Du Oasch

Innenleben #58

Die Begrüßung ist das Einzige, was geblieben ist. Bussi links, Bussi rechts… Ich halte die Luft an, um mich körperlich der Situation zu entziehen. Wenn ich nicht atme, setzt ja vielleicht auch einfach mein Herz in dem Moment kurz aus.

Uff… das ist zach hier. Überschneidungen im Freundeskreis sind echt eine Krux. Da sitz ich plötzlich diesem Menschen von Vollkoffer im Clash gegenüber und statt die Situation elegant mit einem „Du Oasch“- im Nino aus Wien-Style – zu erledigen und wegzugehen, bleibe ich in der Fantasielosigkeit der Realität treudoof sitzen.

MANCHMAL WÄRE ICH ECHT GERNE FLEXIBLER IN MEINEM SEIN.

Ich gehe zur Bar und denke so vor mich hin, wie man es halt so macht, wenn man an der Bar steht und auf sein Bier wartet. Dabei muss ich an den Film THE WOMANIZER denken. Da gibt es diese eine Szene, wo Matthew McConaughey eine Bar betritt und alle seine Verflossenen aufgefädelt an der Bar sitzen und – nonanet – sehr wütend sind. Ich kann mich nicht erinnern, dass ich selbst je so wütend auf ein Ex-Gspusi gewesen wäre. Traurig, enttäuscht und das übliche Geheule… ja, von mir aus, 0815-Herzschmerz ist neben meiner Katze quasi mein Mitbewohner. Ich weiß ja selbst, dass ich durchaus manchmal zur Überdramatisierung neige und jedes Ende schnell mal als irreversiblen Schaden deute. Aber die Sache mit Paul ist anders. Unsere Geschichte ging nicht ins Herz – sondern in die Hose. Mit den Barney Stinsons dieser Welt ist es so eine Sache. Grundsätzlich würde man sich ja NIE auf so jemanden einlassen. Gleichzeitig findet das Ego am Ende des Tages die Vorstellung „die Eine“ sein zu können eigentlich ganz gut. Die Eine, mit der er es ernst meint. Die Eine, die ihn eine Metamorphose durchleben lässt, sodass er sich auf einen Schlag ändert. Aus Liebe und so. Aber vielleicht ist dieser Gedanke ebenso verwerflich, wie es die Motivation von Paul war? Vielleicht haben wir ja beide mit gezinkten Karten gespielt und Paul hat das Spiel halt gewonnen. Eigentlich halb so wild. Aber. Dennoch. Die Geschichte hat mir in den Monaten danach doch ziemlich den Boden unter den Füßen weggezogen. Nicht weil ich verliebt gewesen wäre, sondern weil ich mich noch nie zuvor je so verarscht gefühlt habe. Ein Freund sagte einmal „Wir würden lügen, um euch ins Bett zu kriegen.“ Hm ja eh. Ich dachte halt, meine Intelligenz wäre doch etwas ausgeprägter. Paul hat mich verarscht. Ich habe mich von ihm um den Finger wickeln lassen, na und? Kann selbst dem besten Fuchs passieren. Das braucht doch eigentlich echt keine emotionale Staatsaffäre sein.

Ich darf Paul nicht anschauen. Er schaut mich ja auch nicht an. Er hat mich begrüßt – und das ist wahrscheinlich der einzige Gedanke, den er heute und in den letzten Monaten an mich hatte: „Oh, die Tina, die ist ja auch da.“ Situation erkannt, erledigt.

FÜR IHN HABE ICH DEN STELLENWERT EINER WASCHMASCHINE.

Ich versuche meine Sensibilität auf ein nicht ganz so neurotisches Level runterzuschrauben und etwas mehr Indie-Rock-Coolness an den Tag zu legen. Schaffe ich überraschend gut gerade. Zumindest glaube ich, dass ich dem Gespräch hier inhaltlich folgen kann. Ansatzweise. Daher registriere ich auch, dass Paul nun ins Chelsea weiterschaut. Und die Überreste von etwas, dass nie so wirklich echt war, verblassen einmal mehr im obligatorischen Bussi links, Bussi rechts … von Waschmaschine zu Oasch-Waschmaschine.