Das Ende einer Ära

Die Stadt ist mein Blog

Im kommenden Jahr soll es kein sound:frame Festival mehr geben. Mit dieser Botschaft hat sich die langjährige Kuratorin Eva Fischer kürzlich zu Wort gemeldet. Aber warum zieht man den Schlussstrich? Und wie schwer war es, so ein Festival in Wien über die Jahre am Leben zu halten? Ich habe bei Eva Fischer nachgefragt.

Eva, stimmt es, dass es 2017 kein sound:frame-Festival geben wird?

Genau. das sound:frame Festival wird heuer zum zehnten und auch letzten Mal in dieser Form stattfinden. Wir freuen uns sehr darauf, uns wieder neu erfinden zu können.

Warum ist Schluss?

Ich denke, dass zehn Jahre eine gute Zeit sind, um ein Projekt als solches zu rekapitulieren und weiterzuentwickeln. Als wir begonnen haben, war sound:frame eines von wenigen Festivals in Wien. Mittlerweile wurde der Festival-Begriff wahnsinnig gehyped, alleine im April gibt es unzählige Festivals. Das ist natürlich toll für das Publikum und man sieht daran, dass es ein großes Bedürfnis nach diesem Format gibt. Man merkt mittlerweile jedoch auch, dass der Festivalmarkt gesättigt ist und so können wir leichten Herzens von dem Format Abschied nehmen und sehen, was die Zukunft bringt.

Wie schwer fällt der Abschied?

Natürlich stimmt uns das auch ein wenig sentimental, denn das sound:frame Festival war immer ein ganz spezielles Baby unseres Teams, aber es gibt viele Gründe, die diese Weiterentwicklung ganz natürlich machen. Finanziell war es für uns nie besonders leicht, wir bekommen zwar seit vielen Jahren eine Basisförderung der Stadt Wien, was sehr wichtig ist, aber erst das unfassbar tolle Team, ganz großartige und hilfsbereite Partner und motivierte Künstler haben dieses Projekt mit viel Herzblut und Enthusiasmus in diesem Ausmaß möglich gemacht. Wir haben uns in den vergangenen Monaten überlegt, wie wir die eigenen Ressourcen noch besser einsetzen können. Dabei ist vor allem das Gefühl entstanden, dass wir nicht mehr das Festival an sich pushen müssen, sondern uns in den kommenden Jahren noch mehr der Sache und dem Inhalt selbst widmen können und wollen. Ich denke, dass aktuell ganz allgemein etwas Neues in der Luft liegt. Das Kollektiv wird immer wichtiger. Wir möchten mehr auf Kollaboration setzen, Synergien schaffen, Kräfte bündeln, Ressourcen teilen und mit ausgewählten Ko-Produktionspartner spezielle Formate über das Jahr hinweg realisieren. Es gibt schon zahlreiche Gespräche und ich bin selbst sehr gespannt, wie es weitergehen wird. Mein großes Interesse liegt jedenfalls darin, die audiovisuelle Kunst noch mehr mit anderen Sparten und Kontexten zu vernetzen.

Im Rahmen des Festivals stellt man sich bei einer Diskussionsrunde auch der Fragen ‚Ist die Clubszene in der Krise oder befinden wir uns am natürlichen Ende einer Ära?‘ Deine Meinung dazu? Wie siehst du die aktuelle Lage in Wien?

Ich würde nicht unbedingt von einer Krise bzw. schon gar nicht vom Ende sprechen, aber es gibt natürlich große Veränderungen. Der Musikmarkt hat sich verändert, die internationalen Gagen sind beispielsweise in den vergangenen zwei Jahren derartig in die Höhe geschnellt, dass es für viele kleinere Veranstalter – und auch für uns als Festival mit kleinem Budget – schwer bis gar nicht mehr möglich ist, viele der Acts zu buchen. Ich begrüße es natürlich sehr, dass sich die Musikszene professionalisiert hat. Kaum ein Künstler arbeitet noch ohne Booking Agent. Leider habe ich jedoch dadurch auch oft das Gefühl, dass eine Art Booking-Bazar entstanden ist, auf dem mit Artist-Gagen gehandelt wird, ohne dass die Artists wohl oft selbst darüber Bescheid wissen, welche Anfragen sie überhaupt bekommen. Dieser Punkt gefällt mir an der Entwicklung nicht – Geld muss sein, aber es ist schade, wenn das Pokern um die höheren Gagen vor dem Inhalt steht. Einige Clubs haben zu-, einige aufgesperrt und gleichzeitig gibt es mehr Festivalformate denn je. Dadurch entsteht zum einen eine tolle und sehr begrüßenswerte Vielfalt, zum anderen entsteht durch das große Veranstaltungs-Angebot aber auch ein interner Wettbewerb – man hört immer wieder Stimmen im Publikum ‚Wieso sollte ich 12 € Eintritt zahlen, wenn ich eine andere Veranstaltung um 7 € auch haben kann‘. Viele der Veranstaltungen kann man nicht miteinander vergleichen und dennoch sprechen sie oft dasselbe Publikum an. Natürlich muss man als Veranstalter darauf reagieren. Gerade aus diesem Grund werden in Clubs wohl oft zuerst die Visuals gestrichen, was sehr schade ist. Ich will das aber auch nicht alles schwarz malen. Alles hat ein Für und Wider. Und wer hat gesagt, ein Business zu betreiben, sei leicht? Ich hoffe sehr, dass die kleinen feinen Clubs überleben und es weiterhin Underground-Formate gibt, die Neues möglich machen. Und ich hoffe, dass sich auch die Visuals in diesem Bereich weiterentwickeln und ihre Spielwiese weiterhin auskosten können.

Danke für das Gespräch und alles Gute für die finale Festivalerleuchtung!

Was an diesem Wochenende sonst noch läuft? Hier geht’s lang…

Freitag

Alles sound:frame: Die zehnte und letzte Runde des Festivals startet in der Künstlerhaus Passage bereits um 17 Uhr mit einem DJ-Set des Kollektives Vihanna. Ab 18:30 Uhr geht es dann weiter mit einer Street Art Performance von Emilone, der Ausstellungseröffnung und einem Mapping am brut von Ferdinand Glück und Bildwerk. Im Anschluss startet das Live Programm im brut. Ein Highlight wird dabei sicher die AV-Performance Continiuum von Paul Jebanasam & Tarik Barri um 23 Uhr. Außerdem freue ich mich wahnsinnig auf die Collab von Swede:art, Jay Scarlett und Esther Adam, die danach ins tanzbare Programm überleitet.
 

Benjamin Damage wird in der Grelle Forelle leider kein Live-, sondern ein DJ-Set abliefern. Trotzdem super und eine Empfehlung wert. Der Mann ist ein guter unter vielen schlechten Produzenten, die den deepen Techno bevorzugen.

 

Collage nennt sich ein neuer Club in der Auslage. Es geht dabei ums Verkleiden – das Motto: Schlüpfe in das Outfit eines Hollywood-Schauspielers. Für die entsprechende Deko und Musik wird gesorgt. An den Plattenspielern und CD-Playern agieren Dennes Deen und Bono Goldbaum. Fasching hat immer Saison!
Im Celeste versucht der estnische Produzent Ruutu Poiss einen Drahtseilakt zwischen vertrackter Elektronika, hatschendem Disco und poppigen Melodien. Mit Sonnenschein zwischen den Synthesizer-Flächen und jeder Menge guter Laune macht das viel Spaß.

Im Opera Club gibt sich der heimische Produzent und Szenebub mit Jet-Set-Erfahrung alias Wolfram die Ehre. Es wird gescheitert. Ganz offiziell.

Das FM4 Tribe Vibes Soundsystem präsentiert ein Native Tongues Special im Café Leopold. Durch den Abend führt der wortgewaltige Bam von den Jungle Brothers, die bekanntlich neben A Tribe Called Quest oder De La Soul zu den Gründungsmitgliedern der einflussreichen Native Tongues Posse zählen. Unter der Leitung der Tribe Vibes Hosts Trishes & DJ Phekt macht man dann eine Zeitreise ins New York der späten 1980er.

Samstag

Ein guter Tag beginnt mit einer neuen Platte: Am Samstag findet wieder der Record Store Day statt. Ein Aktionstag zu Ehren des schwarzen Goldes, der den kleinen und unabhängigen Plattenläden helfen sollte, zu überleben. Ein großartige Idee, die leider von der Discogs-‚Mafia‘ gesprengt wurde. Platten sollte man jeden Tag kaufen, außer am Record Store, sagen die einen. Ich meine: Hingehen, stöbern, und falls etwas Gescheites dabei ist: kaufen! Es müssen ja nicht unbedingt eine am Record Store Day veröffentlichte Platten sein.
Am zweiten Tag des sound:frame-Festivals Samstag gastieren Throwing Shade, die gerade eine Platte auf dem tollen Label Ninja Tune veröffentlicht haben. Der zweite Floor wird von der Pomeranze-Crew gehostet.
In der Grelle Forelle wird Marcel Fengler seine Ostgut-Berghain-Techno-Tracks  servieren.

Sonst so? Beim ‚Wir(r) gegen Goliath‘ wird ein Zeichen gesetzt – und zwar eines gegen Gewalt an Frauen und gegen internationalen Menschenhandel. Die Musik dazu liefert u. a. die Etepetete-Crew.

Auch gut: John Bramwell, Singer/Songwriter und Chef von ‚I Am Kloot‘ macht mit neuem Material Station im Haus der Musik.