Kein Ende in Sicht
Twenty One Pilots im Interview
Es gibt Songs im Radio, die einfach nur nerven. Und es gibt die Hits von Twenty One Pilots: Mit „Car Radio″, „Stressed Out″ oder „Heavydirtysoul″ sorgt das US-amerikanische Musikerduo für beste Laune anstatt für schlechte Stimmung. Das Erfolgsrezept: Tyler Joseph und Josh Dun schreiben ihre Songs nicht für die Hitparaden, sondern für die Konzertbühnen dieser Erde. Der internationale Erfolg gibt ihnen mehr als Recht, ein Ende ist noch lange nicht in Sicht. VOLUME hat Josh Dun getroffen, um mit ihm über Musik im Autoradio, Stressabbau, Reggae als Inspirationsquelle und Lieblingsschlagzeuger zu philosophieren.
Gratulation! Twenty One Pilots heißen die neuen Chartstürmer – auch in Österreich. Wie fühlt es sich an, mit der eigenen Musik die Verkaufscharts anzuführen?
Wir geben nicht viel auf Ruhm und Reichtum. Als Tyler und ich mit der Musik anfingen, hatten wir keine Ahnung, was überhaupt in den Charts läuft – geschweige denn, was es bedeutet, Teil davon zu sein. Als uns mitgeteilt wurde, dass wir die neue Nummer eins sind, dachten wir uns: „Okay, was heißt das jetzt genau? Warum soll das wichtig sein?″ Mittlerweile wissen wir, was so ein Erfolg für eine Bedeutung hat. Es ist vor allem ein Verdienst und eine Wertschätzung für alle, die sich entschieden haben, in uns zu investieren – für die Menschen, die voll und ganz hinter unserer Musik, unseren Songs und unseren Worten stehen. Das ist für uns das Wichtigste! Und ja, letztendlich ist es schon cool, von der Spitze der Charts zu grüßen…
Welche Musik läuft in deinem Autoradio? Wenn es nicht gerade gestohlen wurde…
(lacht) In meinem Leben wurde mir schon vier- oder fünfmal das Auto bzw. die Anlage daraus gestohlen. Das passiert vermutlich fast jedem irgendwann, aber es ist wirklich ein sehr schmerzliches Gefühl, gezwungen zu sein, ohne Musik Auto zu fahren. Klar, manchmal lasse ich es auch ausgeschalten. Trotzdem komisch in einem Gehäuse aus Metall gefangen zu sein, der ganz ohne Sound über irgendwelche Straßen donnert! Aber zurück zur eigentlichen Frage: Ich habe keine Ahnung, denn ich höre jeden Tag andere Musik. Aber meistens eher langsame Sachen wie zum Beispiel Sigur Rós. Bei dem Sound kann ich in Ruhe nachdenken und dabei meine Gedanken sortieren. Death Cab For Cutie kann ich ebenfalls für solche Momente empfehlen. Wenn ich mit Freunden unterwegs bin, hören wir meistens HipHop. Das bricht das Eis und hellt die Stimmung auf.
Gab es auch irgendwas, das ihr in der Zeit eurer Aufnahmen für „Blurryface″ gerne gehört habt? Irgendeinen bestimmten Künstler, der euch die passende Inspiration geliefert hat?
Wir waren für einen Auftritt in Amsterdam. Im gleichen Gebäude, einen Raum weiter, war eine Coverband und hat Reggae gespielt. Also sind wir rübergegangen. Es war das Coolste, was ich je gehört habe. Tyler und ich saßen da und haben alles in uns aufgesaugt. Wir mussten einfach irgendwas von dieser Musik in unser Album übernehmen. Es war das erste Mal, dass wir diese Stilart so wirklich live gehört haben, deswegen waren wir von dieser Performance wahrscheinlich auch so begeistert. Das Beste ist ja, dass man nie wissen kann, wovon man als nächstes inspiriert wird. Morgen könnte mich irgendwas total umhauen, von dem ich es nie erwartet hätte. Deshalb gibt es auf unserem Album so viele verschiedene Genres und Gefühlsrichtungen. Und es ist ein tolles Gefühl, zu wissen, dass wir noch lange nicht am Ende sind…
Ihr schreibt eure Songs hauptsächlich für die Bühne. Gibt es etwas, das ihr dabei im Studio besonders berücksichtigt?
Ich glaube, dass das Komponieren an sich uns viel wichtiger ist, als der Gedanke, einen Hit zu landen. Meistens denken wir zuerst darüber nach, wie sich der Sound später live anhören könnte und wie wir es auf der Bühne präsentieren würden. Als ich das erste Mal bei Tyler zuhause war, sagte ich zu ihm: „Hey, ich habe da eine Idee für diesen Song. Irgendwann in der Mitte könnten wir uns hier rüber bewegen und das hier tun. Oder vielleicht genau hier ein Schlagzeug aufstellen.″ Ich habe mir das immer schon im Vorhinein vorgestellt, auch, wie wir mit den Zuschauern zusammenarbeiten und so alle gemeinsam ein Teil vom großen Ganzen werden könnten. Erst gestern zum Beispiel haben wir über die Tour nächsten Sommer gesprochen und wir hatten alle ganz verschiedene Ideen, was wir mit unseren Songs live so alles anstellen könnten. Das mache ich am liebsten!
Du hast eben erwähnt, dass für den nächsten Sommer schon die nächste Tour geplant ist. Wie kommt ihr denn runter, wenn ihr mal so richtig gestresst seid?
Unterschiedlich. Musik hilft mir immer, wenn ich gestresst bin, weil Musik dich einfach an einen anderen Ort bringen kann. Humor ist auch immer gut. Lachen! Das klingt jetzt vielleicht bescheuert, aber lachen ist eines der Dinge, die ich in meinem Leben am liebsten tue. Da hilft es manchmal, einfach einen lustigen Film zu schauen oder eine Person anzurufen, die einen immer zum Lachen bringen kann. Ist wie eine Therapie. Musik und Lachen. (lacht)
Gibt es manchmal Situationen, in denen du und Tyler euch nicht vertragt? Schließlich hängt ihr die viel zusammen ab…
(lacht) Klar! Natürlich braucht jeder von uns seinen eigenen, kleinen Rückzugsort. Als wir angefangen haben, gab es meistens sehr wenig Platz und wir klebten buchstäblich aufeinander. Ob im Van, im Backstage oder auf der Bühne. Tyler ist jetzt verheiratet, wir haben einen geräumigen Tourbus und die Konzerthallen werden auch immer größer – was bedeutet, dass sich das Ganze jetzt ein bisschen aufgelockert hat. Trotzdem: So sehr wir beim Arbeiten auch aufeinander hocken, wir hängen immer noch gerne zusammen ab – auch in unserer Freizeit!
Wie haben deine Eltern reagiert, als du ihnen klargemacht hast, dass du Musiker werden willst. Was sagen sie zu deinem jetzigen Erfolg?
Als ich angefangen habe, Schlagzeug zu spielen, war lange nicht klar, dass ich das auch den Rest meines Lebens tun würde. Es war einfach etwas, von dem ich besessen war – meine Eltern haben diese Besessenheit natürlich bemerkt. Als ich dann schließlich herausgefunden habe, dass ich es zu meiner Berufung machen will, hatten sie bereits gecheckt, wie viel Zeit und Arbeit ich hineingesteckt hatte. Ich glaube, sie haben es kommen sehen. Sie haben mich immer unterstützt, von Anfang an. Aber natürlich haben sie auch immer wieder Bedenken geäußert, wie hart dieser Karriereweg für mich sein würde. Gerade sind sie natürlich sehr stolz auf ihren Kleinen! (lacht)
Zurecht! Wer ist dein Lieblingsschlagzeuger?
Buddy Rich ist für mich einer der größten Schlagzeuger aller Zeiten. Ich bin so fasziniert von ihm, dass ich mir ständig irgendwelche seiner Videos reinziehe. Dann gibt es da noch natürlich Travis Barker, er hat so unglaublich viel Leidenschaft. Ich habe versucht, so viel wie möglich davon aufzusaugen. Aber ich finde immer wieder aufs Neue andere Drummer, die mich begeistern. Wie gesagt: Unsere Inspirationsquellen sind noch lange nicht ausgeschöpft!