Nächste Berufsstation: Raketenarzt
Gloria im Interview
‚Wir fühlen uns nun als richtige Band!‘, scherzt der ehemalige Bassist von Wir Sind Helden, Mark Tavassol, der jetzt mit Klaas Heufer-Umlauf unter dem Bandnamen Gloria sein zweites Album ‚Geister‘ präsentiert. Was als Spaß an der Musik begann, ist nun endgültig ernst – sie sind ‚angekommen‘ und das hört man auf dem zweiten Album deutlich. Klaas und Mark erzählen VOLUME vorab, was sie antreibt, dass man die Kontrolle über sein Leben verloren hat, wenn man Jogginghosen trägt und was uns am 4. Oktober in Wien erwartet!
Im August veröffentlicht ihr euer zweites Album ‚Geister‘ – mit welchen Geistern habt ihr zu kämpfen?
Mark: In Bezug auf den Albumtitel sind in erster Linie Geisteshaltungen oder geisterhaft anmutende Ideale gemeint – also Menschen, die etwas anderes vorgeben als sie tatsächlich sind. ‚Geister‘ beschreibt ein falsches Ideal, dem man hinterher läuft und einfach zu spät bemerkt, dass man auf dem Holzweg ist..
Wie oft ist das euch selbst passiert, dass ihr einem falschen Ideal hinter gelaufen seid?
Mark: In dieser Größenordnung noch nicht. Man ist aber natürlich nicht gefeit davor, sich begeistern oder blenden zu lassen – aber uns ist glücklicherweise eine gute Selbstreflexion gegeben, deswegen würde es mir – glaube ich – nicht passieren, dass ich zum Beispiel politisch in die falsche Richtung marschiere, bevor ich merke, was eigentlich los ist. Aber man muss wachsam sein!
Lange habt ihr eure Fans nicht warten lassen, vor gut einem Jahr habt ihr euer Debütalbum ‚Gloria‘ veröffentlicht inklusive darauffolgender Tournee und euren anderen Projekten. Wie schafft ihr dieses Arbeitspensum?
Klaas: Mit sehr viel Organisation und einer Menge Disziplin! Man muss wirklich alles organisieren und man darf nicht rumsitzen und faul sein. Man muss morgens früh aufstehen und darf keine Jogginghosen tragen, weil man sonst die Kontrolle über sein Leben verloren hat! (lacht)
Lässt sich ‚Geister‘ klar von eurem ersten Album unterscheiden?
Mark: Im besten Fall nicht – aber man hat trotzdem eine Ahnung, welcher Song zu welchem Album gehört. Wir haben uns anders gefühlt beim Schreiben für ‚Geister‘ – wir wussten, dass wir gemeinsam eine neue Platte vorhaben, was bei der Ersten nicht der Fall war. Man hört nun ein ‚angekommen sein‘. Nach der ersten Tour hatten wir das Gefühl, eine Band zu werden. Es gibt natürlich auch viele inhaltliche Evolutionen.
Seid ihr jetzt weniger nervös, als zu Beginn?
Klaas: Nervosität sollte nie komplett ablegen werden, denn nur so ist man richtig konzentriert. Wenn man nur entspannt ist, wird das nichts! Es darf halt nur keine negative Anspannung sein, wo man alles vergisst und nur noch nach Hause will! Ich bin dankbar, dass ich immer noch aufgeregt sein darf! Das können viele andere Dreißigjährige nicht mehr von sich behaupten.
Im Song ‚Geister‘ heißt es: ‚Deine Sinne sind betäubt, es beginnt vor deinen Füßen, alles was du bereust.‘ – was bereut ihr?
Mark:
Mir ist noch nichts passiert, was ich grundlegend bereue. Ich habe mich bei den wichtigen Punkten richtig entschieden und ich wurde bis jetzt auch von ganz großen Schicksalsschlägen verschont. Es war so, dass ich ziemlich zerrissen war zwischen Musiker und nicht Musiker sein. So vor über 10 Jahren – ich habe mich dann dafür entschieden, was mich glücklich gemacht hat! Das, was für mich eine zentrale Entscheidung war, ist eigentlich relativ klein bzw. irrelevant gegen das, was gerade auf der Erde falsch läuft! Darüber sind wir selbst verwundert, dass diese Ereignisse gerade unsere Song aus dem letzten Jahr überholen.
‚Man macht sich durch Musik verletzbar‘, hat Klaas 2013 in einem Interview zugegeben. Habt ihr durch die Erfahrungen rund um das erste Album schon einen Schutzpanzer entwickelt?
Klaas: Natürlich kannst du durch Ironie eine Menge durchwinken, aber Ironie spielt halt irgendwann keine Rolle mehr wenn man Songs macht. Dieses Schutzschild ist dann weg. Nicht, dass man mit einem Schutzschild nicht gut durchs Leben kommt, aber das ist eine Entscheidung, die man dann irgendwann trifft und zu dieser muss man stehen. Viel von sich preiszugeben und sich angreifbar oder auch verarschbar zu machen – da muss man sich halt überlegen, was einem wichtiger ist: Musizieren oder das Genuschel hinter vorgehaltener Hand. Das ist mir aber auch egal. Als Jugendlicher hätte es mich vielleicht von meinen Plänen abbringen können, aber mittlerweile ist mir das Ganze herzlich wurscht…
Das heißt, ihr zieht einfach euer Ding durch?
Klaas: Na klar! Am Ende wird man ja an der Musik beurteilt und ist ein bisschen losgelöst von der eigentlichen Person. Irgendwann zählt, ob das Album etwas kann oder nicht! Diese Frage muss sich jeder Musiker gefallen lassen. Kritik und Lob darf nicht allzu persönlich genommen werden, nach Möglichkeit…
2015 ist ein gutes Jahr für Grönland Records: Boy bringen mit ‚We Were Here‘ ihre zweite Platte raus und Gloria veröffentlichen ‚Geister‘. Was ist das Besondere an Grönland Records?
Klaas: Ich habe den Eindruck, dieses Label wird aus dem gleichen Grund betrieben, weshalb wir eine Band sind – wegen der Leidenschaft zur Musik und aus Spaß an der Sache! Wir teilen auch die Auffassung darüber, wie man Musik in die Welt bringt, was auch eine sehr philosophische Sache ist. Insofern funktioniert das bestens und wir verstehen uns auch persönlich sehr gut. Es nervt uns keiner und wir nerven sie nicht! (lacht)
Was darf Wien am 4. Oktober erwarten? Was verbindet ihr mit dieser Stadt?
Klaas: Ich bin sehr häufig und sehr gerne in Wien – aus familiären Gründen. Deswegen freue ich ich mich auch umso mehr auf das Wienkonzert! Was euch erwarten wird? Eine topmotivierte Band! Mit zwei mega Alben im Gepäck – es wird laut und leise, schnell und langsam, dumm und schlau.
Dein Lieblingslokal, ist also..
Klaas: Ich gehe nicht so viel in Lokale! Und wenn, dann habe ich sie mir nicht gemerkt bzw. merken können…(lacht)
Das lassen wir mal so stehen! Vom Friseur zum Moderator bzw. Stuntman bei Circus Halligalli hin zu Gloria. Was strebt Klaas Heufer-Umlauf noch alles an in seinem Berufsleben?
Klaas: So Sachen wie Staatsanwalt oder Meeresbiologe sind bei mir ausgeschlossen, aber Raketenarzt habe ich mir noch vorgenommen – aber erst in meinen späteren Tagen!
Also noch ein Studium in der Pension?
Ja, das könnte ich mir gut vorstellen. Kurz vor dem Stadium, in dem man anfängt, das Eckige ins Eckige zu stecken und das Runde ins Runde – also kurz vorm absoluten Gedächtnisverlust, um noch schnell aus der alten Matschbirne etwas rauszuholen. Raketenarzt zu werden ist mein großer Traum! Oder vielleicht werde ich auch Schmuckdesigner…(lacht)
Da sind wir mal gespannt was noch kommt!? Wir freuen uns auf den 4. Oktober im Wiener Chaya Fuera.