Lost In Facebooklove
Innenleben #41
Hallo, mein Name ist Tina und ich verliebe mich chronisch auf Facebook.
Es sollte eine Weltmeisterschaft im SichInFacebookProfilbilderVerlieben geben. Ich würde das Ding für Österreich gewinnen. Versprochen! Ein Bild, ein paar Nachrichten und Bumm – ich bin voller Schmetterlinge. Letztens habe ich Timur aus Tel Aviv kennengelernt. Uns blieben – dramaturgisch auf höchstem Hollywood-Kitsch-Niveau – vierundzwanzig Stunden, bis er zum Flughafen musste. Hocherwachsen weiß ich natürlich, dass es sich nicht lohnt, unrealistische Dinge zu romantisieren. Doch dann kam die Freundschaftsanfrage. Es folgten Nachrichten und Likes und ich erwischte mich dabei, immer wieder auf sein Profil zu klicken. Wie automatisiert, begann ich, mein Herz mit szenischen Geschichten der Nacht zu umschmeicheln. Und kurz bevor ich erneut in die Falle tappte, verstand ich es: Facebook ist das ideale Biotop, um sich zu verlieben. Ich sollte langsam aufhören mit dieser Hochnäsigkeit gegenüber Online-Dating-Seiten. Vielleicht funktioniert die Welt 2014 so. Gleichzeitig belächle ich Tobias, der sich, nach unserer Trennung, bei Websingles anmeldete. Während ich gerade erst anfing, mein neues Single-Dasein mit einem viel zu jungen Burschen auszukosten, offenbarte mir Tobias, dass er Vater wird. Ernsthaft?! Kennengelernt im Internet und schwanger, weil die Verhütungs-App nicht aktualisiert war? Ah ja. Schön. Gleichermaßen frage ich mich, ob es wirklich so viel besser oder echter ist, jemanden beim Fortgehen im trunkenen Zustand kennenzulernen. Vielleicht ist das Medium Internet einfach der neue Schleier des Alkohols. Möglich, dass meine Beziehung mit Philipp, der eines Nachts um drei Uhr Früh in der Grellen Forelle in mein Leben trat, deshalb gescheitert ist, weil sie einfach voll yesterday war. Aber – und jetzt kommt’s – ich bin nicht ident mit meinem Facebook-Profil. Mindblowing Confession, I know! Nein, ich bin nicht so umwerfend und schlagfertig und wasauchimmer. Wenn dem so wäre, würde ich, wie es meine Mum ganz richtig angesichts meiner 382 Freunde immer und immer wieder feststellt, an einem Freitagabend wohl nicht alleine mit meiner Katze zuhause sitzen, oder?
Also rein ins Leben und ab nach Tel Aviv! Oh ja … und dann tacker ich mir auch gleich ein Overly Attached Girlfriend-Schild auf die Stirn. Nein, ich bleib lieber im sicheren Terrain der Facebook-Umgebung. Da kenn‘ ich mich aus. Blöd nur, dass Timur da nicht mitspielt: Er kommt im nächsten Monat wieder nach Wien. Passt mir eigentlich gar nicht in den Kram. Ich weiß nicht, ob ich nach äh hundertdreiundzwanzig Nachrichten zu diesem Schritt schon bereit bin. Puh, online in der Meisterklasse, aber im realen Leben eine feige Nuss. Düstere Aussichten. Status Update: Lost in Facebook-Love.