So, 15. Jan 2017
Alles Kacke außer Pizza

Alles Kacke außer Pizza

Antilopen Gang im Interview

Trommelwirbel und Fanfaren: Die Antilopen Gang ruft wieder den Ausnahmezustand aus! Getarnt als trojanisches Pferd nehmen Danger Dan, Koljah und Panik Panzer mit ihrer neuen Wunderwaffe „Anarchie und Alltag“ Gott und die Welt auseinander: einen Gott, der nicht existiert und eine Welt, die falsch eingerichtet ist. Doch sie glauben fest daran, dass uns die heilige, dampfende Scheibe retten kann. VOLUME hat mit der Gang eine Pizza bestellt – mit extra Käse.

Wie viel Anarchie braucht das Jahr 2017 nach diesem turbulenten 2016?

Koljah: Anarchie ist eine Form radikaler Demokratie, in der es keine übergeordneten Instanzen gibt, die als Regelwerk das gesellschaftliche Leben ordnen. In der gegenwärtigen Situation hätte ich davor ein bisschen Schiss. Anarchie ist zwar eine schöne Vorstellung, aber sie setzt auch voraus, dass sich die Verhältnisse ändern. Wenn sich die Verhältnisse ändern, ändern sich auch die Menschen – das ist etwas sehr Utopisches. Ich bin ganz froh, dass es diese Vermittlungsinstanzen gibt, die teilweise Schlimmeres verhindern. Wenn sich so ein Volksmob zusammenrottet, dann kommen oft sehr ungute Sachen raus … was man auch im letzten Jahr beobachten konnte.
Panik Panzer: Anarchie muss oft für vieles herhalten, was sie nicht ist. Meistens wird das Wort metaphorisch für das Chaos oder für den Aufstand verwendet. Es ist natürlich wünschenswert, dass es irgendeine Form von Widerstand gegen rechtspopulistische Bestrebungen gibt. Ich finde es gut, dass es Leute gibt, die sich dagegen aussprechen oder irgendetwas dagegen tun – was auch immer man dagegen tun kann.
Danger Dan: An der Stelle: liebe Grüße an Jean, den Tortenclown. Der ist auch Anarchist. Ich mag ihn sehr gern!

Als studentische Rapband getarnt habt auch ihr eine Revolution in Deutschland geplant – was muss sich denn ändern? 

Panik Panzer: Ich möchte mich erst mal von dem Begriff „studentische Rapband“ distanzieren. Weder sehe ich unseren Rap noch unser Publikum als allzu studentisch. Direkt danach möchte ich mich von der Revolution distanzieren und möchte mich hiermit für die Resignation und ein allgemeines Aushalten aussprechen.
Koljah: Wir werden Deutschland durch einen riesengroßen Baggersee ersetzen, der als Erholungsgebiet dienen kann. Keine Revolution, sondern eine Modifikation des Landstrichs – die würde ich Deutschland wünschen.

(c) Robert Eikelpoth

Wird der Baggersee auch einen Badestrand und eine Minigolfanlage haben?

Danger Dan: Natürlich, das ist alles vorgesehen – Badestrände, Minigolfanlagen und vieles mehr. Auf der polnischen Seite wollen wir möglichst viele Bänke aufstellen, damit man sich den Sonnenuntergang angucken kann. Auf der französischen Seite natürlich auch, damit man sich den Sonnenaufgang anschauen kann. Außerdem wird es viel Eis geben. An schönen Stränden, für die wir extra Sand aufschütten werden, sind auch verschiedene Zonen vorgesehen: FKK-Zonen und Zonen für Angezogene. Ich persönlich werde oft in der FKK-Zone anzutreffen sein. Koljah hingegen möchte das nicht.
Koljah: Ich werde eher im Burkini mein Ding machen.
Danger Dan: Panik Panzer wird irgendwo dazwischen sein.
Panik Panzer: Ich werde bei den Wasserrutschen anzutreffen sein. Das Schöne an unserem Konzept ist, dass wir sehr viele Wasserrutschen aufstellen werden. Wenn man als Kind in einem Spaßbad war, musste man immer ewig an den coolen Rutschen anstehen. Das wird in unserem Baggersee-Paradies nicht passieren, denn es wird genug Rutschen geben, sodass man nie an einer Schlange stehen muss.

Pizza wird es in eurem Baggersee-Paradies bestimmt auch geben. Wenn ihr gemeinsam eine Pizza bestellt und nur 5 Zutaten wählen dürft, welche wären das?

Panik Panzer: Das wird eine sehr lange Diskussion, die unter Umständen auch in Streit ausartet und mit Ausstiegsdrohungen endet – das kann ich an dieser Stelle schon mal sagen.
Koljah: Sardellen!
Danger Dan & Panik Panzer: Veto!
Koljah: Dann bestellen wir eben gar keine Pizza!
Panik Panzer: Ich würde auch sagen, wir hungern lieber, anstatt uns auf 5 Zutaten zu einigen. Wobei – kleiner Versuch: Spinat?
Koljah: Wenn wir Feta dazu tun.
Danger Dan: Oliven?
Panik Panzer: Das passt nicht so gut, aber ok.
Koljah: Die Oliven auf der Pizza sind aber immer scheiße.
Panik Panzer: Pepperoni!
Danger Dan: Das ist übrigens aus typisch für diese Band. Wenn ich irgendeinen Vorschlag mache, dann heißt es immer: Das ist zwar irgendwie scheiße, aber ok.
Panik Panzer: Können wir nicht Quattro Stagioni nehmen? Und als Topping machen wir extra Käse drauf!
Koljah: Schwierig. Ich würde mich mal drauf einlassen, aber ich muss ja auch nicht mitessen.
Danger Dan: Konsens durch Hunger!
Panik Panzer: Ich steige aus der Band aus!

Reden wir lieber über Alf. Für wen steht er symbolisch?

Koljah: Alf ist eine viel facettenreichere Figur, als man auf den ersten Blick vielleicht denken würde. Er ist ein Flüchtling, der seinen Heimatplaneten verlassen musste, weil der explodiert ist. Alf muss sich gewissermaßen auf der Erde als Illegaler verstecken. Außerdem leidet Alf wahrscheinlich unter Depressionen. Er macht ja ständig Witze – das ist ein Ausdruck seiner Depressionen. Viele Humoristen sind auch schwer depressive Leute. So gesehen steht Alf für verschiedene Phänomene, aber der Flüchtlingsvergleich ist natürlich recht naheliegend. Wir konnten sehr viel mit dieser Idee der Fremdheitserfahrung anfangen. Dieses Reingeworfenwerden in eine Situation, die man so nicht wollte und auch nicht kennt, sich aber damit arrangieren muss. Man versucht damit umzugehen, indem man vielleicht auch möglichst viele Witze macht. Das hat ja auch ein bisschen was von der Antilopen Gang.

Wie steht ihr in diesem Zusammenhang der immer noch anhaltenden Diskussion rund um eine Flüchtlingsobergrenze in Deutschland gegenüber?

Danger Dan: Eine Obergrenze hat eigentlich nichts mehr mit Asyl zu tun. Fair und schlau ist es, sich die Einzelfälle anzuschauen und so zu entscheiden, wen man aufnimmt, anstatt zu sagen, wir haben nur die und die Kapazität. Ich vermute, dass die Kapazität auch viel größer sein könnte, wenn man den Fokus verlagert. Es war in den letzten Jahren sehr oft möglich Banken zu retten und in wenigen Tagen viele Millionen Euro aufzutreiben. Wenn es darum geht, dass Leute mit dem Tode bedroht sind, finde ich den Anlass, Geld lockerzumachen, um einiges wichtiger. Von daher halte ich diese ganze Idee rund um Obergrenzen für eine ziemlich verkürzte Sichtweise. Ich glaube, das ist alles noch ein bisschen komplexer, als sich einfach eine Zahl auszudenken.
Koljah: Es ist definitiv die falsche Diskussion. Man sollte sich fragen: Warum gibt es Flüchtlinge? Wie kann man an der Situation in der Welt arbeiten, dass Leute gar nicht mehr flüchten müssen? Und wenn viele Leute flüchten, müssen Strukturen da sein, um sie in die Gesellschaft zu integrieren, damit sie auch ein gutes Leben führen können. Das sind die viel naheliegenderen Fragen.

(c) Robert Eikelpoth

Gestern war nicht besser, aber wieso ist heute nicht schlechter?

Danger Dan: Alles gleich Kacke!
Koljah: Es ist Quatsch, die Vergangenheit immer so zu romantisieren. Man blendet oft die negativen Dinge aus. Ob etwas gut oder schlecht ist, hat nicht so viel damit zu tun, wann es stattfindet, sondern eher damit, was da stattfindet.

Wie schwierig wars, die deutsche Punk-Elite für die Bonus-CD zu gewinnen?

Koljah: Das war total abgefahren! Alle waren sofort dabei. Wir waren selbst total überrascht, wie easy das war. Vor allem, weil wir etwas nicht Alltägliches von denen wollten. Die sollten ja unsere Songs singen, aber das war für alle überhaupt kein Problem. Das hätte ich mir ein bisschen schwieriger vorgestellt.

Nette Punker! Wieso wird Bela B. von Soilent Grün angekündigt?

Panik Panzer: Das ist ganz billiges Understatement. Wir haben versucht, das große Name-Dropping zu umgehen. Wir wollten nicht sagen: Schaut her, wir haben hier den von Die toten Hosen und hier den von Die Ärzte. Wir haben deshalb einfach andere Bands von denen genommen.
Danger Dan: Aber wir können es ja jetzt noch mal sagen: Es ist Bela B. von Die toten Hosen.

(c) Robert Eikelpoth

Ihr spielt am 28. Februar in Salzburg und am 1. März in Wien. Worauf dürfen wir uns freuen?

Panik Panzer: Wir haben einiges geändert: Es wird keine klassische Bühne mehr geben, sondern wir verteilen uns in den Räumen. Koljah wird nicht mehr rappen, weil er keine Lust mehr hat. Er steht einfach an einem Ort in einem Raum.
Koljah: In so einer Art Mausoleum.
Panik Panzer: Genau, in einem Mausoleum. Wir lassen die Beats weg, Danger Dan spielt Gitarre und ich spiele nackt.

Das habt ihr euch speziell für eure Österreich-Shows ausgedacht, nicht wahr?

Koljah: Natürlich, das machen wir nur in Österreich!
Panik Panzer: In Deutschland haben wir keine Genehmigung bekommen. Das Ganze wird eher so eine Art Kunstperformance.
Danger Dan: Es wird ein paar okkulte Rituale geben. Sollten unter unseren österreichischen Fans Tierschützer sein, sind sie bei unseren Konzerten diesmal leider komplett falsch. Aber nach der Schächtung kann jeder etwas mit nach Hause nehmen. 
Koljah:
Nehmt Bratpfannen mit. Wobei – wir haben eigentlich genug Bratpfannen. Nehmt lieber Pfannenwender mit.
Panik Panzer: Nein, aber jetzt mal ernsthaft. Nachdem Kanye West sich eine fliegende Bühne gebaut hat, auf der er über dem Publikum schwebt, dachten wir, wir drehen den Spieß um und das Publikum wird auf einer fliegenden Plattform über uns stehen. Wir werden unten sein und es ist durchaus erwünscht, uns zu bepinkeln, zu bespucken oder uns in jedweder Form zu erniedrigen.
Koljah: Ich werde auch ohne Mütze spielen, um durch meinen kreisrunden Haarausfall zur allgemeinen Belustigung beizutragen.
Danger Dan: Es wird auch ein Katapult geben. Was es damit auf sich hat, erfahrt ihr in Salzburg und Wien.

Wir können es kaum mehr erwarten!