Individualität statt Konformismus
Boys Noize im Interview
Skrillex zählt zu seinen besten Hommies, Snoop Dogg chillt gerne mit ihm im Studio und der Klaviervirtuose Chilly Gonzales schwört auf seine elektronischen Beats. Alexander Ridha alias Boys Noize ist bestens im Geschäft, denn auch als Solokünstler beweist er regelmäßig feinstes Gespür für die hohe Kunst der harten Technoschläge. „Mayday″ heißt sein viertes Album, am 17. August eröffnet der Wahlberliner das FM4 Frequency Festival. Interviewalarm!
„Mayday″ heißt dein viertes und aktuelles Studioalbum. An wen richtet sich dieser Notruf?
Interpretationssache! Mit dem Album will ich zur künstlerischen Individualität animieren und den Konformismus in der elektronischen Musikwelt kritisieren. Bereits in meinen ersten Jahren als DJ war es mir immer ein leidenschaftliches Anliegen, unterschiedlichste Spielarten miteinander zu vermischen – House, Disco, Electro, Breakbeat, Techno, Acid und so weiter. Heutzutage klingen sehr viele Produktionen sehr ähnlich, langweilig, vom Mainstream glatt gebügelt. „Mayday″ ist die Gegenthese, aber nicht nur ein Alarmruf, sondern auch eine Einladung, die Tanzfläche zu stürmen. (lacht)
Warum mussten vier Jahre vergehen, bis „Out Of The Black″ einen Nachfolger bekommen hat?
Stimmt, die Zeitlücke zwischen diesen beiden Veröffentlichungen war etwas größer als bisher, was aber nicht bedeutet, dass ich auf der faulen Haut gelegen bin. Ganz im Gegenteil: Mit Chilly Gonzales habe ich das Projekt „Octave Minds″ realisiert, mit Sonny John Moore alias Skrillex bin ich Dog Blood. 2015 ist mein Minialbum „Strictly Raw Vol.1″ erschienen, zuerst nur auf Vinyl, dann auch digital. Nichtsdestotrotz: Bei „Mayday″ habe ich es zum ersten Mal geschafft, mir immer wieder Zeit zu nehmen, um mich ausschließlich auf diese Produktion konzentrieren zu können. Gut Ding braucht eben Weile…
Welche Besonderheiten hat „Mayday″ noch zu bieten?
Ich produziere schon immer mit dem Anspruch, mich nicht zu wiederholen – gerade was Drums und Synthesizer Sounds betrifft. Dieses Mal habe ich zusätzlich darauf geachtet, den klassischen 4/4-Takt zu brechen und verschiedene Tempi zu spielen. Außerdem versuche ein breites Spektrum elektronischer Musik zu bieten, das aus vielen analogen Produktionsmitteln entstanden ist. Besondere Freude bereitet mir das Feature mit der Sängerin von Poliça – Channy Leaneagh leiht dem Song „Starchild″ ihre fantastische Stimme.
Heißer Kandidat auf den Sommerhit 2016! Was befindet sich aktuell in deiner Sommerplattentasche?
Als DJ gehört es zu meinen Aufgaben, Plattenläden zu durchforsten und nach unentdeckten Schätzen oder angesagten Veröffentlichungen zu suchen – zu jeder Jahreszeit, fast täglich, auch wenn es schneit. (lacht) Es fühlt sich gut an, das Publikum mit neuen Sounds zu überraschen und sich dabei von der auflegenden „Konkurrenz″ abzuheben. Seit ein, zwei Jahren gibt es eine erfrischende Welle an Industrial, Indie Techno und IDM, mit vielen Reminiszenzen an die gute alte Zeit vor der Jahrtausendwende. Auch der House von heute klingt teilweise noch besser bzw. organischer als damals in den 80er- oder 90er-Jahren. So macht Auflegen richtig Spaß!
Und was war das Beste, was du in Sachen Techno live je gesehen hast?
Unbedingt auf YouTube „Daft Punk 1996 in Wisconsin″ eingeben! Guy-Manuel de Homem-Christo und Thomas Bangalter haben damals ihre Show in den Vereinigten Staaten gespielt – ohne Helme oder sonstigen Schnickschnack. Nur purer, brachialer Techno! Schade, dass ich da nicht live dabei gewesen bin…
Dafür eröffnet Boys Noize am 17. August das FM4 Frequency Festival. Was gibt es deiner Meinung nach nur in Österreich?
Leckere Nachspeisen! Weil Kaiserschmarrn geht immer.
Krönender Interviewabschluss und Name einer deiner neuen Albumsongs: Wann warst du das letzte Mal „Hardkotzen″?
Privat bin ich kein großer Clubgänger, aber wenn ich mit meinen Jungs von einer Bar zur nächsten ziehe, kann das mit dem „Hardkotzen″ schon passieren. (lacht)