Do, 16. Nov 2017

Das verflixt-gute siebte Jahr

New Hot Music Shit #66

‚Ich habe für meine ganze WG 3-Tages-Pässe gekauft, denn das Waves ist eh immer super!‘ Mit diesem Besucherzitat als Beispiel für die vielen positiven Stimmen über das Waves Vienna 2017 wird schnell klar: Das Showcasefestival ist auch im (angeblich) verflixten siebten Jahr immer noch der musikalische Hotspot Österreichs in Sachen neuer Musik. Auf 13 Bühnen gab es über 100 nationale wie internationale Künstler aus den verschiedensten Genres zu entdecken. Wir waren natürlich vor Ort und haben euch unsere Highlights mitgebracht!

TENTS

Düsterer Post-Punk

Im WUK Beisl haben die Bands zwar nicht mehr Platz als notwendig und auch die Lichtausstattung ist nicht vergleichbar mit den größeren Bühnen, aber gerade das verleiht dem Beisl sein cooles Flair und macht es zu einer besonders ansprechenden Venue. Vor allem Tents aus Wien passten ganz hervorragend dorthin. Die Post-Punker beherrschen ihren Sound virtuos: Die einfach klingenden, aber raffinierten Arrangements machen genau, was sie sollen. Stimmlich kreist Sänger Clemens um minimale Textcollagen, um sich, anstatt eine narrative Funktion zu erfüllen, Konzept und Form unterzuordnen. Die teilweise repetitiven Muster gehen ins Ohr und werden vom interessanten Sound der drei Instrumentalisten – zwischen Melancholie der Jahrmarktsorgel, Verlorenheit des Reverb, emotionaler Macht der Wiederholung – abgerundet. Melancholisch, spannend, düster, aber nie völlig hoffnungslos. Kein Wunder also, dass das Trio von einer treuen Fanbase gespannt erwartet wurde…und das Warten hat sich gelohnt.

Für Fans von: Mile Me Deaf, Catastrophe & Cure
Link: tentsvie.bandcamp.com
Aktueller Release: ‚Under My Wings‘

LEA SANTEE

Eingängiger Elektro-Pop

Lea Stöger und Manuel Hosp kommen ursprünglich aus dem Indie-Rock, perfektionieren ihren Elektro-Pop aber seit 2015 stetig weiter. Ihre erste EP ‚Venice I‘ haben sie in Los Angeles aufgenommen – und das hört man: Das Tiroler-Duo vereint gekonnt Pop und R’n’B mit Elektronik und liefert mit seinen warmen Songs den perfekten Soundtrack, um in den kommenden kalten Monaten in sonnigsommerlichen Erinnerungen zu schwelgen. Auch am Waves Vienna überzeugten Lea Santee mit ihrem lässigen Sound, der an den richtigen Stellen Druck macht und sowohl Tanzbein als auch Herz erfreut. Unterstützt von einem Drummer, der sein Handwerk außerordentlich gut versteht, groovten sich die Sängerin und der Produzent auf der Skip Stage durch ein starkes Set von unverschämt eingängigen wie hypnotisierenden Nummern, die in ihrer Tanzbarkeit dennoch in die Tiefe gehen. In diese Kategorie fällt klarerweise auch ihre Single ‚Rollin‘, deren Video es auf die Shortlist der UK Music Video Awards geschafft hat. Zu Recht!
Für Fans von: Frank Ocean, Ghosts
Link: leasantee.com  
Aktueller Release: ‚Venice I‘

CRUSH

Verträumter Retro-Pop

Crush zeigten bereits mit ihrer 3-Song- EP ‚No Easy Way‘, dass in diesem Jahr mit ihnen zu rechnen ist. Ihre Songs entfalten sich zu FM4-tauglichen Dreampop-Perlen mit zuckersüßen Melodien, schallenden Reverbgitarren und hellen Synthies. Live klingt die Grazer Band eine Ecke kantiger als auf Tape, was das Quintett zur vielleicht härtesten Dreampop-Band der Welt macht. Doch Hand aufs Herz, spätestens wenn Frontfrau Tina in himmlischer Zweistimmigkeit mit ihrer Bandkollegin Katrin harmoniert, geht dem geneigten Hörer ebenjenes auf – so geschehen im WUK Foyer. Beim Merch-Stand gab es außerdem ein Zine zu erwerben, das die Band in Eigenregie herausgebracht hat. Vorab baten sie um Einsendungen zum Thema Sexismus in der Musikszene und gaben auch selbst starke Statements ab: Let’s make a scene! Die ProtagonistInnen dieses ausdruckstarken Schauspiels dürften übrigens schon von Bands wie The Liberation Service, Maneki Nekoč, Strafplanet oder Catholic Guilt bekannt sein.

Für Fans von: Alvays, Fleetwood Mac
Link: crushcrushcrush.bandcamp.com
Aktueller Release: ‚No Easy Way‘

BELAU

Preisgekrönte Elektronik

Das Duo Belau versprüht mit seiner Musik hemmungslos optimistische Sommergefühle. Warum kommen plötzlich Erinnerungen an den letzten Urlaub am Meer hoch? (Anspieltipps: ‚Island Of Promise‘, ‚Down By The Sea‘, ‚Open Water‘ – you get the idea!) Am Waves Vienna nahmen sie ihr Publikum mit auf eine Reise durch die Mittelmeerregion und sorgten mit ihren fantasievollen, elektronischen Beats für Fernweh. Während sie bei uns noch zum heißesten neuen Scheiß zählen, machen Péter Kedves und Krisztián Buzás in ihrer Heimat Ungarn bereits seit 2015 von sich reden und durften sich über die Verleihung des Fonogram-Awards (a.k.a. Ungarischer Grammy) für ihr Debüt ‚The Odyssee‘ freuen. Ein neues Albumprojekt steht bereits in den Startlöchern und gibt Einblick in das langangelegte Konzept der Band: Die nächsten Platten sollen den Vibe einer jeweils anderen Region irgendwo auf der Welt einfangen. Möglicherweise bleiben Belau aber auch nah am Wasser, denn das funktioniert!
Für Fans von: Mius, Moneyneck
Link: belaumusic.com
Aktueller Release:
‚The Odyssee