Western, Weiber und der Wodka
Bela B im Interview
Dirk Albert Felsenheimer alias Bela B meldet sich zurück mit der dritten Soloplatte „Bye“ und gastiert mit seiner neuen Band Smokestack Lightnin’ kommenden Mai in Österreich. Im Interview spricht der Drummer von Die Ärzte über seine Midlife Crisis, was in seinem Leben immer so sein wird und neue Perspektiven im Filmgeschäft.
Mit 50 soll Mann ja angeblich seine Midlife Crisis überwunden haben. Bela B auch?
So eine Lebenskrise geht einher mit Depressionen und der Frage nach dem Sinn des Lebens. Ich spüre das sehr oft in meinem Bekanntenkreis, aber ich glaube tatsächlich, dass Männer nicht so sehr auf sich selbst reflektieren. Auch diese Freunde, die gerade „alles Scheiße“ sagen, merken gar nicht, dass sie in einer Krise stecken. Wahrscheinlich habe ich das auch nicht gemerkt. 2006 gab es eine Phase, in der mir Musik keinen Spaß gemacht hat. Vielleicht war das meine Midlife Crisis. Jetzt habe ich ein eigenes Label und meine dritte Soloplatte am Start. Alles wieder gut!
Auffallender Unterschied zwischen der letzten Scheibe ‚Code B‘ und dem aktuellen Nachfolger ‚Bye‘: Du hast mit einer neuen Band gearbeitet, den Smokestack Lightnin’. Wie war die Zusammenarbeit?
Ich bin ein Fan von den Jungs, hatte sie 2008 auf der Tour zu „Code B“ schon als Support dabei. Ein Jahr später kam mir die vage Idee: ‚Lasst uns ein Album machen, ich gebe euch meine Songs und ihr arrangiert die Nummern in eurem Style.‘ Die erste Aufnahme war 2012. Dann hatte ich viel mit Die Ärzte zu tun und Smokestack Lightnin’ waren auf Tour, sodass die nächste Session erst 2013 stattfand. Nach dieser Studiowoche habe ich Peta Devlin kennengelernt, mit der ich anfangs nur ein Duett singen wollte. Weil wir aber so schnell fertig waren, habe ich sie gebeten, auch ein bisschen Hintergrundgesang beizusteuern. Eine Woche später habe ich sie gefragt, ob sie in die Band einsteigen will – weil die Frau stimmlich der absolute Oberwahnsinn ist! Ein weiterer Unterschied zu ‚Code B‘ ist, dass ich viele Gäste eingeladen habe, die meine Lieder aber nur einzählen dürfen – mehr nicht. (lacht)
Was wird in deinem Leben ‚Immer So sein‘?
Ich werde immer Musik lieben und Vater sein – bis zum Ende meines Lebens. Jetzt ist es zu spät, um umzusatteln oder um zu verhüten.
Wenn ‚Bye‘ der Soundtrack zu einer Filmszene wäre – wie würde die aussehen?
Wie aus einem Roadmovie oder Western. Bevor der Titel feststand, hat unsere Fotografin schon das fertige Album gehört. Sie meinte, der Sound klingt nach Aufbruch. Mit ihrem alten Chevy sind wir dann in eine Kalkgrube gefahren, um ‚Wüstenfotos‘ zu schießen. Da spielen wir schon mit dem Westernklischee. Das Coverfoto war nur eine spontane Idee und ein Abfallfoto. Dann fanden wir’s aber super. Du gehst vorwärts, die Augen aber nach hinten gerichtet. Das lässt viele Assoziationen zu.
Deine Musik wirkt teilweise wie eine Hommage an das musikalische Amerika der 60er bzw. 70er Jahre. Hast du manchmal das Gefühl, in der falschen Zeit geboren zu sein?
Auf keinen Fall! Da gab es keinen Punkrock, das würde mir schon sehr fehlen. An den 60ern fand ich vor allen die Frauen toll. Wäre sicherlich schön, wenn es Zeitmaschinen gäbe. Aber ich bin sehr zufrieden mit der Zeit, in der ich lebe. Gut, die 80er hätten rein klamottenmäßig vielleicht nicht sein müssen. Aber da konnte ich mich als Punkrocker immer gut raushalten.
Übst du zu Hause privat noch Gitarre oder Schlagzeug?
Drums müssen laut sein. Ich habe ein elektronisches Schlagzeug daheim, auf dem kann man aus Spaß ein paar Sachen üben. Aber das ist für mich nicht die Erfüllung. Letztes Jahr habe ich mir Mandoline beigebracht. Einfach gekauft und Akkorde gelernt – jetzt spiele ich das Ding live auf der Bühne bei zwei Songs.
Du bist ja ein großer Comic Fan. Wärst du der Bösewicht oder Held?
Bösewichte sind natürlich immer cooler und schillernder als die Helden. Meine Vorliebe für Batman rührt ja auch daher, dass er so düster ist. Adam West als Batman natürlich nicht, der war eher ein Clown.
Dass dich Schauspielerei und Filme interessieren, ist auch kein Geheimnis. Könntest du dir vorstellen, eigene Filme in der Rolle eines Regisseurs umzusetzen?
Ich habe gerade ein Drehbuch geschrieben – zusammen mit Thomas Roth, einem Österreicher. Ohne ihn hätte ich das gar nicht auf den Boden gebracht. Jetzt sind wir gerade auf der Suche nach Geldgebern, auch erste Besetzungsvorstellungen gibt es bereits. Ich werde nicht Regie führen, sondern die Hauptrolle spielen und eben als Drehbuchautor aktiv sein. Eine österreichisch-deutsche Koproduktion.
Der österreichische Humor liegt mir sowieso viel mehr als der deutsche. Unser Film ist nicht sehr ernst, darum hoffen wir, dass viele meiner österreichischen Favoriten die Rollenangebote annehmen.
‚Kill Your Friends‘ von John Niven wird gerade verfilmt, du hast das deutsche Hörbuch gesprochen. Welche Rolle würdest du in dem Film gerne übernehmen?
Ich habe mich schon für die Rolle des deutschen Technoproduzenten angeboten, aber es ist noch keiner auf mich zugekommen. Zum Glück ist John ein guter Freund von mir. Bei unserer nächsten Lesung auf der Kölner Literaturmesse schenke ich uns beiden einen großen Wodka ein. Mister Niven ist Schotte, da muss man gar nicht fragen, ob er trinkt. Ich verstehe ihn auch besser, wenn ich einen im Tee hab. Dann werde ich es noch einmal direkt versuchen. Ich gehe davon aus, dass es eine amerikanisch-englische Koproduktion wird. Dann werden die sicher lieber einen amerikanischen Schauspieler nehmen, der sich einen deutschen Akzent antrainiert.
Hoffentlich nicht! Wir freuen uns auf Bela B – auf er Bühne und auf der Leinwand…