Fr, 18. Sep 2015

Eistee aus der Dose

Klangkarussell im Interview

Mit ihrem sonnigen Hit tanzten sich Tobias Rieser und Adrian Held 2012 in die Herzen der elektronischen Musikliebhaber und an die Spitzen der internationalen Charts. Eine Welttournee, der European Border Breakers Award und ihr Debütalbum „Netzwerk“ folgten – ein phänomenaler Karrierestart für die zwei Jugendfreunde aus Salzburg, der so manch anderen vielleicht abheben lassen würde. Doch uns saß beim Interview ein bodenständiger, fast schüchterner Adrian gegenüber, mit dem wir uns über gelungene Partys, netzwerken im Musikbusiness und ihr Sprungbrett Soundcloud unterhalten haben.

Ihr seid international sehr gefragt und ständig in der Weltgeschichte unterwegs. Freut man sich dann darauf, endlich wieder mal „zuhause“ aufzulegen?

Ja, klar! Man trifft endlich wieder Leute, die man kennt. Das ist natürlich angenehmer als irgendwo zu sein, wo man keinen kennt oder nur kurze Freundschaften aufbauen kann. Quasi wie bei Fightclub, wo er sagt: „Im Flugzeug ist doch alles irgendwie portioniert, sogar die Leute.“ – das versteh ich jetzt. (lacht)

In der elektronischen Musikszene in Österreich tut sich ja so einiges. Was denkst du über die Entwicklungen in den letzten Jahren?

Ehrlich gesagt, bekomme ich das gar nicht mehr so mit. Ich bin vor zwei Jahren weg gezogen, wodurch ich das Geschehen nicht mehr so hautnah verfolgen kann. Ich kenne aber natürlich noch beispielweise die Jungs von Affine Records. Aber was so Neues passiert, das habe ich nicht mehr so wirklich am Schirm. Es gibt aber viele gute Leute!

Was sind wichtigste Zutaten für eine gelungene Party – egal ob in heimischen oder internationalen Clubs?

Mir sind eine gute Anlage und ein hochwertiger Sound immer enorm wichtig. Auch wenn meine Freunde früher auf diese und jene Party gegangen sind, bin ich doch lieber alleine dort oder dort hingegangen, weil ich einen bestimmten DJ unbedingt sehen wollte. Für viele Leute ist es wichtiger mit Freunden auszugehen, für mich stand immer schon die Musik im Vordergrund. Die Qualität der Anlage ist mir bis heute auch wichtiger als das Licht oder Spezialeffekt wie Feuer oder so. (lacht)

Welche Rolle spielen Visuals und Lichteffekte dann für deine eigenen Shows?

Visuals sind super, aber es ist immer die Frage, was will man machen und wie gut kann man es auch umsetzten? Ich würde eher auf Visuals verzichten, wenn ich sie nicht so umsetzen könnte, wie ich das gerne hätte. Aber wenn alles so funktioniert, wie ich mir das vorstelle, ist es natürlich noch ein schönes Plus zur Musik.

Was ist dein wichtigstes Netzwerk?

Definitiv Freunde und Familie!

Man braucht einfach Leute um sich, die einen unterstützen – überall, aber vor allem im Musikbusiness. Gleichzeitig kommt es auch immer auf den Stand der Karriere an, inwieweit man netzwerken muss, um voran zu kommen. Wenn man nicht so bekannt ist, muss man natürlich möglichst viele Leute kennen lernen, Demos verteilen und versuchen so viel wie möglich aufzulegen. Das hat sich für uns aber gerade eher erübrigt. (lacht)

Da musstet ihr auch durch…

Ja, klar! Als ich in Salzburg mit dem Auflegen begonnen habe, war es so schwierig, dass wir irgendwann anfangen haben, unsere eigenen Partys zu veranstalten. Man bekam einfach keine Slots, deshalb haben wir das einfach selbst gemacht.

Diese Zeiten sind nun ja vorbei. Ihr habt jedoch relativ lange an eurem Debüt getüftelt. Wann ist denn ein Song für dich perfekt?

Perfekt für alle Zeit gibt es nicht! (lacht) Wenn ich mir heute ein paar Songs anhöre, würde ich wahrscheinlich wieder ein paar Sachen anders machen. Es gibt aber einen Punkt, den man nicht überschreiten sollte, weil man irgendwann womöglich zu viel macht. Es wird dann auch nicht mehr besser. Diesen Punkt muss man erwischen und dann ist es gut – für die jetzige Zeit. Man muss auch abschließen können, sonst sitzt man in zehn Jahren immer noch am selben Album. Deadlines sind ganz gut – wobei man die auch immer verschieben kann. (lacht)

Wieso verwendet ihr mal deutsche und mal englische Songtitel?

Das ist zufällig passiert. Die englischen Titel haben alle Gesang oder zumindest gesprochene Vocals, deshalb war es naheliegend, das Gesprochene als Titel zu verwenden. Bei den anderen gibt es das nicht, deswegen haben diese deutsche Titel. Ich glaube zumindest, dass es so ist. (lacht) Manchmal bekommen Songs ihren Namen aber auch nur deshalb, weil man das Projekt unter irgendeinem Titel schnell abgespeichert hat – zum Beispiel ‚Eistee aus der Dose‘. Da hätte man sich natürlich auch einen anderen Namen überlegen können. (lacht)

Viele Künstler sehen Youtube oder Soundcloud in Bezug auf Urheberrechte sehr kritisch. Bei euch dürfte das nach dem Erfolg von ‚Sonnentanz‘ durch Soundcloud aber anders sein…

Ich habe früher selbst viel Musik illegal heruntergeladen – mich stört das überhaupt nicht. Ich verstehe, dass man das macht, denn irgendwie will man die Musik ja konsumieren. Uns hat es geholfen. Ob sich jetzt 1 Millionen Menschen einen Track anhören und davon 100 000 oder 150 000 Leute den Song auch kaufen, ist ja wurscht. Es hört jemand, das reicht schon. (lacht)

Was ist mit anderen sozialen Netzwerken: facebooked, twittert und instagramt ihr selbst?

Nein, ich bin da total raus aus diesen sozialen Netzwerken. Das regt mich teilweise zu sehr auf, aber wir haben einen Instagram-Account, auf dem wir selbst posten. Den Rest macht eine Agentur. Es sei denn, uns ist irgendetwas besonders wichtig. Ansonsten ist der Zeitaufwand dafür einfach zu groß.

Verständlich. Nützt ihr die Zeit lieber, um an neuen Songs zu arbeiten?

Ja, ihr könnt voraussichtlich nächstes Jahr mit neuen Sachen rechnen.

Sehr fein! Für viele Künstler ist das zweite Album nach einem starken Debüt aber oft mit Druck verbunden. Wie empfindest du das?

Das erste Album ist in einer komischen Zeit entstanden. Da ging’s gerade erst los und wir waren viel unterwegs. Wir hatten damals nie die Zeit lange an ein und demselben Ort zu sitzen und nur Musik zu machen: dort, dann zwei Tage Studio, wieder wo anders, zwei Tage Studio, dann wieder unterwegs. Deswegen hat es auch so lange gedauert. Das soll beim zweiten Album ganz anders werden: Zeit nehmen, hinsetzen, machen.

Wir wünschen alles Gute und freuen uns auf neue Klänge von euch!