ‚Darlings‘ geht es besonders um Liebe und Sex und die gesellschaftliche Bedeutung. Warum dieser Fokus?
Ich habe schon immer über Sex geschrieben – bereits meine ersten Aufnahmen, als ich 18 Jahre war, hießen „Suburbian Masturbation“. So ist Sex für mich zu einem sehr prominenten Thema geworden. Ich meine, ich habe geheiratet, ich habe mich scheiden lassen, ich habe sehr viele wundervolle Frauen in den letzten, Jesus, 24 Jahren getroffen, die mich zu dem Mann gemacht haben, der ich heute bin.
Und was war für dich das Interessante am gesellschaftlichen Aspekt?
Heutzutage bin ich besessen davon, was Pornos und Liebe für einen Einfluss auf die heutige Gesellschaft haben. Die Zugänglichkeit von Pornos ist nur einen Klick entfernt, ohne große Anstrengung. Meiner Meinung nach leiden wir heute alle unter einem riesigen Druck. Dabei ist das Herzklopfen zweitrangig geworden und das Sexleben drängt sich immer weiter in den Vordergrund. Das ist besonders für die jüngeren Generationen unschön, da die oft gar nicht mehr das gesamte Ausmaß an Romantik erleben können. Irgendwas läuft da falsch.
In deinem Video ‚Good Sex‘ feierst du dafür die Romantik ab – und lässt richtige Paare vor der Kamera rummachen. Wie hast du denn die Paare gefunden?
Wir haben tatsächlich ein Casting ausgerufen. Die Leute, die Lust hatten, mitzumachen, sollten uns zuerst auf einem Fragebogen erklären, was Lust und Liebe für sie bedeutet. Aus diesem Pool haben wir dann Paare zu Interviews eingeladen. Ich habe lange Gespräche mit jedem einzelnen Paar geführt – über Themen wie Ängste und Eifersucht, ihre Beziehungsgeschichte und über den Zauber des frisch Verliebtseins. Mich hat an diesen Gesprächen besonders die Ehrlichkeit der Einzelnen berührt – denn das erfordert wirklich Mut. Deshalb habe ich zum Schluss auch alle Paare selbst ausgewählt und zu den Aufnahmen eingeladen.
Wie waren die Aufnahmen?
Die fanden ein paar Wochen später statt. Es war schön, zu beobachten, dass wir uns durch die Gespräche vorher miteinander verbunden gefühlt haben. Alle Paare haben sich ungekünstelt verhalten, obwohl sie im Scheinwerferlicht standen. Mir war es extrem wichtig, dass in diesem Video nur echte Paare mitmachen, da so Sex auf eine natürlich Weise gezeigt wird und nicht so unecht wie in den meisten Musikvideos. Deshalb sind meine Klamotten in dem Video auch blutbefleckt. Ich wollte Lust präsentieren – und zeigen -, dass die Liebe über die Lust gewonnen hat. Das war mir sehr wichtig!
Das kam auch auf jeden Fall rüber! Nun sind wir gespannt, wie das live auf der Bühne umgesetzt wird…