Woran erkennt man einen Veganer auf einer Party?
Angefressen #47
Keine Sorge, er wird es dir erzählen! Ok, schuldig im Sinne der Anklage. Ich gehe ja mittlerweile auf Partys nur noch mit dem strengen Vorsatz, bloß nicht dieses Klischee zu bedienen. Ich quäle mich durch Smalltalk über Castingshows und Schönheits-OPs der C-Prominenz, nur um dem Thema zu entgehen. Ich stehe vor den mitgebrachten Salaten und stochere heimlich mit der Gabel in einer der Schüsseln herum, um eventuell verborgene Speckwürfelchen oder Käse zu identifizieren.
Ich will gerade meinen Raumschiff Enterprise-Tricorder aus dem Auto holen, um das Dressing zu analysieren, da spricht Axel, der Gastgeber, mich furchtbar laut an: „Hey Jan, ist da was für dich dabei?“ „Pssssssst!“, ermahne ich und gestikuliere ihm, gefälligst leiser zu reden. Ich flüstere weiter: „Ich denke ja, aber lass mich nur machen!“ Axel wiegelt ab, „Ach was, stell dich nicht so an!“ Er ruft durch den ganzen Raum: „Tanja, dein Salat war doch vegan, oder?“
Der Satz hallt eine gefühlte Ewigkeit in meinem Ohr wider. Die Gespräche verstummen. Der Mann am Klavier hört auf zu spielen. Den Menschen fallen Zigaretten aus den offen stehenden Mündern… not! Das war vielleicht in den 90ern so, aber mittlerweile ist es den meisten Menschen vollkommen egal, ob ich mich vegan, nach Paleo-Diät oder ausschließlich von Hunden der Jacob-Sisters ernähre. Aber wie Religionen bringt auch die Fleischesser-Fraktion immer ein paar wenige Irre hervor, die wie aus der Zeitkapsel gefallen wirken. Denn während ich mir Tanjas Salat auf einen Pappteller schaufele, spricht einer ihrer Vertreter mich unbekannterweise an: „Veganisch finde ich ja komisch. Da fehlt dir doch Calcium. Und Vitamin Ü!“
Ui, toll! Zugegeben, Veganer, die auf Partys jeden ungefragt volllabern, das ist meist peinlich. Aber jemanden auf einer Party wegen seiner vermeintlich ungesunde Ernährung volllabern? Ist diese Art von unerwünschter Bemutterung der Inbegriff von Uncoolness, oder was? Geht der Typ gleich und nimmt den anderen den Wodka aus der Hand und empfiehlt stattdessen verdünnten Karottensaft? Ich vergesse also meinen Vorsatz, rede mal wieder über Vitamin Ü und entspreche für Außenstehende dem Klischee des Veganers auf Mission.
Ja, Veganer mögen anderen erzählen, dass sie welche sind. Aber nicht vergessen: Vielleicht antworten sie da gerade auch einfach nur auf doofe Fragen.