Stranger Things
Olympique im Interview
Olympique agieren nun als Duo, büßen dadurch aber weder die klerikale Feierlichkeit noch die brachiale Bedrohlichkeit ihres Sounds ein. Ganz im Gegenteil! Bestes Beispiel: ihr aktueller Langspieler ‚Chron‘. Darauf versammeln Fabian Woschnagg und Nino Ebner Momentaufnahmen, die dem Zuhörenden einen subjektiven und chronologisch unabhängigen Interpretationsspielraum bieten. Zeitgemäß wie zeitlos. Wir haben mit dem Salzburger Duo über die Bedeutung einer Reise, die Zwänge des Kommerzes und die Epochen der Rockmusik nachgedacht.
Mit ‚Crystal Palace‘ habt ihr ein starkes Debüt vorgelegt. Viele Bands empfinden gerade dann das zweite Album als besonders schwierig. Wie groß war der Druck beim Nachfolger?
‚Crystal Palace‘ war das Produkt einer jahrelangen Entwicklung als Band. Der Zuspruch, den wir dafür erhalten haben und für den wir sehr dankbar sind, hat uns in erster Linie Motivation und Legitimation dafür gegeben, weiterhin mit Herz und Seele Musik zu machen.
Unser Redakteur hat ‚Chron‘ in seiner Rezension als ‚Stranger Things der österreichischen Musik‘ bezeichnet. Was haltet ihr von diesem kreativen Vergleich?
Ja, manchmal fühlen wir uns wie Eleven.
Was bedeutet ‚Chron‘ eigentlich? Chronicles? Chronisch? Chronologisch?
Wir leben in einer Zeit der Reizüberflutung und des digitalen Zerfalls, weil zu viele Dinge nicht nachhaltig konzipiert werden. ‚Chron‘ symbolisiert eine gewisse Zeitlosigkeit, die wir mit diesem Album vermitteln wollen. Jeder einzelne Song ist eine Momentaufnahme, die dem Zuhörenden einen subjektiven und chronologisch unabhängigen Interpretationsspielraum bieten soll.
Ihr seid nun ein Duo. Wie hat sich die Dynamik innerhalb der Band dadurch verändert?
Als Duo ist es leichter, sich aufeinander einzulassen und die Dinge gemeinsam als Kollektiv anzugehen.
Ihr habt euch bereits 2016 für eine längere Auszeit zurückgezogen, um am Album zu arbeiten. Seid ihr Perfektionisten? Bzw. wie lange tüftelt ihr an einem Song, bis ihr das Gefühl habt, er ist fertig?
Die ersten Songideen passieren meistens sehr spontan. Danach beginnt die Arbeit an den Facetten und Details eines Songs. Manche Songs brauchen Zeit, um sich zu entwickeln und ihr volles Potential zu entfalten. Nur wenn man diese Gewissheit hat, kann man mit dem Endergebnis, das für die Ewigkeit auf Platte festgehalten wird, dauerhaft zufrieden sein.
‚Chron‘ ist sehr abwechslungsreich. Es ist sehr schwer eine allumfassende Kategorie zu finden. Absicht?
Die meisten Genres sind festgefahrene Kategorien, in denen bereits so gut wie alles gesagt wurde. Nur wenn man außerhalb dieser Kategorien denkt, kann man etwas Neues schaffen.
Dafür bedient ihr euch verschiedenster Epochen der Rockmusik. Gibt’s eine Epoche, die ihr persönlich favorisiert?
Jede Epoche hat seinen eigenen Charme, aber nicht nur in der Rockmusik. Der Kontext, die verschiedenen Bilder und Emotionen, die man mit der Musik verbindet, sind genauso von Bedeutung.
Was bedeutet Freiheit für euch – in künstlerischer wie persönlicher Hinsicht?
Die künstlerische Freiheit ist ein Ausdruck der persönlichen Freiheit, diese überhaupt ausleben zu dürfen. Persönliche Freiheit ist, die Chance zu haben, frei von Zwängen und Abhängigkeiten zu leben. Die absolute Freiheit darf es aber nicht geben, wenn die Freiheit des Einen die Freiheit des Anderen gefährdet. Damit es eine Balance geben kann, muss der Freiheitsbegriff immer für das Kollektiv definiert werden („All I want is freedom for myself and the loved ones on my mind“).
‚Break the barrier …‘ – Welche Barrieren müssen in der österreichischen Musikszene noch gebrochen werden?
Musik ist immer noch sehr stark jenen vorbehalten, die ausreichend gefördert werden, kulturelle Bildung erfahren und es sich leisten können. Es bräuchte daher vielleicht (mehr) kostenlose Probemöglichkeiten und Kulturpässe, um das musikalische Potential und den kulturell-gesellschaftlichen Austausch zu fördern. Und wir müssen endlich weg von den Zwängen des Kommerzes.
‚Erst mit der Zeit erschließt sich die wahre Bedeutung einer Reise.‘ (Facebook, Info) – hat sich euch die Bedeutung eurer Reise ansatzweise schon erschlossen?
Zu einem gewissen Teil ja, weil die unterschiedlichen Erfahrungen, egal ob das schöne Momente oder schwierige Phasen sind, immer die persönliche Entwicklung fördern. Der Blick auf die Dinge wird sich aber immer wieder etwas ändern, je mehr Kontext es zu reflektieren gibt.
Zum Schluss: Will it be alright?
Die Hoffnung stirbt zuletzt, aber solange unser Denken nicht über Staatsgrenzen hinaus reicht, wird es schwierig. Wir brauchen wieder eine Vision für alle Menschen auf diesem Planeten, und keine globalisierte Welt, in der sich jeder mit jedem in ständiger Konkurrenz befindet.
Word! Danke!