Raus in die Zukunft
Die Stadt ist mein Blog
‚Hier passiert Zukunft‘, wird einem auf der Homepage von Neu Marx weisgemacht. Da man sich im Leben ja nicht alles einreden lassen möchte, muss man sich selbst ein Bild davon machen. Also ab nach St. Marx, wo aus einem ehemaligen Schlachthofareal ein moderner Wirtschaftsstandort für Medien, Forschung und Technologie werden soll. Dort angekommen, lässt sich so etwas aktuell zwar nur erahnen, aber immerhin.
Denn vor zwei Jahren herrschte auf dem 37 Hektar großen Gebiet noch gähnende Leere. Heute, an einem Nachmittag im Februar, spielt sich auf dem Gebiet im Nirgendwo von Wien zwar auch nicht grade viel ab, aber zumindest sieht man hin und wieder Menschen in Autos vorfahren. Redakteure von PULS 4 lassen sich mit dem Taxi von ihrem Dreh zurück in die Arbeit bringen, da die Öffis an diesem Gelände nur vorbeifahren. Und wer will schon die ganze Ausrüstung zu Fuß hier herschleppen? Eben. Diese Leidenschaft für die periphere Lage haben hierzulande scheinbar alle ‚Medienzentren‘, denn das ORF-Hauptquartier am Küniglberg liegt ja auch eher am A**** von Wien. Kommen wir zum Positiven: In Neu Marx scheint sich die Tristesse aber langsam zu verabschieden – zumindest, was die Nahversorgung betrifft. Denn neben der Marx-Restauration haben sich hier auch schon zwei neue Lokale angesiedelt – EastEnd und Peter & Paul. Letzteres liegt im Erdgeschoss des ‚Media Quarter Marx 3‘ und ist für die dort arbeitenden Menschen eine mögliche Alternative zu der üblichen Nahrungsaufnahme. Von Innen und Außen könnte das Bistro auch in Berlin, Brooklyn oder in Wien Neubau stehen. Bis 16 Uhr gibt es täglich diverse Menüs. Der Kellner mit einem lieben (dänischen? oder schwedischen?) Akzent war bemüht und hatte ‚alles im Kopf‘, also das Getränkeangebot (u.a. diverse Bionade Limonaden) und die noch vorhandenen Speisen. Gekocht wird nach dem Prinzip ’so lange der Vorrat reicht‘. Um 15 Uhr waren an diesem Tag nur mehr die Schinkenfleckerl da. Dann eher den Burger mit Speck, Cheddar und einer fein abgeschmeckten, milden Barbecuesauce – garniert mit einem cremigen Krautsalat. Schmeckt gut und ist mit € 6,70 dann auch preislich sehr okay. Die Reise in die ‚Zukunft‘, nach Neu Marx, zahlt sich dafür schon aus. Was sich am kommenden Wochenende alles auszahlt in Sachen Party? Hier kommen die vollkommen subjektiven Feiertipps:
Freitag
Der heimische Rapper Nazar tritt im Rahmen seiner ‚freundlichen DiktaTour‘ in der Arena zu Wien auf. Präsentieren wird der 1984 im Iran geborene und in Wien aufgewachsene Ardalan Afshar sein neues, solides Album ‚Camouflage‘.
In der Kantine kann man, wenn man will, mit Super Flu schmusen. Das Duo aus Halle in Deutschland ist seit Jahren im Auftrag von Tech-House unterwegs. Ihre Tracks sind dann gerne auch mal mit lustigen Samples angereichert. Nett!
Nett ist für Len Faki in der Grelle Forelle eher keine gute Beschreibung, denn der bullige, auch im Berghain gern gesehene DJ mag es eher härter – was den Sound angeht. Er spielt Acid verseuchten Techno, der locker mal 130 Beats per Minute überschreitet. Da geht die Post ab!
Carlo im Celeste feiert ‚vier Pflaumen con vino‘. Die vier Pflaumen haben dann auch einen Namen: Roman Rauch (Philpot), Steven S. (Janefondas), Tobsi Tobsen (Paradiso) und der auflegende Plattenhändler Fritz Plöckinger (Market). Als Special Guest kommt noch Precious K dazu, als Vino sozusagen. Cin cin!
Alles Gute, Fraktal. Die Veranstaltungsreihe, die einst im B72 angefangen hat und nun in der Tonstube agiert, geht ‚in die vierundfünfzigste Runde‘. Diese Konstanz wird ausführlich zugeprostet.
Jay Haze in der Pratersauna: Der US-amerkianische Produzent zählte mal zu den ganz Großen der Branche. Er fertigte Remixarbeiten für Villalobos an und lieferte 2005 mit ‚Love For A Strange World‘ seinen ersten Longplayer ab. Nach Arbeiten für Yann Tiersen und Saul Williams legte er sich mit Fuckpony ein Pseudonym zu. Seine Tracks sind stets verspielt, jazzig und stechen aus dem ewig gleichen House-Masse hervor.
Robert Babicz, der Kölner mit polnischen Wurzeln, wird in der Auslage seinen luftdurchfluteten Tech-House-Sound präsentieren. Vielleicht wagt Rob Acid, so sein einstiges Pseudonym, auch einen Blick zurück, als er noch erdigen Acid durch die Boxen jagte. Wäre fein!
Samstag
Zum Bande À Part ins Leopold kommt diesmal NGLY und damit Techno. Der gebürtige Argentinier tourt gerade mit seinem analogen Equipment durch Europa und macht auch in Wien halt, um im schick-schönen Ambiente des Leopold seinen rohen wie rauen, analog-atmosphärischen Sound zu präsentieren. Als Support kommt Simon Heidemann von Ascending Waves.
Der Hamburger Peter M. Kersten alias Lawrence wird bei der Bepob Rodeo Nacht in der Grelle Forelle aufspielen. Der Mitgründer des Labels Dial ist ein wandelbarer Produzent, der unter diversen Pseudonymen unterschiedlichste Musik macht, die grob umrissen eher fürs Wohnzimmer als für den Club gedacht ist. Aber die minimalen Technoknospen werden in der Forelle schon aufgehen.
Die hausinterne Veranstaltungsreihe vom dasWerk, Geil & Bogen, geht in die zweite Runde. Als Headliner wird diesmal Bok Bok geführt. Der in London lebende Produzent und DJ veröffentlicht seine Post Dubstep, UK-Garage und trappigen R&B-Tracks auf seinem eigenen Label Night Slugs, eine Heimat für kreative, neben der Spur produzierende Nachwuchshoffnungen in Sachen elektronischer Musik. Den Rahmen spannen Locals wie K:Sun oder Casual Clay.
Seayou Records wird 9 Jahre alt. Alles Gute! Um das zu feiern, werden die drei neuen Acts im Labelstall präsentiert. Vorstellen werden sie sich im Wiener Fluc: Discopop mit Ankathie Koi, sphärische Synthies mit Mynth und ein DJ Set von Colostrum. Eintritt: freie Spende.